Inschriftenkatalog: Stadt Lemgo

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 59: Lemgo (2004)

Nr. 144 Städtisches Museum 2. H. 16. Jh.

Beschreibung

Sieben Brüstungsbretter.1) Tafelgemälde, Öl auf Holz, die Farben stark abgerieben und stellenweise aufgelöst, Konturen und Details der Darstellungen sind aber noch erkennbar. Auf den Rückseiten Reste einer weißen Fassung. Die Bretter weisen Risse, Löcher und Ausbrüche an den Rändern auf. Die hochrechteckigen Tafeln zeigen vor grünem, schwarz umrandetem Hintergrund jeweils ein Vollwappen. Zwei Putten sitzen als Schildhalter seitlich im unteren Rankenwerk auf einer querrechteckigen Rollwerktafel mit Wappenbeischrift (A, C, E, F, I, K, L), zwei weitere Putten in den beiden oberen Ecken. Die Rückseiten der Wappentafeln tragen Reste zeilenweise angebrachter Bibelzitate (B, J, M), darunter ein Gebet (B) und eine Verheißung (M). In zwei Fällen (D, G) sind die Texte nicht mehr entzifferbar. Auf der Rückseite der Wappentafel Hessen außerdem ein Name als eingeritztes Graffito (H).

Maße: H. 107–108,5 cm; B. 42,8–54,5 cm; Bu. 2,0–2,5 cm (A, C, E, F, I, K, L), 3,0–3,5 cm (B, D, G, J, M).

Schriftart(en): Kapitalis (A, C, E, F, G, H, I, K, L), Fraktur (B, D), Fraktur mit Kapitalis (J, M).

AWK NRW, Arbeitsstelle Inschriften [1/14]

  1. A

    ZOLLER[N]a)

  2. B

    [ – – – ] gern / [ – – – ] hause des hern / [...]ben moge mein leben la[....] / Schawen die [........] go [...]/ dinste des herren und sei[...] / Tempel zu besuche(n) 2)

  3. C

    WALDECK

  4. D

    [ – – – ] / [ – – – ]ich [....] / [ – – – ] / [.....]mer[ – – – ] /[...]e[ – – – ] / [.............]ft sie [...] / [ – – – ]

  5. E

    FRANCKRICK

  6. F

    HESSEN

  7. G

    IOHAN 5 V[..] / [ – – – ]

  8. H

    HERMBRA[V]

  9. I

    SOLM[S]

  10. J

    [ – – – ]ey[.] MARIA [..] / [da]s beste [t]eil erwelt / [ – – – ] von ihr / genommen werden3)

  11. K

    M[....]ENBORCH

  12. L

    WALDECK

  13. M

    IOHAN · V[II]I · V 47 / Wer [...] godt [....]er ho[..] / [.]o[...] word[..] / [.]arl[.]h warlich ich [..]ge / [......]o Jemandt [....] / wordt wirt halten der w[..]t/ den todt nicht sehen / Ewiglich 4)

Wappen:
Zollern5), Waldeck6), Frankreich7), Hessen8), Solms9), Mecklenburg10)

Kommentar

Das Graffito H stammt von Hermann Brautlacht, der sich auch auf einer anderen Brüstungstafel verewigt hat (vgl. Nr. 145). Die identischen Ausmaße der Brüstungstafeln mit den Apostel- und Reformatorenbildnissen und den Wappentafeln lassen die Annahme zu, daß beide in demselben Zusammenhang angebracht waren. Da für die Tafeln Nr. 145 eine Provenienz aus der Marienkirche angenommen wird, könnten auch die Wappentafeln aus dieser Kirche stammen. Welches Programm die Wappen Zollern, Waldeck, Frankreich, Hessen, Solms und Mecklenburg repräsentieren, bleibt unklar, zumal weitere dazugehörige Wappentafeln verloren gegangen sein können. Es dürfte sich um Ahnenproben handeln, zumal die Wappen Waldeck, Solms und Hessen Ahnenwappen der Katharina von Waldeck, der Gemahlin Bernhards VIII. zur Lippe, sind.11) Das zweite Waldecker Wappen könnte zu den Ahnenwappen von Bernhard VIII. gehören.

Textkritischer Apparat

  1. Retrogrades Z.

Anmerkungen

  1. Inv.Nr. 81/2030–2036 (Magazin).
  2. Ps 27,4. Sinngemäß zu ergänzen zu: Eins Herr hätte ich gerne: daß ich im Hause des Herrn bleiben möge mein Leben lang, zu schauen die schönen Gottesdienste des Herrn und seinen Tempel zu betrachten.
  3. Lk 10,42: Maria hat das gute Teil erwählet, das soll nicht von ihr genommen werden. In der Inschrift heißt es allerdings, anders als bei Luther, d[as] beste [t]eil, entsprechend der Vulgata-Fassung (optimam partem). Hier könnte also eine andere Vorlage als die Luther-Bibel verwendet worden sein.
  4. Jh 8,47 u. 51. Sinngemäß zu ergänzen zu: Wer von Gott ist, der hört Gottes Worte. Wahrlich, wahrlich ich sage euch: So jemand mein Wort wird halten, der wird den Tod nicht sehen ewiglich.
  5. Wappen Zollern (quadriert), vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 1, Abt. 1, Teil 3, S. 102 u. Tafel 110.
  6. Wappen Waldeck vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 1, Abt. 3, Teil 2, S. 72 u. Tafel 119.
  7. Wappen Frankreich (drei Lilien, 2:1).
  8. Wappen Hessen (quadriert und mit Herzschild belegt, 1. u. 4. zwei Leoparden übereinander (Diez), 2. u. 3. geteilt, oben ein achtstrahliger Stern (Ziegenhain?), im Herzschild steigender bekrönter Löwe). Die Gestaltung des Wappens auf der Tafel weicht deutlich von dem üblichen Wappen der Landgrafschaft Hessen ab, das hier vermutlich gemeint ist (korrekt wäre: 1. hersehender bekrönter Löwe, 2. geteilt, oben ein sechsstrahliger Stern, 3. geteilt, oben zwei sechsstrahlige Sterne, 4. zwei Leoparden übereinander, im Herzschild gestreifter steigender bekrönter Löwe). Zum hessischen Wappen vgl. Viktor Würth, Das Großherzoglich Hessische Wappen in seiner geschichtlichen Entwicklung, Darmstadt 1917.
  9. Wappen Solms vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 1, Abt. 3, Teil 1, S. 58 u. Tafel 126.
  10. Wappen Mecklenburg (geteilt, eigentlich auf Schwerin bezogener Herzschild des Wappens der Herzöge von Mecklenburg), vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 1, Abt. 1, Teil 2, S. 103f. u. Tafel 106.
  11. Sie sind zusammen mit weiteren Wappen am Detmolder Schloß angebracht. Vgl. Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen, Bd. 48,I: Stadt Detmold, bearb. v. Otto Gaul, Münster 1968, S. 153.

Zitierhinweis:
DI 59, Lemgo, Nr. 144 (Hans Fuhrmann, Kristine Weber, Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di059d006k0014407.