Inschriftenkatalog: Passau I (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 80: Passau I (2011)

Nr. 173 Vornbach, Gde. Neuhaus am Inn, Pfk. Mariae Himmelfahrt (ehem. Benediktinerabteik.) 1642

Beschreibung

Aufsatz mit Gedenkinschrift zu der Überführung der Gebeine und der Denkmäler der Klosterstifter in die Klosterkirche unter Abt Benedikt Hepauer im Jahre 1642. Über den figürlichen Stifterdenkmälern (Nr. 6) in der ersten südlichen Seitenkapelle von Osten, an der Südwand. Geschwungener Aufsatz mit querovaler leicht konkaver Schriftkartusche in Rollwerkrahmen zwischen Voluten, über der Kartusche eine weitere kleinere hochovale Kartusche mit Wappenbild, Wappen mit Gold grundiert; Schrift vertieft und mit goldener Farbe nachgezogen. Rotmarmor.

Maße: H. 104 cm, B. 182 cm, Bu. 3 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. ANNOa) Aa) PARTV VIRGINEOa) MILLESIMOa) CENTESI=/MOb) ET NONO FVNDATORa) HVIVS LOCI COMESa) EKKEBERTVSa) CVM / IMPERATOREa) FRIDERICOa) PRIMO MEDIOLANVMa) VENIENS IN OBSIDIONE / OCCVBVIT CVIVS CORPVS FORMBACHa) DELATVM IBIDEM IN MONACHORVM / CAPITVLO TVMVLABATVR VNA CVM EKKEBERTOa) PATRE ET SORORIO SVO / BERTHOLDOa) DVCE DALMACIAEa) ET MARCHIONE YSTRIAEa) MAGNIS MONASTERYa) / BENEFACTORIBVS (ADc) QVOS ETIAM LOCATVS EST FRIDERICVS OCCISVS. PATER / HEDWIGISa) MATRIS LOTHARYa) REGIS)d) VSQVE AD ANNVM QVADRAGESIMVM SECVNDVM / ATa) DICTO LOCO DIRVTO POSTMODVM EORVM OSSA Aa) REVERENDISSIMOa) D(OMI)NO / BENEDICTOa) ABBATEa) AD HOC SACELLVM HONORIFICE TRANSLATA ATQVE / CONDITA SVNT . QVIBVSe) ETIAM AETERNA SIT REQVIES

Übersetzung:

Im Jahre nach der jungfräulichen Geburt 1109 starb der Gründer dieses Ortes, Graf Eckbert, als er mit Kaiser Friedrich I. nach Mailand kam, bei der Belagerung. Sein Leichnam, nach Vornbach gebracht, wurde dort im Kapitel[saal] der Mönche bestattet; zusammen mit seinem Vater Eckbert und seinem Neffen1) Berthold, dem Herzog von Dalmatien und Markgrafen von Istrien, den großen Wohltätern des Klosters (bei diesen wurde auch Friedrich, der getötete Vater Hedwigs, der Mutter König Lothars2), beigesetzt) bis zu dem Jahr 42, in dem aber der besagte Ort abgerissen wurde: unmittelbar darauf wurden ihre Gebeine von dem hochwürdigsten Herrn, dem Abt Benedikt, in diese Kapelle ehrenvoll überführt und bestattet. Auch für diese möge die Ruhe ewig sein.

Wappen:
Hepauer3).

Kommentar

Die Schrift ist eine eher schlanke, gedrängte Kapitalis. Dies hängt wohl in erster Linie mit der Tatsache zusammen, dass hier relativ viel Text im gegebenen Rahmen der Schriftkartusche untergebracht werden musste. Vielleicht rührt auch daher die relativ häufige Verwendung von Nexus litterarum, die für Kapitalis eigentlich äußerst unklassisch sind. Die Schrift lehnt sich allgemein eher weniger an klassischen Vorbildern an: so ist der Mittelteil des M verkürzt, R weist an manchen Stellen eine geschwungene Cauda auf; die Buchstabenproportionen innerhalb der Schrift – gemeint sind die unterschiedlichen Breiten der Buchstaben, wie sie in der Monumentalis Verwendung finden – sind auf Grund des engen Schreibens so gut wie nicht gegeben. Dennoch handelt es sich um eine relativ klare und disziplinierte Schrift.

Der Einschub einer Klammer in den Text findet sich in Inschriften eher selten. Dies zeugt davon, dass dieser Text wohl als sachliche Weitergabe von – mehr oder weniger – wichtigen Informationen gelten sollte. Es wird in runden Klammern eine Aussage ergänzt, die nicht direkt etwas mit dem Textinhalt zu tun hat, die aber offensichtlich auch als wichtig erachtet wurde. Die Angaben, wer hier bestattet wurde, scheinen auf ältere, historische Quellen zurückzugehen, die höchstwahrscheinlich als Vorlagen gedient haben und teilweise sogar einen ähnlichen Wortlaut aufweisen4). Auch die hier verwendete Wunschformel QVIBVS ETIAM AETERNA SIT REQVIES könnte auf die bereits bei den älteren Grabmälern der Stifter (Nr. 6) angewandte Formulierung [LOCA] PERPETVE REQUIEI anspielen.

Jedoch zeigt sich in der Inschrift auch die Ungenauigkeit der Quellenrezeption: unter den Bestatteten wird beispielsweise der an anderen Stellen ebenfalls überliefertet avus Eckberts nicht genannt. Darüber hinaus wurden die historisch-biographischen Angaben verwechselt: die in der Inschrift genannte Jahreszahl 1109 ist das Sterbejahr Graf Eckberts I., der – wie auch in der Inschrift bezeichnet – als Gründer des Klosters gilt. Er war aber nicht derjenige, der mit Kaiser Friedrich I. Mailand belagerte und dort ums Leben kam: dies war erst dessen Enkel, Graf Eckbert III., der bei den Auseinandersetzungen mit Mailand während des zweiten Italienzuges des Kaisers im Jahre 1159 starb und anschließend ins Kloster überführt wurde5). Mit Graf Eckbert III. starb die Stifterfamilie aus. Die Inschrift bietet hier einen knappen historischen Abriss zur Stifterfamilie und verweist gleichzeitig auf ihre Bestattungen im Kloster.

Die dritte Aussage des Textes ist die, die schließlich auch den Anlass für die Inschrift gab, nämlich die Überführung der Gebeine in die Klosterkirche durch Abt Benedikt Hepauer (1624–1645) im Jahre 1642. Als Begründung wird hier der Abriss des bisherigen Bestattungsortes, nämlich des Kapitelsaales, genannt (at dicto loco diruto). Tatsächlich ließ Abt Benedikt Hepauer neben der Klosterkirche auch die Klostergebäude neu errichten bzw. renovieren6).

Textkritischer Apparat

  1. (Anfangs-)Buchstabe vergrößert.
  2. (Anfangs-)Buchstabe vergrößert; Trennstriche auf der Grundlinie.
  3. Davor eine sich öffnende runde Klammer im Inschriftentext.
  4. Sich schließende runde Klammer im Inschriftentext.
  5. (Anfangs-)Buchstabe vergrößert; davor Worttrenner in Form eines Punktes auf der Grundlinie.

Anmerkungen

  1. sororius bedeutet zunächst, dass diese Person über die Schwester verwandt ist. Dies kann unter anderem den Mann der Schwester (= Schwager) oder auch den Sohn der Schwester (= Neffe) bezeichnen. Da aber sowohl ein Schwager, Berthold II., als auch ein Neffe Eckberts III., Berthold III., denselben Namen trugen, ist eigentlich anhand dieser Formulierung nicht klar ersichtlich, welcher davon gemeint ist. Darüber hinaus ist keiner dieser beiden Bertholde offiziell in Vornbach bestattet! Mutmaßlich ist jedoch Berthold III. von Andechs gemeint, der – anders als sein Vater Berthold II. – Markgraf von Istrien war und der nach dem Tode Eckberts dessen Erbe in Vornbach antrat. Berthold III. war der Neffe Eckberts III. (Berthold war ein Stiefsohn von Eckberts Schwester Kunigunde, der zweiten Ehefrau Bertholds II. von Andechs), vgl. hierzu vor allem: Schütz, Andechs-Meranier 63; vgl. auch Nr. 2.
  2. Kaiser Lothar III. von Supplinburg (1125–1137) war der Sohn Graf Gebhards von Supplinburg und Hedwigs von Vornbach, deren Vater Graf Friedrich von Vornbach war.
  3. Ein Mann, in beiden Händen je drei Ähren haltend; evtl. ein Bauer (vgl. Hepauer), vgl. auch Nr. 162 und 168.
  4. Vgl. hierzu ältere Aufzeichnung (Genealogie der Neuburger aus dem 14.(?) Jahrhundert), vgl. Nr. 2 Anm. 3 und Aussagen bei Rumpler, Historia Sp. 440. Teils sind ganze Passagen ähnlich, vgl. hierzu z.B. MB 4, 9: ... Mediolanum cum Imperatore Friderico veniens ocubuit ... oder ... corpus Formbach delatum ...
  5. Vgl. hierzu vor allem MB 4, 9; Rumpler, Historia Sp. 440; auch figürliche Grabmäler Nr. 6: hier wird Eckbert I. als fundator bezeichnet, als Sterbejahr ist 1109 genannt; zu Friedrich I. und der Belagerung Mailands vgl. kurz LMA IV Sp. 931f. und LMA VI Sp. 115f.
  6. Vgl. Kdm Passau 240f., 269f.; vgl. auch diverse Bauinschriften Nr. 162, 165 und 168 und seine Grabschrift Nr. 175†.

Nachweise

  1. Fasmann, Chronik 2 fol. 34v; BSB Cgm 2267 II fol. 90v; BSB Cgm 2290 10 p. 520; M.v.O. Msc. 39 p. 254; ABP PfA Vornbach 2 (1. Akt, 4. Seite - kleinerer Bogen); Riesenhuber, Grabdenkmale Nr. 47; Kdm Passau 257; Würdinger, Vornbach 11 (erwähnt).

Zitierhinweis:
DI 80, Passau I, Nr. 173 (Ramona Epp), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di080m014k0017302.