Inschriftenkatalog: Passau I (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 80: Passau I (2011)

Nr. 132 Neukirchen vorm Wald, Pfk. St. Martin 1595

Beschreibung

Epitaph für Barbara Widmanstetter, geb. Karl, mit Gedenkinschrift für ihren Ehemann David Widmanstetter und ihre Kinder Ulrich, Regina und Sabina. Innen, an der Nordwand des Langhauses, im zweiten Joch von Westen, westlich des Beichtstuhls. Im Obergeschoß geschwungener Aufsatz mit Voluten, dazwischen Medaillon mit Vollwappen in Relief; im Hauptgeschoß in der Nischenzone zwischen mit Beschlagwerk und je einem mittig liegenden Engelskopf verzierten Pilastern Relief der Kreuzigung: in der Mitte Kreuz mit Titulus (I) in Wolkenkranz, am Kreuzfuß rechts Maria Magdalena, kniend, mit den Händen den Kreuzstamm fassend, im Vordergrund Maria, halb liegend, den Kopf gesenkt, von einer dritten Figur (eine der Marien?), links vom Kreuz kniend, gestützt, am linken Bildrand Johannes, stehend, dem Kreuz zugewandt, die Rechte halb erhoben, rechts und links des Kreuzes die beiden Häscher, an Kreuze aus Baumstämmen gefesselt, im Bildhintergrund Stadtansicht und Pflanzen; in der Sockelzone zwischen Gesimsen und zwischen mit Blättern belegten Voluten querovales konkaves Schriftfeld mit Bibelzitat (II); darunter im Unterhang geschwungene leicht konkave Schrifttafel mit Grab- und Gedenkinschrift (III), unten in Rollwerk, aus dem Blätter ragen, endend, oben rechts und links mit eingerolltem Blattwerk abschließend. Kalkstein. Epitaph relativ gut erhalten, an den Rändern teils mit Wandfarbe beschmiert. Epitaph möglicherweise ursprünglich anders zusammengesetzt: das Gebälk mit Inschrift I könnte sich zunächst vielleicht zwischen Nischenzonen und Aufsatz befunden haben, wie es bei vergleichbaren Epitaphien der Fall ist1).

Maße: H. 124 cm, B. 61 cm, Bu. 1 (I, III), 1,5 (II).

Schriftart(en): Kapitalis (I), Fraktur (II, III).

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/2]

  1. I.

    · I · N · R · Ia) ·

  2. II.

    Jch waiß das mein erlesser lebt,der mich vom / Todt widerumb aufferweckhtvnd wiert mit meiner haudt wid=/=erumb geben,auch dort mit Jme Ewig leben,willn auch mit / meinen augen wider schauendem Jch thet herczlich hie ver=/=trauenHiob am · 19 · Capitlb) .

  3. III.

    Hie ligen begraben die Ehrntugenthafft frau Barbara Kharlin des Edlen vösten, / dauiden Widmanstötters der zeit Pfleger zu Tittling Hauß2) vnd Furth3) gewöste / eheliche hausfrau welche den 20 July Jm 95 Jar so wol Jhrer beeder ehe=/leibliche khinder Nambens Vlrich Reainac) vnd Sabina Anno 85 auch 94 Jst(en) / Chistlichd) in Gott Entschlaffen So hat nit weniger hernach den 〈– – –〉 / gemeltter eheuogt die schult der Natur bezalt vnd ist zu 〈– – –〉 begrab(en) / der Ewig guettig Gott welle Jnen genedig Parmhertzig sein auch mit / Allen auserweltt(en)e) // ain frelichef) // auffersteung verleich(en)

Bibel- und Schriftstellerzitat(e):

  • Nach Ijob 19,25ff. (II)

Versmaß: Deutscher Reimvers. (II)

Wappen:
Widmanstetter4).

Kommentar

Die Grabinschrift gedenkt Barbara Widmanstetter und ihrer Kinder. Es werden ein Sohn, Ulrich, und zwei Töchter, Regina und Sabina, genannt. Im Anschluss werden jedoch nur zwei Sterbejahre für die Kinder aufgeführt, wobei nicht klar hervorgeht, welches Kind in welchem Jahr gestorben ist.

Die Familie Widmanstetter stammt ursprünglich aus der Grafschaft Helfenstein in Schwaben und bekam den rittermäßigen Adel von Kaiser Karl V. 1548 verliehen5).

Der Inschrift nach war David Widmanstetter Pfleger in Tittling, Haus und Furth. Nach den Ausführungen bei Jungmann-Stadler, HAB Vilshofen, war die Hofmark Tittling von 1469 bis 1639 im Besitz der Nußdorfer6). Laut den Angaben bei Jungmann-Stadler, HAB Grafenau, war die Hofmark Haus und Furth von 1522 bis 1786 als bayerisches Lehen im Besitz der Familie Trauner7). David Widmanstetter müsste also ein Pfleger in den Diensten der oben genannten Familien gewesen sein.

Textkritischer Apparat

  1. N spiegelverkehrt.
  2. Letzte Zeile zentriert; Worttrenner in Form eines Quadrangels auf der Zeilenmitte, am Textende auf der Grundlinie.
  3. Sic, für Regina, der untere Bogen des g fehlt.
  4. Sic, r fehlt.
  5. Zweites e mit diakritischem Zeichen.
  6. Zeile durch Rollwerk unterbrochen; ain freliche über Rollwerk.

Anmerkungen

  1. Vgl. hierzu z.B. das Epitaph des Pfarrers Michael Littmann (gest. 1572, Nr. 109) in derselben Kirche.
  2. Haus i. Wald, Stadt Grafenau, Lkr. Freyung-Grafenau.
  3. Furth, Stadt Grafenau, Lkr. Freyung-Grafenau.
  4. Kro 216 b.
  5. Kro 216f.
  6. HAB Vilshofen 201f.
  7. HAB Grafenau 123; auch bei Ferchl, Behörden 248ff. findet sich kein David Widmanstetter unter den Pflegern von Furth im Wald.

Nachweise

  1. BSB Cgm 2267 II fol. 172r; M.v.O. Msc. 39 p. 417; Erhard, Topographie 1,2 160 (nicht textgetreu); Kdm Passau 209, Fig. 171; Mayrhofer, Neukirchen vorm Wald 36 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 80, Passau I, Nr. 132 (Ramona Epp), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di080m014k0013201.