Inschriftenkatalog: Passau I (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 80: Passau I (2011)

Nr. 109 Neukirchen vorm Wald, Pfk. St. Martin vor 1572 Mai 29

Beschreibung

Epitaph für den Pfarrer Michael Littmann. Innen, an der Südwand des Langhauses, im zweiten Abschnitt von Westen. Im Obergeschoß geschwungener Aufsatz bestehend aus Voluten, Roll- und Beschlagwerk, darin Relief: Wappenschild in Lorbeerkranz, Kranz flankiert von Fruchtgehängen; unter dem Aufsatz Gebälk, im Fries zwischen mit Blattwerk belegten Pilastern querovales Schriftfeld mit Bibelzitat (I); in der Nischenzone zwischen mit Blattwerk belegten Pilastern Relief: in der rechten Bildhälfte Kreuz mit Titulus (II), darunter Schädel mit Knochen, in der linken Bildhälfte unten der Verstorbene in Superpelliceum, kniend dem Kreuz zugewandt, über seinen gefalteten Händen ein Kreuz, vor ihm ein geschlossenes Buch, darauf ein Kelch, darunter ein sitzendes Hündchen, die rechte Pfote erhoben, im Hintergrund Hügellandschaft mit einzelnen Bäumen und Grasbüscheln, dahinter Stadtansicht mit rechteckigem Mauerring, am oberen Bildrand Wolken; in der Sockelzone ein Rahmen aus Roll- und Beschlagwerk, darauf unten in der Mitte Rosette, darin rechteckiges Schriftfeld mit Bestattungsinschrift (III), darunter Datierung auf dem Rahmen (IV). Kalkstein. Epitaph gut erhalten, im Stein Stellen mit dunklerer Färbung. Schrift mit Schwarz nachgezogen.

Maße: H. 140 cm, B. 65 cm, Bu. 1,2 cm (II), 1,5 cm (I, III, IV).

Schriftart(en): Kapitalis (II), Fraktur (I, III, IV).

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/3]

  1. I.

    ICH waiß das mein erleser lebt, vnd er würdt / mich aus der erden aufweckhen vnd werde mit mein(er) / haut vmbgebn werden vnd werde in meine(m) fleisch got / sehen Hiob · 19a) ·

  2. II.

    INRI

  3. III.

    ICH Michael · L(ittmann) pharrherr hab verordent vnd beuolhen, Das / mein leib hie begraben soll werden, Die Seel lebt Rhuet / biß auf die Auferweckhung Christi Hoffen vnd / Glauben ain Eewig : lebenb), Amen, H: M:c)

  4. IV.

    〈An(n)o 1572 // den 29 // May〉d)

Bibel- und Schriftstellerzitat(e):

  • Ijob 19,25f. (I)
Wappen:
Littmann1).

Kommentar

Bei diesem Epitaph fällt vor allem das Formular der Grabinschrift auf. Es entspricht nicht den sonst üblichen Formulierungen. Michael Littmann hat sich sein Epitaph nicht nur zu Lebzeiten anfertigen lassen. Er lässt im Text explizit darauf hinweisen, dass er angeordnet habe, dass er „hie“ begraben werden soll. Diese Verfügung wird mit dem Wunsch um das ewige Leben ergänzt, was auch durch die zitierte Bibelstelle bekräftigt wird. Das Todesdatum ist später auf dem Rand hinzugefügt worden. Auch die sonst übliche Fürbittbitte fehlt. Die in der Inschrift artikulierte Vorstellung, dass die Seele bis zur Auferweckung ruht – sie also nicht im Fegefeuer darbt –, lässt an Einflüsse der Lutherischen Eschatologie denken.

Unter den Pfarrern von Neukirchen vorm Wald findet sich bei Krick Michael Littmann, den er für 1566 belegt. Er führt als Sterbedatum allerdings den 27. Mai an2).

Textkritischer Apparat

  1. Letzte Zeile zentriert und in verkleinerter Schrift; Worttrenner in Form eines Quadrangels auf der Zeilenmitte, am Textende Quadrangel mit oben und unten ansetzenden eingerollten Zierstrichen.
  2. Davor Doppelpunkt, evtl. Funktion eines Bindestriches?
  3. Auflösung unsicher.
  4. Zeile über unteren Teil des Rahmens verteilt, von Teilen des Rahmens unterbrochen.

Anmerkungen

  1. Ein von links wachsender bekleideter Unterarm, in der Hand einen Blütenzweig, flankiert von den Initialen in Kapitalis M und L (für Michael Littmann).
  2. Krick, Seelsorgevorstände 95.

Nachweise

  1. Kdm Passau 208, Fig. 170; Mayrhofer, Neukirchen vorm Wald 36 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 80, Passau I, Nr. 109 (Ramona Epp), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di080m014k0010909.