Inschriftenkatalog: Passau I (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 80: Passau I (2011)

Nr. 148 Obernzell, Pfk. Mariä Himmelfahrt (Marktkirche) 1606

Beschreibung

Inschriftentafel mit Stifter- bzw. Renovierungsinschrift der Bruderschaft „Unser Lieben Frauen“, namentlich des Pfarrers Johann Eisenpropst und der Obernzeller Bürger Hans Khaufman und Egid Praunauer. Innen, an der Westwand vor dem nördlichen Seitenportal. Tafel mit schwarz ausgemalter Inschrift in Rahmen mit Rollwerk. Kalkstein. Oberfläche der Tafel am Rechten Rand teils zerstört, Rahmen bis auf das obere und untere Rollwerk erheblich zerstört und mit Putz überzogen.

Maße: H. 31,5 cm, B. 39 cm, Bu. 2 cm.

Schriftart(en): Fraktur.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. Anno 1606. hat siha) ein Ersame Prueder=/schafft vnser Lieben Frauen des wirdigen Gatts=/haußb) Alda verwilligt dise Parkhirchen stiell / vnd daß Fenster von neuem machen Zulassenc) / So hernach durch verordnete Zeleit Alls Joand) / Eisenprobst der Zeit Pfarrherr hans khaufman / vnd Egidi Praunauer bede Bürger in der / Zell verricht wordene)

Kommentar

Die Inschrift vermerkt, dass sich die Bruderschaft „Unserer Lieben Frauen“ dazu verpflichtet hat, die stiell (Stühle, Gestühl?) und ein Fenster in der Parkhirchen (Borkirchen bzw. Empore1)) zu renovieren. Dieses Vorhaben wurde von den Zeleit (Zechleute2)), namentlich Johann Eisenpropst, Hans Khaufman und Egid Praunauer, ausgeführt.

Die heutige Pfarrkirche, ehemalige Marktkirche, Mariä Himmelfahrt, in der sich die Inschrift befindet, ist ein Bau aus dem 18. Jahrhundert. Ein Vorgängerbau stammte wohl aus der Zeit um 1592 (vgl. hierzu auch Nr. 130). Die (Neu-)Ausstattung von 1606 scheint nur über diese Inschrift belegt zu sein.

Als damaligen Pfarrherrn nennt die Inschrift Johann Eisenpropst. Dieser ist auch anderweitig als Pfarrvikar in Obernzell belegt (1602 bis 1607) und war anschließend in Gottsdorf tätig3). Die anderen beiden Zechleute, Hans Khaufman und Egid Praunauer, waren der Inschrift zufolge Bürger in Obernzell. Ein Egidi Braunauer tritt in einer Urkunde aus dem Jahre 1573 als Siegelbittzeuge auf, wird dort aber als Bürger zu „Griespach“ bezeichnet, was möglicherweise auch auf Untergriesbach deuten könnte4). Es ist nicht klar, ob es sich bei dieser Person um den in der Inschrift genannten oder vielleicht um einen Verwandten handelt. In der Bürgerliste von Obernzell aus dem Jahre 1649 bei Miller werden ein Wolf Kaufmann und ein Wolf Praunauer aufgeführt5). Beide könnten Nachfahren von den in der Inschrift verzeichneten Personen sein. Für 1648 ist ein Hanns Kaufmann als Marktrichter (in Untergriesbach) belegt6). Ob dieser mit dem in der Inschrift genannten identisch ist oder vielleicht ein Verwandter war, kann auf Grund der knappen Angabe in der Inschriftentafel nicht geklärt werden.

Miller berichtet auch von zwei Bruderschaften in Obernzell, die jedoch beide erst später gegründet wurden. Dabei handelt es sich um die Bruderschaft „Mariae Schutz“ (Urkunde von 1654) und um die Gürtelbruderschaft „Mariae Trost“ (Urkunde von 1689). Miller vermutet, dass die in der Inschrift genannte Bruderschaft „Unserer lieben Frauen“ eine Vorgängerin der Bruderschaft „Mariae Schutz“ gewesen sein könnte7).

Textkritischer Apparat

  1. Sic, c fehlt.
  2. Sic, a statt o.
  3. Sic, zusammengeschrieben.
  4. Keine Kürzung erkennbar.
  5. Letzte Zeile zentriert.

Anmerkungen

  1. Als „Borkirche“ oder auch Emporkirche wurde früher der „erhobene Platz in der Kirche“ bezeichnet, vgl. hierzu Schmeller 1/1 Sp. 266; ebenso freundlicher Hinweis von Herrn Dr. Herbert Wurster, Archiv des Bistums Passau.
  2. Die „Zech“ konnte in früheren Zeiten auch das Vermögen einer Gemeinschaft bezeichnen, vgl. hierzu Schmeller 2/2 Sp. 1078. Die hier genannten „Zechleute“ waren also wohl die Vermögensverwalter der Bruderschaft.
  3. Vgl. ABP PfA Obernzell 2: Stinglhamer Bogen 7, 4. Seite; Krick, Seelsorgevorstände 503 und 507; Miller, Obernzell 57.
  4. Heider, Regesten Nr. 583, vgl. zur Ortsidentifikation auch das Register ebenda 309; Obernzell wurde früher allerdings auch als „Griesbach in der Zell“ bezeichnet, vgl. z.B. Miller, Obernzell 10.
  5. Miller, Obernzell 41f.
  6. Vgl. hierzu Stutzer, Griezpach 405.
  7. Miller, Obernzell 61f.

Nachweise

  1. Kdm Wegscheid 73.

Zitierhinweis:
DI 80, Passau I, Nr. 148 (Ramona Epp), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di080m014k0014809.