Inschriftenkatalog: Passau I (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 80: Passau I (2011)

Nr. 127 Untergriesbach, Passauer Strasse 1590

Beschreibung

Pranger. An der Passauer Straße, gegenüber der Kirche, in einem Grünstreifen an der Abzweigung der Badgasse. Früher auf dem Marktplatz1). Inschrift auf der Südseite, am Sockel Jahreszahl2) (I), am Aufbau Initialen (II). Granit.

Maße: H. (Sockel) 180 cm, B. 45 cm, Bu. 6 cm (I, gemessen 0).

Schriftart(en): Arabische Ziffern (I), Kapitalis (II).

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/2]

  1. I.

    · 1 · 5 · 90a)

  2. II.

    MM

Kommentar

Wie die Buchstaben MM einzuordnen sind, ist unklar. Sie stehen in jedem Fall nicht in direktem Zusammenhang mit der Jahreszahl. Vielmehr befinden sie sich auf der Höhe, wo mutmaßlich früher die zur Prangerstrafe Verurteilten standen3). Es fehlt jedoch jede Information.

Obernzell war Pfleggericht des Hochstifts Passau. Dem dortigen Pfleger unterstanden die beiden Marktgerichte in Obernzell und in Untergriesbach. Dem Obernzeller Pfleger stand die Hochgerichtsbarkeit zu4). Der Pranger gehörte in den Bereich des Strafvollzugs und stellte daneben auch ein Zeichen der oberrichterlichen Gewalt dar. Bei der Neuorganisation des Landgerichtes der Abtei 1593 unter dem Passauer Bischof Urban von Trenbach wurde das Pfleggericht erweitert. Nach der Jahreszahl der Inschrift stammt der Pranger aus der Zeit kurz vor dieser Neuorganisation.

Laut Erhard wurde der Pranger bereits 1490 errichtet5), wobei allerdings nicht ganz auszuschließen ist, dass er nur das Datum 1590 falsch überliefert. Zu seinen Zeiten diente der Pranger als öffentlicher Brunnen. In Hals (Stadt Passau) hat sich ebenfalls ein Pranger ohne Inschrift erhalten, der dort außen am Rathaus (Nord-West Ecke) angebracht ist6).

Textkritischer Apparat

  1. Worttrenner in Form eines Quadrangels auf der Zeilenmitte.

Anmerkungen

  1. Wohnout, Kulturdenkmale 58.
  2. Unterhalb der Jahreszahl weitere Datierung aus dem 19. Jahrhundert: 1847.
  3. Über einem Gesims, das wohl als Podest diente, befindet sich der Abschnitt der Säule, an dem noch metallene Ansätze sichtbar sind, an denen mutmaßlich früher Ketten angebracht waren.
  4. Vgl. zur rechtlichen Situation in Obernzell und Untergriesbach HAB Passau 228ff.; kurz auch Miller, Untergriesbach 26f.
  5. Erhard, Topographie 1,3 71; dieser Angabe scheint auch Miller, Untergriesbach 30 und Miller, Lkr. Wegscheid (darin Haiböck zu Untergriesbach) 52 zu folgen.
  6. Vgl. hierzu Kdm Passau 115.

Nachweise

  1. Kdm Wegscheid 120f., Fig. 84; Miller, Lkr. Wegscheid 2, 144; Wohnout, Kulturdenkmale 58; DIB Niederbayern 277.

Zitierhinweis:
DI 80, Passau I, Nr. 127 (Ramona Epp), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di080m014k0012700.