Inschriftenkatalog: Passau I (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 80: Passau I (2011)

Nr. 43 Vornbach, Gde. Neuhaus am Inn, Friedhofsk. St. Martin (ehem. Pfk.) um 14801)

Beschreibung

Altarpredella. Altar heute im Chor als Hauptaltar, ehemals linker Seitenaltar in der Kirche St. Vitus in Eholfing, dort heute noch ehemaliger rechter Seitenaltar vorhanden (vgl. Nr. 42)1). Gotischer Flügelaltar: in der Mitte Schrein mit einer Skulptur der Pietà in einem Bogen aus Ast- bzw. Blattwerk; auf dem linken Flügel innen Gemälde der Hl. Anna Selbdritt; auf dem rechten Flügel innen die Hl. Barbara mit Kelch in der Rechten; auf der Predella Christus als Schmerzensmann in der Kelter, mit Beischrift im Nimbus (I), links von ihm Maria mit Beischrift im Nimbus (II), rechts von ihm der Hl. Johannes der Evangelist, in der Linken ein geöffnetes Buch, mit Beischrift im Nimbus (III), im Hintergrund Leidenswerkzeuge, von links nach rechts: Geißelsäule, Schwamm, Geißel, Lanze, drei Nägel; Rückseite der Flügel leer. Holz, bemalt. Altar restauriert, Teile wie das gotische Blattwerk über der Figurennische ergänzt, Predella oben beschnitten mit Text- und Bildverlust beim Nimbus von Jesus2).

Maße: H. 47 cm (Predella), B. 162 cm (Predella), Bu. 1,5 cm.

Schriftart(en): Frühhumanistische Kapitalis.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/4]

  1. I.

    NASZẠ[RENVS]a) · REX · IVDEOb)

  2. II.

    · Oc) MARIA · BIT GOT · FVR · Md)

  3. III.

    SAND · IOHANNES · PIT · GOT · FVR · VNSe)

Kommentar

Der Altar ist – ähnlich wie sein Gegenstück in Eholfing – restauriert. Beim Vergleich des heutigen Zustandes mit der Abbildung in Kdm (vor 1920) kann man erkennen, dass der Eingriff des Restaurators hier tiefgreifender war als in Eholfing. Früher befand sich eine andere Figurengruppe in der Nische des Altares. Die gemalten Teile waren erheblich verblasst. Somit liegt auf der Hand, dass auch die Schrift nachgezogen, wenn nicht sogar neu bzw. ergänzt ist (vgl. bes. Inschrift III). Daher ist bei einer Schriftanalyse Vorsicht geboten. Die frühhumanistische Kapitalis zeigt – ähnlich wie auf dem Altar in Eholfing – typische Formen wie epsilonförmiges E, spiegelverkehrtes N und A mit Deckbalken. Auffallendster Buchstabe ist jedoch das M bei MARIA, das wie eine Mischform aus A und byzantinischem M anmutet: die äußeren Schrägschäfte laufen oben zusammen, an der Spitze sitzen kleine Striche, die nach schräg oben zeigen, darunter sitzt ein (Mittel-)Balken von dem ein kurzer Schaft zur Grundlinie geht. Bei dieser Form ist jedoch zweifelhaft, ob es sich tatsächlich um den Originalzustand handelt.

Zur zeitlichen bzw. kunsthistorischen Einordnung der Inschrift vgl. Nr. 42.

Textkritischer Apparat

  1. Der obere Bereich des Nimbus ist abgeschnitten.
  2. Sic, für IVDEORVM Inschrift imaginär hinter dem Haupt Christi fortlaufend; am Ende nur noch oberer Teil des O erkennbar; mutmaßlich auch IESVS am Textbeginn unten, imaginär von Christushaupt verdeckt.
  3. Davor evtl. oberer Teil eines A erkennbar, möglicherweise ursprünglich für SAND MARIA (vgl. Inschrift III): S fiktiv von Schleier verdeckt, N verloren, D heute als O ergänzt.
  4. Wort wohl imaginär hinter dem Schleier fortlaufend, Ergänzung unsicher, wohl für MICH; Worttrenner in Form von Punkten auf der Zeilenmitte.
  5. Hier offenbar kein Wortbestand imaginär hinter dem Haupt des Johannes, Schrift möglicherweise vollständig bei Restaurierung ergänzt; Worttrenner in Form eines Punktes auf der Zeilenmitte.

Anmerkungen

  1. Kdm Passau 37f., Fig. 23.
  2. Vgl. zur Restaurierung: BLfD, Akt Eholfing, Kath. Nebenkirche St. Vitus: 1973–76 restauriert; in diesem Zusammenhang auch Beschluss, den Seitenaltar an die Friedhofskirche in Vornbach abzugeben; zur Restaurierung vgl. auch ältere Abb. in Kdm Passau Fig. 22.

Nachweise

  1. Kdm Passau 37f., Fig. 22; Harksen, Passauer Plastik 22f.; Schäffer, Vornbach 18 (erwähnt); Würdinger, Vornbach 27 (erwähnt).

Zitierhinweis:
DI 80, Passau I, Nr. 43 (Ramona Epp), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di080m014k0004309.