Inschriftenkatalog: Passau I (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 80: Passau I (2011)

Nr. 157 Vornbach, Gde. Neuhaus am Inn, Pfk. Mariae Himmelfahrt (ehem. Benediktinerabteik.) 1624

Beschreibung

Grabtafel für den Abt Caspar Siber. In der Gruft, ohne feste Anbringung. Tafel ursprünglich als Verschluss einer Grabnische in der Gruft, 1837 in die Klosterkirche verbracht, dort an einer Langhauswand unterhalb der Empore angebracht (Stand 1920)1), heute wieder in der Gruft. Fast quadratische Tafel, oben in der Mitte kreisrundes Medaillon, darin Kreuz mit sich stark verbreiternden, gleichlangen Balken, an den Abschlüssen der Rundung des Medaillons angepasst, links und rechts vom Medaillon Inschrift (I); in der unteren Hälfte der Tafel in der Mitte Rundbogenfeld, darin Flachrelief eines Vollwappens, als Oberwappen Mitra und Abtsstab mit Velum, das Feld, der Krume des Stabes ausweichend; unter dem Kreuzmedaillon Inschrift (II), der Rundbogennische ausweichend. Kalkstein. Tafel an den Ecken beschädigt, Ränder mit Mörtel beschmiert.

Maße: H. 45 cm, B. 44 cm, Bu. 2 cm (I), 2,5 cm (II).

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. I.

    REQVIESa) // AETERNAb)

  2. II.

    R(EVEREN)doc) A(DMO)d(u)mc) IN CHR(IST)Oa) PATRIa) GAS/PARId) SIBERa) COENOBII HV/IVSe) ABBATIa) VIGILANTISSI=/MO, QVI DEBITVM NATVRAE / VII IDVSf) // NOVEMB(RIS) / ANNOf) M//DCXXIV / SOLVEREf) // COACTVS / AD CÖE//LVMg), VTI / SPERA//MVSf), EVO/LAVITf), // CVIVSh) PIE / [L]ECTORf) // MEMori) MOR/[T]ISk) ETf) // ANIMAE

Übersetzung:

Ewige Ruhe. (I) Dem sehr ehrwürdigen Vater in Christus Caspar Siber, dem fürsorglichsten Abt dieses Klosters, der, als er gezwungen war, am 7. November 1624 die Schuld der Natur zu begleichen, zum Himmel – wie wir hoffen – entflogen ist; frommer Leser, (sei) seinem Tod und seiner Seele eingedenk. (II)

Datum: 1624 November 07.

Wappen:
Siber2).

Kommentar

Die ursprünglich als Sargnischenverschluss dienende Tafel ist naturgemäß eher schlicht gehalten. Der Bildschmuck beschränkt sich auf das Kreuz und das Vollwappen.

Dafür ist der Text relativ umfangreich: er begnügt sich nicht mit den einfachen Sterbeinformationen, sondern birgt – neben zeittypischen euphemistischen Formulierungen vor allem für das Sterben (debitum naturae solvere) – im Rahmen des hier möglichen sowohl ein Personenlob (vigilantissimo) als auch eine Hinwendung zum Betrachter (pie lector memor etc.).

Die Schrift ist eine zeitgenössische Kapitalis, die nicht mehr zwingend am klassischen Vorbild festhält. Auch die Tatsache, dass es sich hier wohl nicht um das eigentliche Grabmal, sondern „nur“ um eine Loculustafel handelt, trägt wohl dazu bei, dass die Schrift nicht auf höchstem Niveau ausgeführt ist. Neben üblichen nichtklassischen Elementen wie einer steif-geraden R-Cauda, findet sich beispielsweise Ö bei OE, so dass hier quasi der Umlaut doppelt artikuliert ist. An anderer Stelle ist – vielleicht aus Platzmangel – V mit verkleinertem S verschränkt.

Caspar Siber war der 42. Abt des Klosters und stand demselben von 1618 bis 1624 vor3).

Textkritischer Apparat

  1. Anfangsbuchstabe vergrößert.
  2. Davor das Kreuzmedaillon.
  3. Anfangsbuchstabe vergrößert; Endung in humanistischer Minuskel, hochgestellt.
  4. Anfangsbuchstabe vergrößert; keine Trennzeichen erkennbar.
  5. Keine Trennzeichen erkennbar.
  6. Zeile dem Wappenrelief ausweichend.
  7. Sic!; Zeile dem Wappenrelief ausweichend.
  8. VS-Verschränkung: S verkleinert, auf dem rechten Schrägschaft des V.
  9. Endung in humanistischer Minuskel, verkleinert und hochgestellt; es folgt ein Doppelpunkt, als zusätzliches Kürzungszeichen?
  10. Riesenhuber liest nach dem Wappenrelief MEMOR / SIS, wobei er offenbar die Endung bei MEMor übersehen hat und somit die gesamte Zeile zusammenzieht. Demnach ergänzt er in der folgenden Zeile zu SIS. Richtig muss jedoch zu MOR/TIS ergänzt werden; es sind keine Trennzeichen erkennbar.

Anmerkungen

  1. Vgl. Kdm Passau 258f., auch Riesenhuber, Grabdenkmale Nr. 11.
  2. Ein Bogenschütze (Türke?) mit Pfeil und gespanntem Bogen, Köcher und Säbel?; Oberwappen aus Mitra und Abtsstab.
  3. Vgl. Krick, Stabile Klöster 178 und Riesenhuber, Grabdenkmale Nr. 11; kurz auch Erhard, Topographie 2,6 70.

Nachweise

  1. Riesenhuber, Grabdenkmale Nr. 11; Kdm Passau 259.

Zitierhinweis:
DI 80, Passau I, Nr. 157 (Ramona Epp), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di080m014k0015708.