Inschriftenkatalog: Passau I (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 80: Passau I (2011)

Nr. 159 Kellberg, Gde. Thyrnau, Pfk. St. Blasius nach 1625 / 1598

Beschreibung

Schrifttafel und Relief mit den Gedenkinschriften für Julius Benedikt Schätzl von und zu Hörmannsberg auf Watzmansdorf und Thyrnau und dessen Schwester Kunigunde Schätzl. Innen, im Chor, an der Südwand, im zweiten Joch von Westen, obere Platte. Auch schon um 1842 am selben Standort1). Oben querrechteckiges Relief zwischen Pilastern: in der Mitte Kreuz mit Titulus (I), am Kreuzfuß Schädel und Knochen, Kreuz auf hügeligem Boden, links des Kruzifixes der Verstorbene in Harnisch, auf einem Podest kniend, vor ihm Helm und Handschuhe, die Hände zum Gebet gefaltet, hinter ihm im linken Bildteil eine Mauer, im oberen Bereich von einem drapierten Vorhang verdeckt, unter dem Vorhang Vollwappen, analog dazu die rechte Bildhälfte mit spiegelverkehrtem Aufbau, davor am Podest die Verstorbene kniend in Kleid, Umhang und Stehkragen, die Hände gefaltet, vor ihr ein geschlossenes Buch; unterhalb des Reliefs eine querrechteckige Schrifttafel mit Profilrahmen, Schriftspiegel leicht gewölbt, darauf Gedenkinschrift für Julius Benedikt (II) und – etwas davon abgesetzt – die für Kunigunde (III). Kalkstein. Schrift mit schwarzer Farbe nachgezeichnet.

Maße: H. 105 cm (insgesamt), B. 118 cm, Bu. 1 cm (I), 2 cm (II, III).

Schriftart(en): Fraktur (II, III), Kapitalis (I).

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. I.

    INRI

  2. II.

    Der Wolgebornn Herr Herr Vrban Schätzl · von · vnd zue Hörmansperg auf Watzmanstorff̣ vnd Thürnen Freụherr e(t)c(etera) Der Röm(ischen) / Khay(serlichen) May(estä)t e(t)c(etera) vnnd hochf(ürstliche)r D(urc)h(laucht) Ertzhertzog Leopoldi zu Össterreich Cam(m)erer e(t)c(etera) auch der hochf(ü)r(stlichen) D(urc)h(laucht) Ertzhertzog Leopoldi Wilhelmy Bisch=/=ouena) zu Strasburg vnd Bassaw e(t)c(etera) Rhat vnnd Pfleger Der Herrschafft Leoprechting . hat Diße Figur Hieher setzen Lassen Zu gedechtnus seines / Lieben Herrn Bruedern Herrn Julius Benedict Schätzls von vnd Zue Hörmansperg auf Watzmanstorff vnd Thürnen selligen Wellicher in / Vngern wider Den Erbfeindt Zu Ross vnd Fueß Zu vnderschidlichen Zeiten gedient Letztlichen aber Anno . 1598 . in dem grossen sturmb / vor Offen2) geschossen vnd verwundet . baldthernach sein leben geendet nach Wien gefirth . Hochwürdigen Sacraments Heisl begraben wordenb) .

  3. III.

    Gleichsfals zu gedechtnus seiner lieben Freyle Schwesster . Freyle Kunegundt Schätzlin von Hörmansperg . welliche Jm Junckhfrawstandt Den / 27 January A(nno) 1 . 5 . 95 . des zeitlichen Todts verstorben vnd zu Voburg an der Thanna3) in der Marckht Khirchen daselbsten / begraben ligt . der Allmechtige Gott well inen vnd ṿns allen ein Freliche auferstechung verleichen Amenb) .

Wappen:
Schätzl4), Schätzl4).

Kommentar

Die auf dem Denkmal verwendete Fraktur macht einen sehr grazilen Eindruck. Die Textschrift ist sehr schmal. Die Versalien sind durch gebogene und geschwungene Haarlinien verziert. Auch Elemente der Minuskelbuchstaben werden durch solche Haarlinien dekorativ ausgeführt, so vor allem der untere g-Bogen oder der h-Bogen, der unter der Zeile in einer Schleife endet.

Bei der Inschrift handelt es sich um eine Gedenkinschrift. Beide Personen, derer gedacht wird, waren bereits verstorben und an anderen Stellen begraben. Darüber hinaus kann die Tafel erst nach 1625 hergestellt worden sein, da der Auftraggeber, Urban Schätzl, des Wortlauts nach bereits in Diensten des Passauer Bischofs, Leopold Wilhelm (1625–1662), stand, der erst 1625 in dieses Amt ernannt wurde.

Julius Benedikt Freiherr von Schätzl war ein Bruder Urbans Schätzls (Nr. 167) und somit ein Sohn Benedikt (II.) Schätzls5). Der Inschrift zufolge wurde Julius Benedikt bei der Belagerung Ofens im September und Oktober des Jahres 1598 im sogenannten Langen Türkenkrieg (1593–1606) getroffen und starb an der Schußverletzung6). Er wurde laut Totenbuch am 26. November 1598 in St. Stephan in Wien beigesetzt. Ein Grabmal hat sich jedoch nicht erhalten7).

Die Schwester der beiden, Kunigunde, verstarb – ledig – bereits einige Jahre früher und war laut Inschrift in Vohburg an der Donau bestattet. Mutmaßlich war sie dort in der ehem. Pfarrkirche St. Andreas begraben. Die profanierte Kirche ist jetzt Rathaus. Dort existiert heute kein Grabmal mehr8).

Textkritischer Apparat

  1. Trennzeichen auf der Grundlinie.
  2. Letzte Zeile zentriert; Worttrenner in Form eines Quadrangels auf der Grundlinie.

Anmerkungen

  1. Vgl. BZAR Gen. 1279, Heft IV, 4. Seite „Kirche zu Kellberg“.
  2. Ofen, alter Name für Buda, Stadtteil von Budapest/Ungarn.
  3. Vohburg an der Donau, Lkr. Pfaffenhofen an der Ilm/OB.
  4. OÖ 322, vermehrtes Wappen, aber hier anders: 2/3 unten zwei überkreuzte Schrägbalken, vgl. auch Nr. 150, 166 und 167.
  5. Vgl. Erhard, Topographie 1,1 198; Leoprechting, Schätzl 150f.; DI 67 (Stadt Passau) Nr. 626, 627†.
  6. Siehe auch OÖ 322; vgl. zum Langen Türkenkrieg und zur Belagerung Ofens kurz Niederkorn, Europäische Mächte 14; an dieser Stelle möchte ich mich auch für hilfreiche Auskünfte bei Herrn Dr. Géza Pálffy, Ungarische Akademie der Wissenschaften, Budapest, bedanken.
  7. Für den Hinweis bedanke ich mich bei Frau Dr. Renate Kohn, Arbeitsgruppe Inschriften, Institut für Mittelalterforschung, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien, und bei Herrn Reinhard Gruber, Domarchivar, Archiv der Domkirche St. Stephan, Wien. Bei dem Totenbuch handelt es sich um: Totenbuch der Dompfarre St. Stephan zu Wien, Tomus 5, fol. 200r.
  8. Freundliche Mitteilung von Herrn Rudolf Kolbe, Stadtarchiv Vohburg; zur ehemaligen Kirche St. Andreas vgl. Dehio OB 1231.

Nachweise

  1. BZAR Gen. 1279, Heft IV, 4. Seite f. „Kirche zu Kellberg“; Erhard, Topographie 1,1 198f. (nur Teil der Inschrift); Leoprechting, Schätzl 154; Kdm Passau 148.

Zitierhinweis:
DI 80, Passau I, Nr. 159 (Ramona Epp), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di080m014k0015909.