Inschriftenkatalog: Passau I (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

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DI 80: Passau I (2011)

Nr. 185 Denkhof, Gde. Büchlberg, Expositurk. St. Laurentius 16.–18. Jh.

Beschreibung

Steintafel oder -quader. Auf der Rückseite des Hochaltares, im Stipes eingemauert. Laut Mader schloss der Stein das Sepulchrum des alten Hochaltares auf der Vorderseite der Mensa1). Vertiefte fünfzeilige Inschrift, mit schwarzer Farbe ausgemalt. Granit. Buchstaben in der ersten Zeile teils verputzt, Inschrift mutmaßlich restauriert.

Maße: H. 19 cm, B. 21,5 cm, Bu. 3 cm (gemessen H).

Schriftart(en): Kapitalis.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. + Za) +b) [D P]c) A +b) B / +d) Ze) + S A B +b) / Ze) H G Pf) +b) B Pf) / R S + + + + + + / + + +

Kommentar

Bei der Schrift handelt es sich um eine – wohl auf Grund des harten Materiales Granit – grob gearbeitete Kapitalis. Die Buchstabenformen wirken ungenau bzw. unklassisch: so ähnelt G in der dritten Zeile eher einer 6, der Bogen des darauf folgenden P weist mehr die Form einer Schlaufe auf. Z-Formen wirken eher wie tironisches et oder ähnliche Zeichen. Eine derartige, möglicherweise von einem Laien ausgeführte Kapitalis kann zu unterschiedlichen Zeiten geschaffen worden sein und macht eine genauere Datierung äußerst schwierig1). Das A mit oben zusammenlaufenden Schrägschäften, die geschwungene R-Cauda und auch das H mit den Serifen deuten eher in die Neuzeit.

Betrachtet man die Deutung der Inschrift, so spricht auch diese für eine zeitliche Ansetzung in der (frühen) Neuzeit. Bei der Buchstabenfolge handelt es sich ursprünglich um den sogenannten Zachariassegen. Dieser Segen besteht aus Kreuzen und Anfangsbuchstaben:

+ Z + DIA + BIZ + SAB + ZHGF + BFRS

Die Buchstaben ergeben jeweils einen lateinischen Spruch, meist Bibelzitate; die Kreuze stehen für Sprüche, die mit Crux Christi beginnen. Der Spruch soll auf einen Jerusalemer Patriarchen zurückgehen, was allerdings angezweifelt wird. Im Westen taucht dieser Segen offenbar zum ersten Mal beim Konzil von Trient 1546 auf, wo er zunächst von einem Geistlichen propagiert wird. Im 17. Jahrhundert hingegen ist der Zachariassegen umstritten und wird von Gegnern als abergläubisch verurteilt. Tatsächlich errang der Segen im Volk eine magische Bedeutung als eine Art Zauberspruch zur Abwehr von Pest, Hexerei und Unwetter2).

Die Buchstabenformen sowie der Segen selbst weisen daher eindeutig in die (frühe) Neuzeit. Was der Zachariassegen, der teils ja offenbar als heidnisch angesehen wurde, an einem Altarstipes zu suchen hat, ist unklar. Vielleicht wurde die Inschrift dort zweitverwendet. Die Theorie Maders, die Buchstaben würden auf ein Konsekrationsgebet hinweisen und die Inschrift stamme aus dem 11. oder 12. Jahrhundert, lässt sich dadurch in jedem Fall revidieren3).

Interessant ist, dass es im Landkreis Passau eine weitere Inschrift mit dem Zachariassegen gibt: an dem Haus Nr. 8 beim ehemaligen Schloss in Kading (Gde. Windorf) befindet sich über dem Eingang eine Zeile mit der Buchstabenfolge des Zachariassegens, die ebenfalls nicht genauer zu datieren ist, möglicherweise aber erst aus dem 18. Jahrhundert stammt4).

Textkritischer Apparat

  1. Buchstabe ähnlich einem spiegelverkehrten S.
  2. Kreuz in Form eines T.
  3. Ergänzt nach Nachzeichnung Mader, Kdm Passau; P mit Balken durch den Schaft. Zu ergänzen wäre ursprünglich I.
  4. Auf dem Kopf stehendes lateinisches Kreuz, ursprünglich wohl für I.
  5. Z mit geschwungenem oberen Balken und häkchenförmig auslaufendem unteren Balken.
  6. Möglicherweise fälschlich für F.

Anmerkungen

  1. Gerade diese beinahe archaisch wirkenden Buchstabenformen gaben wahrscheinlich Mader den Anlass, die Inschrift ins 12. oder sogar noch ins 11. Jahrhundert zu datieren, vgl. Kdm Passau 26.
  2. Für genauere Angaben vgl. Hoffmann-Krayer, Zachariassegen passim.
  3. Kdm Passau 25f.
  4. Diese Inschrift ist bei Erhard, Topographie 1,3 33f. erwähnt. Erhard erhielt als Information von den Einwohnern des Hauses, dass es sich bei der Buchstabenfolge um einen alten Segens- oder Zauberspruch gegen die Pest handeln soll.

Nachweise

  1. Kdm Passau 25f.

Zitierhinweis:
DI 80, Passau I, Nr. 185 (Ramona Epp), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di080m014k0018502.