Inschriftenkatalog: Passau I (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 80: Passau I (2011)

Nr. 87 Hutthurm, Pfk. St. Martin 1520

Beschreibung

Figurale Grabplatte für Barbara von Watzmansdorf, geb. von Waldeck. Innen, an der Südwand des Chores, erste von Osten. Um 1899 noch hinter dem Hochaltar1). Hochrechteckige Platte, darin Relief: lebensgroße Darstellung der Verstorbenen in Kleid, Mantel und Haube, mit gesenktem Blick und gefalteten Händen, einen Rosenkranz haltend, auf der großen Abschlussperle Jesusmonogramm (I), vor ihr links und rechts unten je ein Vollwappen; die Verstorbene steht in einer Nische mit gotischem Netzgewölbe, über dem Gewölbe Blattranken, die in zwei Vogelkörper und -köpfe übergehen, die ineinander verschlungen sind. In den vier Ecken Ahnenwappen: je ein Medaillon mit Wappenschild in Relief; um das Relief Umschrift (II), von den Wappenmedaillons unterbrochen, am Ende der linken Langseite über dem Wappenmedaillon in verkleinerter Schrift fortgesetzt. Rotmarmor. Platte gut erhalten.

Maße: H. 208 cm, B. 106 cm, Bu. 1 cm (I), 5 cm (II).

Schriftart(en): Kapitalis (I), Gotico-Antiqua (II).

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. I.

    IE(SV)Sa)

  2. II.

    An(n)o d(omi)ni · 1520 · Am // tagb) petronell ist gestorb(e)n die Edl tugenthaft Fraw Barbara // gepornb) vo(n) waldeck // desb) Edln vn(d) vest(e)n degenharts vo(n) batznstarf zu leuprechting gmahel der got genadc)

Datum: 1520 Mai 31.

Wappen:
Watzmansdorf2), Waldeck3).
Waldeck3)Preysing4)
Ellerbach5)Pappenheim6).

Kommentar

Die Platte stammt von dem Passauer Bildhauer Jörg Gartner. Neben der kunsthistorischen Zuschreibung sprechen hierfür auch die Schriftformen7). Der Stil der Gotico-Antiqua ist mit der Spätphase der Schrift bei Jörg Gartner identisch. Bezeichnend sind hierfür in erster Linie die eher gestreckten Grundformen im Mittellängenbereich, die vor allem bei g und d zu einem beinahe senkrecht geformten linken Teil des Bogens führen. Daneben sind die Sporenansätze an den Schaftenden typisch für diese Phase. Die sich auf der linken Langseite häufenden Bogenverbindungen, darunter auch die eher ungewöhnliche Form der Verbindung h-t, sind wohl mit dem Platzmangel zu erklären, der sich in der letzten Zeile bemerkbar macht.

Barbara war die Tochter des Georg von Waldeck und einer Anna von Preysing, die eine Schwester eines Georg von Preysing gewesen sein soll8). Bei Krick erscheint diese Anna nicht, es findet sich aber ein Jörg von Preysing, der 1528 verstorben ist und dessen Eltern Wolf von Preysing zu Kopfsberg und Margareth Marschall von Pappenheim waren9). Der untere, heraldisch linke Wappenschild auf der Grabplatte Barbaras könnte demnach das Stammwappen der Pappenheim darstellen (vgl. Anm. 6). Es würde somit die Familie der Großmutter mütterlicherseits repräsentieren. Barbaras Großeltern väterlicherseits waren Bernhart von Waldeck und Gutta von Ellerbach10), die ebenfalls durch ihr Familienwappen auf der Grabplatte vertreten sind.

Barbara war die Ehefrau Degenharts II. von Watzmansdorf, den sie laut Prey um 1491 geheiratet haben soll11). Ursprünglich wurde ihrer bereits auf der Grabplatte für ihren Ehemann gedacht, der schon 1506 verstarb (Nr. 75). Sie überlebte ihren Gatten um 14 Jahre. Barbara und Degenhart hatten zusammen eine Tochter Sabina12).

Textkritischer Apparat

  1. Jesusmonogramm IHS, darüber nach oben ausgebuchteter Kürzungsstrich.
  2. Inschrift am Zeilenumbruch durch Wappenmedaillon unterbrochen.
  3. Ab der Schrift verkleinert (2 cm) über dem Wappenmedaillon.

Anmerkungen

  1. Vgl. Erhard, Topographie 1,1 156.
  2. OÖ 607.
  3. BayA1 58.
  4. Bay 19 bzw. OÖ 269.
  5. BayA1 134.
  6. Wahrscheinlich das Stammwappen der Pappenheim, der mutmaßlichen Großmutter Barbaras mütterlicherseits, vgl. Bay 18 und BayErg 8, vor allem Taf. 2: das Wappen entspricht weitgehend den Feldern 2 und 3 des vermehrten Wappens der Pappenheim, jedoch sind hier nicht sechs 3:2:1 gestellte Hütchen, sondern sieben 3:3:1 zu sehen.
  7. Vgl. zur kunsthistorischen Zuweisung vor allem Halm, Plastik 1, 239f.; vgl. zur Schrift Einleitungskapitel XLV.
  8. Hundt, Stammenbuch I, 355; auch Prey, BSB Cgm 2290 31 fol. 91v: er kennt im Unterschied zu Hundt den Namen der Mutter.
  9. Krick, Stammtafeln Nr. 138B.
  10. Hundt, Stammenbuch I, 355.
  11. BSB Cgm 2290 31 fol. 91v.
  12. Krick, Stammtafeln Nr. 205, OÖ 608 und Hundt/Libius, Stammenbuch III, 766.

Nachweise

  1. Leoprechting, Schätzl 153; ABP OA Sammlung Stinglhamer/Krick 221 (zweimal); Erhard, Topographie 1,1 156; Halm, Plastik 1, 239f., Abb. 222; Kdm Passau 144, Taf. XII; Harksen, Passauer Plastik 41f.

Zitierhinweis:
DI 80, Passau I, Nr. 87 (Ramona Epp), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di080m014k0008701.