Inschriftenkatalog: Passau I (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 80: Passau I (2011)

Nr. 101 Tiefenbach, Pfk. St. Margaretha um 1552/1554

Beschreibung

Wappengrabplatte für Georg Pfeil zu Haselbach, seine Ehefrauen Cordula, geb. Lampolzheimer (Lampfritzheimer), Katharina, geb. Wenger, und Anna, geb. Stachob. An der Südwand im Chor, im ersten Abschnitt von Osten. Um 1900 „an der linken Wand des Presbyteriums hinter Tapeten“1). Hochrechteckige Platte, über die Platte verteilt sechs je in Zweiergruppen angeordnete Medaillons mit Vollwappen in Relief; am oberen und unteren Rand sowie zwischen den Medaillons Grabinschriften: oben für die erste Ehefrau (I), zwischen der ersten und zweiten Wappenreihe für die zweite Ehefrau (II), zwischen der zweiten und der unteren Wappenreihe für Georg Pfeil (III), unten für die dritte Ehefrau (IV). Rotmarmor. Platte gut erhalten, in den Vertiefungen der Wappenreliefs Reste von farbiger Fassung, Zeilenvorzeichnung des Mittellängenbereichs noch erkennbar.

Maße: H. 190 cm, B. 98 cm, Bu. 3 cm.

Schriftart(en): Gotico-Antiqua.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. I.

    hie ligt die edl frau Cordula geporne la[mp]/olshaimerina) des edl vestn Gorg pfeill zu / haslpach hausfrau die in got verschiedn / ist 1532b)

  2. II.

    die ander hausfrau Katherina geporn[e] / Wengerin ist in got entschlaffen am fre[i]/tag vor // Jacoby im // 1535c)

  3. III.

    hie ligtd) / der edl vnd vest Gorg Pfeil zu haslpach / der Zeit haubtman zu furt des obern Walts2) / der sein leben got salig 〈peschlossen den XXI / februarid) : / 1560d)

  4. IV.

    die // drit haus//fraue) / Anna geporne stachobin

Datum: 1535 Juli 23. (II)

Wappen:
Pfeil3)Lampfritzheim4)
Pfeil3)Wenger5)
Pfeil3)Stachob6).

Kommentar

Die Platte scheint von vorne herein für Georg Pfeil und seine drei Frauen konzipiert worden zu sein, da auch seine dritte Ehefrau sowohl mit Wappenreihe als auch mit Inschrift bedacht ist. Bei ihr fehlt allerdings das Sterbedatum; bei der Inschrift für Georg ist es nachgetragen. Dies bedeutet, dass die Platte noch vor dem Tod Georgs 1560, aber bereits zu Zeiten, in denen er schon mit Anna Stachob verheiratet war – also in jeden Fall nach dem Tod der zweiten Frau Katharina 1535 –, angefertigt wurde.

Dieser Zeitansatz wird durch den inschriftenpaläographischen Befund bestätigt: die Gotico-Antiqua entspricht dem Brunhofertyp mit dem s-förmig aufgebauten g7). Dieser Schrifttyp findet sich vor allem Anfang der 50er Jahre des 16. Jahrhunderts im Raum Passau. Über das s-förmige g kann die Entstehung der Inschrift sogar mit einiger Wahrscheinlichkeit auf die Jahre zwischen 1552 und 1554 eingegrenzt werden. Die Schrift des nachgetragenen Datums hingegen verwendet zwar noch – vielleicht in Anlehnung an die vorgegebene Textschrift – doppelstöckiges a und Schaft-s, das auf der Grundlinie endet; die Schriftausprägung und auch Einzelformen wie das annähernd mandelförmige o lassen jedoch schon eher an das Schriftbild der Fraktur denken.

Mitglieder der Familie Pfeil sind im 16. Jahrhundert über Besitzungen und Lehen unter anderem für die Hofmark Haselbach nachgewiesen8). Georg Pfeil selbst ist für das Jahr 1543 als „Hauptmann vom obern Wald“ bzw. Pfleger in Furth im Wald9) – was auch in der Grabschrift bezeugt ist – belegt10). Ein Georg Pfeil zu Haselbach tritt darüber hinaus in einem Verzeichnis Passauer Landstände aus dem Jahre 1547 auf11) und ist mutmaßlich mit einem Jörg Pfeil identisch, der von den 30er bis in die 50er Jahre im Zusammenhang mit Lehensangelegenheiten erwähnt wird12).

Zu Georg Pfeils Familienverhältnissen finden sich ausführlichere Angaben nur bei Prey13): demnach sei er ein Sohn des Georg Pfeil zu Haselbach (senior) und einer geborenen von Stockheim gewesen. Georg (iunior) habe noch mehrere Geschwister gehabt. Er selbst sei 1480 geboren worden und habe sich 1510 mit der ersten Ehefrau Cordula Lampolzheimer bzw. Lampfritzheimer verheiratet. Er sei angeblich in Furth im Alter von 80 Jahren verstorben. Seine dritte Ehefrau stammte aus altem böhmischen Adel14). Prey führt darüber hinaus auch einige Kinder an, darunter zwei Söhne aus der ersten Ehe mit Cordula, Georg und Wolfgang. Diese beiden lassen sich als Georg Bernhard und als Wolf Christoph auch noch anderweitig festmachen. Wolfgang bzw. Wolf scheint seinem Vater als Hauptmann in Furth im Wald nachgefolgt zu sein. Ein Wolf Pfeil, der 1573 gestorben sein soll, ist dort als solcher belegt15). Für ihn und seine Frau Susanna, geb. Höhenkircher, sind kopial Wappenbildfenster aus Haselbach überliefert (Nr. 104†). Hundt hingegen kennt einen Georg Pfeil zu Haselbach „den Jungen“, der bereits 1546 verstorben und in Wemding begraben sein soll16). Vielleicht ist dieser mit dem anderen Sohn, Georg iunior, identisch.

Textkritischer Apparat

  1. Buchstabenbestand vor dem Zeilenumbruch möglicherweise gekürzt, zwei Schäfte erkennbar.
  2. Letzte Zeile zentriert zwischen den oberen Wappenmedaillons.
  3. Letzte Zeile durch die oberen Teile der mittleren Wappenmedaillons unterbrochen.
  4. Zeile zentriert zwischen den mittleren bzw. unteren Wappenmedaillons.
  5. Zeile durch die unteren Teile der unteren Wappenmedaillons unterbrochen.

Anmerkungen

  1. Erhard, Topographie 1,2 148.
  2. Furth im Wald, Lkr. Cham/Opf.
  3. BayA1 23; der Kopf scheint hier analog zu dem Wappen Wenger mit einer Nachthaube bedeckt zu sein; laut Siebmacher trägt der Kopf beim Wappen Pfeil eine Zindelbinde.
  4. BayA1 18; siehe dort auch die Namensvariante Lampolzheimer.
  5. BayA1 191.
  6. Si5 76.
  7. Vgl. zur Schrift Epp, Epigraphische Minuskel 185ff.; DI 67 (Stadt Passau) L; auch Einleitungskapitel XLVI.
  8. Vgl. HAB Passau 124–131, vor allem 130; die Pfeil saßen unter anderem auch in der Hofmark Kleinaign, Gde. Eschlkam, Lkr. Cham/Opf., nahe Furth im Wald, vgl. HAB Kötzting 47.
  9. Der „Hauptmann vorm Wald“ saß seit Ende des 15. Jahrhunderts in Furth im Wald, Lkr. Cham/Opf. Ihm unterstanden in militärischen Angelegenheiten die Pfleger von Eschlkam und Neukirchen, vgl. hierzu HAB Kötzting 62. Der „Hauptmann“ ist mehr oder weniger einem Pfleger gleichzusetzen, vgl. Ferchl, Behörden 248f.
  10. Ferchl, Behörden 1354 und Ferchl, Behörden, Ergänzungsband 23; auch Hundt/Libius, Stammenbuch III, 525 und BSB Cgm 2290 19 fol. 314r; HAB Kötzting 47.
  11. Hartmann, Landstände 73.
  12. Vgl. HAB Passau 124–131, vor allem 130.
  13. BSB Cgm 2290 19 fol. 312r bis 316r.
  14. Vgl. dazu neben BSB Cgm 2290 evtl. auch Si5 76; ein Wolfgang Stächo ist 1519 als Pfleger von Eschlkam, Lkr. Cham/Opf., belegt. Auf seinen Familiennamen geht auch der Ortsname der ehem. Hofmark Stachesried, Gde. Eschlkam, Lkr. Cham/Opf., zurück, vgl. hierzu HAB Kötzting 53. Vielleicht war dieser der Vater oder zumindest ein Verwandter der Anna.
  15. Ferchl, Behörden 1354 und Ferchl, Behörden, Ergänzungsband 23; Georg Bernhard, Wolf Christoph und ein Otha sind auf S. 1354 als Söhne des Wolf Christoph Pfeil aufgeführt.
  16. Hundt/Libius, Stammenbuch III, 525; Stadt Wemding, Lkr. Donau-Ries/Schw.; dort ist heute kein Grabmal mehr nachweisbar, vgl. hierzu auch Kdm Donauwörth.

Nachweise

  1. BSB Cgm 2267 II fol. 168r f. (Wappenabzeichnungen ohne Inschriftentext); M.v.O. Msc. 39 p. 409 (Wappenabzeichnungen ohne Inschriftentext); BSB Cgm 2290 19 fol. 315vf.; Erhard, Topographie 1,2 148 (nur Teil des Textes); Florschütz, Denkmäler 159 (nur Namensnennung aus Inschrift und kurze Erläuterung).

Zitierhinweis:
DI 80, Passau I, Nr. 101 (Ramona Epp), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di080m014k0010106.