Inschriftenkatalog: Passau I (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 80: Passau I (2011)

Nr. 131 Obernzell, Pfk. Mariä Himmelfahrt (Marktkirche) 1594

Beschreibung

Epitaph für den Rat Matthäus Haidenbeck, seine beiden Ehefrauen Helena und Margareta und seine Söhne. In der Kirche, an der nördlichen Langhauswand, westlich des Nordportals; ehemals in der 1890 abgebrochenen Seelenkapelle, später an der Ostseite der Außenwand1). Oben Obergeschoß aus geschwungenem Aufsatz, darin querovales Schriftfeld mit Bibelspruch (I) in Volutenrahmen, über dem Rahmen in der Mitte Herstellungsjahr (II), darüber, in der obersten Spitze des Aufsatzes, Jesusmonogramm (III). In der Hauptzone zweiteiliges Relief: oben zwischen Pilastern Relief: in der Mitte der Kruzifix mit Titulus (IV) im Wolkenkranz, im Hintergrund Stadtansicht, am Kreuzfuß Schädel mit zwei überkreuzten Knochen, links vom Kreuz Maria, rechts Johannes. Darunter Relief in Rollwerkrahmen: der Verstorbene mit Familie, er, kniend am linken Bildrand, über dem Kopf (auf dem Reliefrand) ein Kreuz, vor ihm zu Füßen ein Wappenschild, vor ihm kniend fünf Buben, davon nur der Zweitjüngste ohne Kreuz über dem Kopf, am rechten Bildrand die beiden Ehefrauen, kniend, hintereinander, mit Kreuzen versehen. Im geschwungenen Unterhang querovales Schriftfeld mit Grabschrift (V) in Rahmen mit Rollwerk und Voluten, Schrift linksbündig angeordnet. Kalkstein. Epitaph, bestehend aus verschiedenen Einzelteilen, oberes Relief in der linken Bildhälfte, unteres in der rechten Bildhälfte gebrochen.

Maße: H. 111 cm, B. 42 cm, Bu. 1 cm (I, III, IV, V), 2 cm (II).

Schriftart(en): Fraktur (I, V), Kapitalis (III, IV), Arabische Ziffern (II).

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/3]

  1. I.

    Gott hat seinen Son nit gesandt Jn die / Welt das er die welt richte sonder das die welt durcha) / in sellig werde wer in in glaubt der wirdt nit gerichta) / wer aber nit glaubt der ist schon gericht / Joan(nes) 3b)

  2. II.

    · 15 // 94c) ·

  3. III.

    IE(SV)Sd)

  4. IV.

    INRI

  5. V.

    Hie ligt Begraben der Ersam vnnd weiß Matheus haiden=/beckh Burger Rathsgeschworner vnnd beckh alhie vnnd beede / seine Eheliche husfrawen Helena vnnd Margareta sambt seinen / kindern vnd ist in gott selligelich entschlaffen den〈18〉/ tag〈Apprillise)〉nach der geburt Christi Im〈· 1 · 5 · 98 ·〉Jare hat Jme / beederseits Freindschafft auch Gott dem Herren zu lob vnd / ewiger gedechtnus diß Epitaphium hieher lassenf) machen / Gott geb Jnen vnd vns das ewig leben Act(um) / den 31 Martig) Anno 94h) ·

Bibel- und Schriftstellerzitat(e):

  • Nach Joh 3,17f. (I)
Wappen:
Haidenbeck2).

Kommentar

Die Schrift wirkt teils unregelmäßig. So sind beispielsweise die Zeilen im Bibelzitat unterschiedlich groß; in dem Teil mit der kleineren Schrift wirkt auch der Text gedrängter. Ebenso in der Grabinschrift: auch hier sind einige Wörter im Text beinahe ohne Spatium ausgeführt bzw. erscheinen einige Passagen enger zu stehen als andere, wobei offenbar besonders auf Stellen, an denen Versalien stehen, Rücksicht genommen wurde: hier ist der Platz oft großzügiger bemessen als anderswo.

Das Epitaph wurde noch zu Lebzeiten des Matthäus Haidenbeck angefertigt. Dies teilt die Grabinschrift selbst mit und nennt das Herstellungsjahr sogar an zwei Stellen, nämlich in der Grabinschrift selbst und am Epitaph oben. Daneben ist das Sterbedatum eindeutig nachgetragen. Offenbar hat er aber nicht selbst das Grabmal in Auftrag gegeben, da die Grabinschrift eindeutig darauf hinweist, dass beederseits Freindschafft, also nicht näher genannte Verwandte3) das Epitaph machen haben lassen. Wieso Matthäus Haidenbeck, der ja offenbar noch am Leben war, das Epitaph nicht selbst in Auftrag gegeben hat, bleibt dabei unklar.

Textkritischer Apparat

  1. Zeile teils in verkleinerter Schrift.
  2. Zeile zentriert.
  3. Jahreszahl durch Rahmen unterbrochen; Worttrenner in Form eines Quadrangels auf der Zeilenmitte.
  4. Jesusmonogramm IHS; als Kürzungszeichen ein nach oben ausgebuchteter Balken.
  5. Sic!
  6. n am Wortende in Form eines a, wohl Verschreibung.
  7. t ohne Balken.
  8. Worttrenner in Form eines Quadrangels auf der Zeilenmitte.

Anmerkungen

  1. Vgl. ABP PfA Obernzell 2: Stinglhamer Bogen 5, 4. Seite; zur ehemaligen Seelenkapelle: Kdm Wegscheid 73: diese stand westlich der Marktkirche.
  2. Ein (Brot-)Wecken und eine Doppelsemmel über einer Breze.
  3. Der Begriff „Freundschaft“ wurde früher auch für die Verwandtschaft verwendet, vgl. hierzu Schmeller 1/1 Sp. 822; in dieser Bedeutung muss er wohl auch hier verstanden werden. Worauf sich genau „beiderseits“ bezieht ist nicht ganz klar: anscheinend waren auch Verwandte einer oder beider Ehefrauen an der Epitaphherstellung beteiligt.

Nachweise

  1. ABP PfA Obernzell 2: Stinglhamer Bogen 5, 4. Seite; Kdm Wegscheid 71; Miller, Lkr. Wegscheid 2, 137.

Zitierhinweis:
DI 80, Passau I, Nr. 131 (Ramona Epp), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di080m014k0013104.