Inschriftenkatalog: Passau I (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 80: Passau I (2011)

Nr. 75 Kellberg, Gde. Thyrnau, Pfk. St. Blasius 1506

Beschreibung

Figurale Grabplatte für Degenhart II. von Watzmansdorf zu Leoprechting und seine Ehefrau Barbara, geb. von Waldeck1). Innen, im Chor, an der Nordwand, im ersten Joch von Westen. Um 1899 noch hinter dem Hochaltar, links2). Hochrechteckige Platte, darin Relief: lebensgroße Darstellung des Verstorbenen in Harnisch, die Linke am Schwertgriff, mit der Rechten eine Fahne haltend, zu seinen Füßen links und rechts je ein Vollwappen; um das Relief herum Umschrift. Rotmarmor. Platte vor allem am unteren Rand leicht beschädigt, am linken Rand und unten graugrünlich gefärbt, in den Schriftvertiefungen Reste goldener Farbe sichtbar.

Maße: H. 214 cm, B. 104 cm, Bu. 6 cm.

Schriftart(en): Gotico-Antiqua.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. Hie ligt begrab(e)n Der Edl vest / Degenhart vo(n) Waczmstarf zu lewprechting der starb Am Abent Sant / Pangraczii Jm 1506 Jar Es leyt / auch hie begrab(e)n sein hausfraw Warbara vo(n) Waldecka)

Datum: 1506 Mai 11.

Wappen:
Watzmansdorf3), Waldeck4).

Kommentar

Die Platte stammt von dem Passauer Bildhauer Jörg Gartner5). Sie zeigt auch die typischen Buchstabenformen der Gotico-Antiqua, wie sie sich bei Gartner findet. Hierzu gehört beispielsweise die H-Initiale, bei der der unzialen Form ein eingerollter Zierstrich vorausgeht. Die Schriftausprägung weist in Gartners Frühphase, die auch das auf dem Stein genannte Jahr 1506 umfasst. Neben den relativ rundlichen, schwungvoll ausgeprägten g-Formen ist gerade für die Frühzeit die ovale d-Form charakteristisch.

Degenhart II. von Watzmansdorf war ein Bruder Christophs II. von Watzmansdorf (Nr. 74)6). Ihre Eltern waren Georg II. von Watzmansdorf zu Leoprechting und Sabina, geb. Pfäffinger (Nr. 56). Degenhart war mit Barbara, geb. von Waldeck (Nr. 87), verheiratet und hatte mit ihr zusammen nur eine Tochter namens Sabina. Degenhart ist 1492 als Pfleger von Deggendorf belegt. Er kaufte 1493 die Hofmark Engelsperg7), die nach seinem Tod an seinen Bruder Christoph überging8).

Textkritischer Apparat

  1. Rest der Langseite frei.

Anmerkungen

  1. Die Grabinschrift für Barbara (gest. 1520) ist nicht vollendet; ihr wurde später ein eigenes Grabmal gefertigt, das sich in der Pfarrkirche von Hutthurm befindet, vgl. Nr. 87.
  2. Vgl. Erhard, Topographie 1,1 210; auch BZAR Gen. 1279, Heft IV, 7. Seite „Kirche zu Kellberg“.
  3. OÖ 607.
  4. BayA1 6, 58.
  5. Vgl. hierzu Einleitungskapitel XLV.
  6. Allgemein zur Problematik der Familienverhältnisse der Watzmansdorfer vgl. Kommentar bei Nr. 29.
  7. Engelsperg: laut OÖ 608 am linken Donauufer flussabwärts unterhalb Niederaltaich; heute Dobl, Gde. Winzer, Lkr. Deggendorf (vgl. HAB Deggendorf 312).
  8. Zur Familie und zu Degenhart vgl. Krick, Stammtafeln Nr. 205; OÖ 608; Hundt/Libius, Stammenbuch III, 766; BSB Cgm 2290 30 fol. 450v.

Nachweise

  1. BZAR Gen. 1279, Heft IV, 7. Seite „Kirche zu Kellberg“; Leoprechting, Schätzl 153; ABP OA Sammlung Stinglhamer/Krick 221 (bez. „Tafel 9“); Halm, Plastik 1, 232 Abb. 213; Guby, Gartner Abb. 93 und 94, Kdm Passau 148, Fig. 120; Harksen, Passauer Plastik 41.

Zitierhinweis:
DI 80, Passau I, Nr. 75 (Ramona Epp), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di080m014k0007501.