Inschriftenkatalog: Passau I (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 80: Passau I (2011)

Nr. 167 Kellberg, Gde. Thyrnau, Pfk. St. Blasius (1638)

Beschreibung

Totenschild für Urban Schätzl von und zu Hörmannsberg auf Watzmansdorf und Thyrnau. Innen, im Chor, an der Südwand, im zweiten Joch von Süden, über dem Gesims. In der Mitte vollplastisches Relief Vollwappen, darum gemaltes, kreisförmig umlaufendes Schriftband mit zweizeiliger Inschrift, oben beginnend, außen in Relief ein grüner gefasster Lorbeerkranz. Holz, bemalt. Restauriert1).

Maße: D. 100 cm, Bu. 3 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. Urban Schätzl von und zu Hörmansperg auf Watzmanstorff und Thürnau Freyherr der Röm(isch) khais(erlichen) Mayest(ät) und hochfürst(lichen) Durch(lauch)ta) Erzherzogb) Leopoldi zu / Österreichc) Kämmererd) dann der hochfürst(lichen) Durchl(aucht) Erzherzogb) . Leopoldi Wilhelme) Rath und Pfleger der Herrchaftf) Leoprechting .

Wappen:
Schätzl2).

Kommentar

Auf dem Totenschild findet Gotische Minuskel Verwendung. Sie ist zu der Zeit (1638) eigentlich nicht mehr üblich. Die Schrift weist sich jedoch durch doppelstöckiges a und Schaft-s und f, die auf der Grundlinie in einem Quadrangel enden, eindeutig als solche aus. Sie kann aber auch nicht den Einfluss der (zeitgenössischen) Fraktur verleugnen: so sind Oberlängen relativ ausgeprägt und deren Enden häufig gespalten. Leider kann keine genauere Schriftanalyse vorgenommen werden, da der gesamte Text nachgezogen bzw. sogar ergänzt ist. Die Grundtendenzen lassen sich noch erahnen bzw. auf dem älteren Photo in Kdm Passau erkennen. Die anachronistische Schrift könnte für den für diese Zeit ebenso konservativ anmutenden Inschriftenträger gewählt worden sein.

Urban Schätzl ist laut seiner Grabinschrift in Thyrnau am 4. Oktober 1638 verstorben3). Der nicht datierte Totenschild wurde somit zeitlich in das Sterbejahr Urban Schätzls eingeordnet.

Urban findet sich in der Liste der fürstbischöflichen Pfleger zu Leoprechting bei Erhard unter dem Jahr 16304). Er erlangte für sich und seine Familie 1624 in Wien den Reichsfreiherrenstand5).

Er war in erster Ehe mit Anna Maria, geb. Riederer von Paar, und in zweiter Ehe mit Maria Isabella, geb. von Pötting und Persing, verheiratet. Seine Eltern waren Benedikt Schätzl und dessen Ehefrau Anna, geb. von Schwarzendorf6).

Urban ließ für seine beiden Geschwister Julius Benedikt und Kunigunde eine Gedenktafel – ebenfalls in Kellberg – errichten (Nr. 159). Ebenso haben sich Grabinschriften für eine seiner Töchter und zwei Enkel erhalten (vgl. 150 und 166).

Textkritischer Apparat

  1. Möglicherweise bei Restaurierung t aus l ergänzt, vgl. Durchl(aucht) in der zweiten Zeile.
  2. Unsicher, ob ursprünglich gekürzt für Erzherzog(en).
  3. Ursprünglich Oesterreich, vgl. Photo in Kdm Passau.
  4. Dieser Wortbestand war vor der Restaurierung offenbar fast vollständig verloren, vgl. Photo in Kdm Passau.
  5. Bei Restaurierung ging Wortendung -i (Genitiv) verloren, urspr. Wilhelmi, vgl. Photo in Kdm Passau.
  6. Sic, s fehlt; ursprünglicher Zustand auf Photo in Kdm Passau schlecht erkennbar: möglicherweise war ein r gekürzt und der folgende Schaft war ein s, also Her(r)schaft.

Anmerkungen

  1. Die Abbildung in Kdm Passau, Fig. 122, zeigt den Zustand vor der Restaurierung: es fehlten die Bügel der Helme; Teile der Umschrift waren verblasst.
  2. OÖ 322, vermehrtes Wappen, aber hier anders: 2/3 unten zwei überkreuzte Schrägbalken, vgl. auch Nr. 150, 159 und 166. Auf die heraldische Tinktur wurde bei der Neufassung des Totenschildes Rücksicht genommen.
  3. DI 67 (Stadt Passau) Nr. 802.
  4. Erhard, Topographie 1,1 165.
  5. OÖ 322.
  6. Leoprechting, Schätzl 150ff.

Nachweise

  1. Kdm Passau 150, Fig. 122.

Zitierhinweis:
DI 80, Passau I, Nr. 167 (Ramona Epp), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di080m014k0016704.