Inschriftenkatalog: Passau I (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 80: Passau I (2011)

Nr. 112† Hutthurm, Pfk. St. Martin 1578

Beschreibung

Grabschrift für die früh verstorbenen Kinder Hans Georg und Christof Georg von Closen.

Text nach Erhard, Topographie.

  1. Als man zelt 15 hundert Jar und 76 für war,im letzten Monat Dezembris,den 13. Tag gewiß,Bleicha) zwischen 7 und 8 Uhr auf diese Welt geboren war:Hanns Georg von Closen, ein Jüngelein,ist hinwieder entschlaffen sein,in Gott, als man der clinnerenb) Zahl,zelt 77 dazumal,den 7. Juny um mittig, Und ligt begraben hie mit clag,Sambt seinem lieben BriederleinChristof Goergen von Stammen sein,der, als man 78 Jar Gezelt hat, auch geboren war, den 11. July frisch und gesund,und schiedt von dieser Welt zur Ruedurch zeitlichen Tott seine Brüderle zu,Bleicha) als der 23. warNovembris in selbem Jar.

Versmaß: Deutscher Reimvers.

Kommentar

Die Grabschrift ist in deutschen Reimen verfasst. Bei derartigen Reimversen, wie sie in der Zeit häufiger auf Grabmälern zu finden sind, ist kein wirkliches Schema erkennbar. Einziges Merkmal ist der Endreim. In der hier überlieferten Grabschrift fehlt er in einigen Zeilen. Dies ist am ehesten damit zu erklären, dass die Inschrift entweder falsch abgeschrieben oder Teile ausgelassen wurden (die u.U. nicht mehr entzifferbar waren). Da die Inschrift nur bei Erhard überliefert ist und er keinerlei Anmerkungen hierzu macht, lässt sich dies jedoch nicht mehr vollständig aufklären.

Bei Hans Georg und Christof Georg handelt es sich um zwei im Säuglingsalter verstorbene Angehörige der Familie von Closen. Leider gibt die Inschrift keinerlei Auskunft über die Eltern der beiden.

Die Familie Closen ist im Landkreis Passau hauptsächlich auf ihrem Sitz in Haidenburg, das seit dem Beginn des 16. Jahrhunderts in ihrer Hand war, anzusiedeln1). Es erscheint demnach eher unwahrscheinlich, dass ein Closener, der auf Haidenburg residierte, Familienangehörige in Hutthurm bestatten ließ.

Die Spur führt zu jenen Mitgliedern der Familie Closen, die über ihre weiblichen Vorfahren an die Herrschaft Leoprechting kamen. Hutthurm lag im Herrschaftsgebiet von Leoprechting; dort hatten auch schon die Watzmansdorfer eine ihrer Grablegen (vgl. Nr. 74 und 87). Eine Enkelin des letzten Watzmansdorfers, Christoph II., und Erbin einer Hälfte von Leoprechting, Barbara Nothaft, heiratete Hans (Georg) von Closen. Somit kam diese Herrschaft für kurze Zeit in den Besitz derer von Closen, die ihren Anteil aber schon 1581 an den Passauer Bischof Urban von Trenbach verkauften2). Barbara starb 1571, nachdem ihr Mann Hans Georg bereits 1551 verstorben war. Die Eltern der beiden in der Inschrift genannten Säuglinge dürften daher der nachfolgenden Generation zuzurechnen sein. Es sind drei Söhne Hans Georgs und Barbara Nothaffts nachweisbar, von denen jedoch Hans Wilhelm bereits 1577 ohne Nachkommen verstarb. Er könnte somit gerade noch als Vater der oben genannten Kinder gelten; er nennt sich jedoch nicht nach Leoprechting und saß somit wohl nicht in dieser Gegend. Hans Georg heiratete offenbar erst um 1580 Margaretha von Reitzenstein, was sich nicht mit den Geburtsjahren der Kinder in Einklang bringen lässt. Am wahrscheinlichsten kommt daher Hans Eberhard von Closen als Vater in Frage: er heiratete um 1578 Margarethe von Perlaching. Dies erscheint ebenfalls zu spät. Da das Datum aber nicht gesichert ist, könnten die beiden auch schon zwei Jahre früher verheiratet gewesen sein. Hans Eberhard nennt sich in Urkunden auch nach dem Sitz Leoprechting. Er stand demnach in engerer Verbindung mit diesem Raum. Hierfür spricht auch, dass er sich zusammen mit seinem Bruder Hans Georg 1580 beim Passauer Bischof Urban von Trenbach für den Pfarrer Johannes Vogl einsetzte, der sowohl für Hutthurm als auch für Kellberg, wo sich sein Epitaph befindet (Nr. 158), nachzuweisen ist. Für Hans Eberhard und Margaretha sind vier Kinder belegt: ein Sohn Hans Christoph und drei Töchter Barbara, Katharina und Elisabeth. Die im Säuglingsalter Verstorbenen resultieren naturgemäß nicht in den genealogischen Untersuchungen3).

Textkritischer Apparat

  1. Sic, wohl Verlesung für Gleich.
  2. Sic, wohl für „kleinere“ im Sinn von mindere Zahl.

Anmerkungen

  1. Vgl. hierzu genauer: HAB Vilshofen 218f.
  2. Vgl. hierzu genauer: HAB Passau 176; zu den Verwandtschaftsverhältnissen auch Hundt/Libius, Stammenbuch III, 766.
  3. Vgl. Soden-Fraunhofen, Familie Closen XV-113–XV-115; auch Krick, Stammtafeln Nr. 27.

Nachweise

  1. Erhard, Topographie 1,1 156f.

Zitierhinweis:
DI 80, Passau I, Nr. 112† (Ramona Epp), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di080m014k0011209.