Inschriftenkatalog: Passau I (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 80: Passau I (2011)

Nr. 184 Obernzell, ehem. fürstbischöfliches Schloss 16. / 17. Jh.

Beschreibung

Grabplatte für einen Georg Has… Im Hof, östlich des Schlosses, im Vorsprung der Ringmauer am Boden. Zu Zeiten Röttgers befand sich die Platte am Boden der nördlichen Portalvorhalle der heutigen Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt1). Im oberen Teil der Platte Inschrift, im unteren Teil Relief mit Wappenschild in Vierpass, die Pässe spitz zulaufend. Rotmarmor. Die Platte ist diagonal gebrochen und stark abgetreten, die linke obere Ecke fehlt; die Schrift dünn mit Farbe nachgezogen.

Maße: H. ca. 154 cm, B. 65,5 cm, Bu. 4,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/2]

  1. [AL]ḤIE · LIGT · PEGRAB/[ENa) DE]R EHRNGEAC̣HT VND / [W]OLFIIRNEMEb) GEORG HAṢ/[ – – –c)

Wappen:
unbekannt2).

Kommentar

Die verwendete Kapitalis ist – vor allem in der ersten Zeile – sehr schmal und gestreckt. Sie zeichnet sich weiters durch spiegelverkehrte N und Nexus litterarum aus. Sie gewinnt dadurch ein äußerst unklassisches Bild, scheint dabei aber dennoch stilisiert zu sein, wie beispielsweise die sich nach oben verdickende G-Cauda beweist.

Die Schrift lässt sich zeitlich nur sehr schwer einordnen. Formen wie spiegelverkehrtes N oder die sehr schlanken stilisierten Formen ließen vielleicht an die Zeit der frühhumanistischen Kapitalis denken – auch wenn keine wirkliche Schlüsselform auftritt. Die Schrift könnte aber genauso gut erst später entstanden sein. Da auch eine Datierung in der Inschrift fehlt bzw. nicht mehr erkennbar ist, ist die gesamte Platte schwer zeitlich einzuordnen. Röttger will die Schrift ins 17., das Wappenrelief hingegen ins 15. Jahrhundert datieren3). Somit ergäbe sich auch der Umstand, dass Wappen und Inschrift gar nicht zusammengehören, was jedoch wiederum unwahrscheinlich erscheint, da auch keine anderen (älteren), zum Wappenrelief gehörigen Schriftzüge auf der Platte erkennbar sind. Die Schrift kann frühestens zu Beginn des 16. Jahrhunderts entstanden sein. Die Form des Wappenschildes wäre auch in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts denkbar. Für das 17. Jahrhundert hingegen fänden sich mögliche Personenhinweise, mit denen der in der Inschrift Genannte vielleicht identifiziert werden könnte:

Ein Georg Haas wird in einer Liste von Bürgern Obernzells aus dem Jahre 1649 aufgeführt4). Sein Todesdatum ist unbekannt, so dass er möglicherweise erst nach dem Ende des Erfassungszeitraumes (1650) starb.

Da die auf den Namen folgende Zeile in der Inschrift nicht mehr entziffert werden kann, könnte ein Teil des Familiennamens verloren gegangen sein. Daher wäre der Verstorbene möglicherweise auch mit einem Hafner namens Georg Hässlstorfer zu identifizieren, der im Pfarrbuch im Zeitabschnitt zwischen 1629 und 1643 genannt wird5). Auf den Beruf des Hafners könnte auch das Wappenbild verweisen.

Alle diese Hinweise führen jedoch leider zu keiner eindeutigen Lösung. Daher muss sowohl die Personenidentifizierung als auch die Datierung der Platte offen bleiben.

Textkritischer Apparat

  1. Am Wortbeginn P sichtbar; evtl. untere B-Bogen nicht mehr erkennbar, da nicht mit Farbe nachgezogen; erste Zeile in größerer Schrift, Bu. 7 cm (gemessen I).
  2. Sic!; N spiegelverkehrt.
  3. Teils noch Schaftreste erkennbar.

Anmerkungen

  1. Röttger, Kdm Wegscheid 72; die Platte war damals bereits erheblich abgetreten, da auch Röttger nur Bruchteile des Textes lesen konnte.
  2. Eine Kanne.
  3. Kdm Wegscheid 72.
  4. Es handelt sich um eine Liste von Bürgern, die zu Contributionen herangezogen wurden, vgl. Miller, Obernzell 41f. Georg Haas spendete 24 kr.
  5. Miller, Obernzell 86, Anm. ***) führt einige Namen von Hafnern auf, die im Pfarrbuch im oben genannten Zeitabschnitt vorkommen.

Nachweise

  1. Kdm Wegscheid 72.

Zitierhinweis:
DI 80, Passau I, Nr. 184 (Ramona Epp), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di080m014k0018405.