Inschriftenkatalog: Passau I (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 80: Passau I (2011)

Nr. 108 Fürstenzell, ehem. Zisterzienserkloster (1570)?

Beschreibung

Fragment mit Resten einer Inschrift einen Sebastian betreffend. Im ehem. Kreuzgang, an der Nordwestecke, im Boden. Das Fragment ist links neben zwei weiteren Fragmenten einer anderen Tafel (Nr. 142), die in Schrift und Stil ähnlich ist, im Boden verlegt. Ursprünglicher Standort ungeklärt. Am oberen Rand Vertiefung, wahrscheinlich von einer Halterung. Rotmarmor. Oberfläche leicht abgetreten. Platte höchstwahrscheinlich auf Grund von Wiederverwendung als Baumaterial zugeschnitten.

Maße: H. 60 cm, B. 33,5 cm, Bu. 5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. – – – I]N CHR(IST)Oa) [P]ATRI(S)b) [– – –/– – –] SEBASTIANI [– – –/– – – MO]NASTERY CEL[LAE1) – – –/– – –] PIENTISSIMIc) [– – –/– – –] SISTE VIATOR [– – –/– – –] TABELLAd) [– – –

Übersetzung:

… [des] Vaters in Christus … Sebastian … [des] Klosters [Fürsten]zell1) … [des] allerfrömmsten … Halt ein Reisender … Tafel …

Kommentar

Die Kapitalis ist sehr klassisch orientiert, kann aber „moderne“ Elemente nicht verleugnen. Die Schrift achtet auf Buchstabenproportionen und auch auf den Wechsel von Haar- und Schattenstrichen, was beispielsweise bei A und N sichtbar wird. Serifen kommen zum Einsatz. E hat fast gleichlange Balken, wobei der mittlere dennoch merkbar kürzer ist. M hingegen weist parallele Außenschäfte und einen verkürzten Mittelteil auf, was nicht den klassischen Vorgaben entspricht. Auch die R-Cauda ist nicht stachelförmig, sondern geschwungen. Im Großen und Ganzen wirkt die Schrift sehr harmonisch und elegant.

Da der im noch erhaltenen Wortlaut erkennbare Name „Sebastian“ im Genitiv steht, ist der Inhalt des Textes nicht ganz klar. Es scheint sich auf jeden Fall nicht um das übliche Formular einer Grabinschrift zu handeln. Vielleicht muss die Inschrift am Beginn mit Epitaphium o.ä. ergänzt werden2). Der Name „Sebastian“ steht offenbar zusammen mit dem Titel in christo patris, was darauf deutet, dass dieser Sebastian Abt war.

Unter den Fürstenzeller Äbten findet sich Sebastian Peer. Er stammte aus Frontenhausen3), war zunächst 1562 Administrator und wurde schließlich 1566 Abt. Er starb irgendwann zwischen dem 16. und dem 26. Dezember 15704). Er war ursprünglich ein Konventuale von Gotteszell5).

Textkritischer Apparat

  1. Christusmonogramm XPO.
  2. Über dem P die Vertiefung der Halterung; am I auf der Grundzeile ein geschwungener Haken, mutmaßlich Kürzungszeichen für S.
  3. Sic, über P und I ein Kürzungsstrich, Auflösung unsicher.
  4. Die beiden unteren noch erhaltenen Zeilen etwas abgesetzt, nicht so tief; vor SISTE noch Buchstabenrest mit Bögen erkennbar; unter TABELLA Kürzungsstrich von der nachfolgenden Zeile vorhanden.

Anmerkungen

  1. Mutmaßlich von Cella principum = Fürstenzell; da Sebastian Peer, dem die Inschrift mutmaßlich galt, vorher Mönch in Gotteszell war, könnte theoretisch hier auch dieses Kloster (cella dei) gemeint sein.
  2. Vgl. hierzu beispielsweise Grabinschriften in Passau: DI 67 (Stadt Passau) Nr. 715; Nr. 835 (hier memoriae).
  3. Frontenhausen, Lkr. Dingolfing-Landau.
  4. Vgl. Krick, Stabile Klöster 274; kurz auch Erhard, Topographie 2,6 119; nach ABP Sammlung Huber, p. 51 starb er am 20. Dezember 1570.
  5. Vgl. 900 Jahre Pfarrei 24; vgl. auch Krick, Stabile Klöster 369: dort wird er im Katalog des Jahres 1558 als Profess des Klosters Gotteszell geführt; Gotteszell, Lkr. Regen.

Zitierhinweis:
DI 80, Passau I, Nr. 108 (Ramona Epp), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di080m014k0010805.