Inschriftenkatalog: Passau I (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 80: Passau I (2011)

Nr. 37 Vornbach, Gde. Neuhaus am Inn, Pfk. Mariae Himmelfahrt (ehem. Benediktinerabteik.) (1472)

Beschreibung

Zwei Fragmente einer Grabplatte, wahrscheinlich für den Vornbacher Abt Caspar Schmatz (gest. 1472). Lose im Abstellraum hinter der vierten nördlichen Seitenkapelle von Osten. Ursprünglich war Schmatz angeblich vor dem Kreuzaltar in der Klosterkirche bestattet; die Platte im 17. Jahrhundert offenbar im „Kapitelhaus“, zu Beginn des 20. Jahrhunderts(?) als „Steinbalken über der Treppe zur Gruft“ eingebaut, in Kdm Passau nicht erwähnt1). Ehemals hochrechteckige, figurale Grabplatte mit erhabener Umschrift in vertieftem Mittellängenband. Erhalten ist durch die beiden exakt aneinander passenden Fragmente der größte Teil der linken Langseite und ein knapper Teil der unteren Schmalseite. Vom ehemaligen Bildteil sind in der unteren linken Ecke Reste eines Wappenschildes und einer Schildhalterfigur erkennbar, am oberen abgebrochenen Ende Beine einer weiteren Figur, ursprünglich vielleicht ein Kissen oder einen Vorhang bzw. ein Bahrtuch haltend, vor den Beinen dieser Figur Rest von einem nicht identifizierbaren Reliefteil, wohl Stoff (Vorhang?, Kleidung?) verkörpernd. Rotmarmor. Die Fragmente als „Balken“ zugeschnitten.

Maße: H. 172 cm (beide Fragmente zusammen), B. 30 cm, Bu. 8 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versal.

  1. – – – ] Mona/sterya) · hic · sepultus · cuius · a(n)i(m)a · // requiescatb) · in · pa[cec) – – –

Übersetzung:

... dieses Klosters, hier begraben, dessen Seele in Frieden ruhe ...

Wappen:
Schmatz2)?

Kommentar

Die erhabene Gotische Minuskel zeigt sehr markante Zierlinien, die als Abschlussstriche am Ende an den Balken bzw. geknickten Bögen bei t, e, r und a anzutreffen sind. Solch markante Abschlussstriche finden sich vor allem in den Werken des Straubinger Meisters Erhart3).

Es wäre anzunehmen, dass im fehlenden Bildteil ein Abt dargestellt war, zu dessen Füßen sich sein Wappenschild (noch erkennbar) befand und dessen Kopf möglicherweise auf einem Kissen ruhte. Daher ist nicht auszuschließen, dass es sich bei dem nicht mehr identifizierbaren, offenbar eine Textilie darstellenden Objekt an der oberen rechten Ecke um einen Teil des Armes der Figur des Verstorbenen oder um einen Teil eines Kissens oder vielleicht eines Tuches handelt. Weiter unten sind zwei vertiefte Linien erkennbar, die evtl. zur Darstellung des Gewandes oder der sonstigen Ausstattung des Verstorbenen (z.B. untere Kante des Pannisellus eines Abtsstabes)4) oder wiederum zu einem Tuch gehörten. In den Werken Meister Erharts – der vor allem in den 50er, 60er und 70er Jahre des 15. Jahrhunderts greifbar ist – werden gerne kleine Figuren beispielsweise als Wappenhalter verwendet5). Derartige Figuren sind auf den Fragmenten in Resten erkennbar. Dieses Merkmal und auch der Schriftstil legen die Vermutung nahe, dass die (ehemalige) Platte in der Werkstatt Meister Erharts entstanden sein könnte. Diese stilistische Einordnung würde sich auch mit dem oben gegebenen Zeitansatz decken.

Der noch in Teilen erkennbare Wappenschild zeigt einen geteilten Balken. Es handelt sich hierbei also nicht um das Vornbacher Wappen. Da der Ort des Wappens auf der heraldisch rechten Seite der vornehmere Platz ist, findet sich dort in der Regel das wichtigere Wappen. Bei Äbten ist dies meist das Klosterwappen6). Auf der gegenüberliegenden Seite wäre dann das Familienwappen zu erwarten. Hier befindet sich aber offenbar das Familienwappen – mutmaßlich Schmatz – auf der heraldisch rechten Seite.

Es handelt sich höchstwahrscheinlich um Reste der Grabplatte für den Vornbacher Abt Caspar Schmatz, der von 1461 bis 1472 das Kloster leitete7). Er stammte offenbar aus adligem Geschlecht8). Er lies einen Psalierchor in der Kirche errichten9). Er verstarb nach den Informationen bei Rumpler 1472, die Galli, also am Festtag des Hl. Gallus, der auf den 16. Oktober fällt, und wurde in sepulchris caeterorum Patrum, in der Grablege der anderen Äbte, bestattet, die sich möglicherweise in der Johannes-Kapelle beim Kapitelsaal im mittelalterlichen Klosterkomplex befand10).

Textkritischer Apparat

  1. Vor dem Zeilenumbruch: Schäfte auf Höhe des oberen Endes des Mittellängenbereiches abgeschnitten.
  2. Davor Übergang von Fragment 1 auf Fragment 2.
  3. Worttrenner in Form eines Quadrangels mit oben und unten in die Länge gezogenen Spitzen auf der Zeilenmitte; unsicher, ob ursprünglich Text nachfolgte.

Anmerkungen

  1. Vgl. Bruschius, Supplementum p. 105; zum 17. Jh.: BHStA Klosterliteralien Formbach 26, fol. 146r: sepultus in domo capitulari; Situation am Beginn des 20. Jahrhunderts(?): ABP PfA Vornbach 3: „Die Gruft in der ehemal. Klosterkirche betr.“ (2. Seite).
  2. Zu erkennen ist ein geteilter Balken, der mit dem Wappenbild der Familie Schmatz, der Familie des von 1461 bis 1472 als Abt von Vornbach fungierenden Caspar Schmatz, korrespondiert, vgl. BayA1 177.
  3. Vgl. zum Schrifttyp: vor allem Seufert, Preu/Zeller, Anhang 3 (Musteralphabete); auch DI 67 (Stadt Passau) XLII.
  4. Vgl. hierzu z.B. die figurale Grabplatte des Abtes von Fürstenzell Johann Schleterer (Nr. 60); zum möglichen Aufbau der Grabplatte vgl. allgemein auch Beispiele bei Halm, Plastik 1, z.B.: Abb. 68, 84, 85, 94 und 121.
  5. Vgl. z.B. Halm, Plastik 1, Abb. 82, 92; Seufert, Preu/Zeller, z.B. Abb. 9.
  6. Vgl. hierzu z.B. die figurale Grabplatte des Abtes von Fürstenzell Johann Schleterer (Nr. 60), die Grabmäler für die Vornbacher Äbte Wolfgang Stingler (Nr. 105) und Christian Seßler (Nr. 115).
  7. Krick, Stabile Klöster 178; kurz auch Erhard, Topographie 2,6 69.
  8. Vgl. hierzu Rumpler, Historia Sp. 445 und BSB Cgm 2290 24 fol. 298v.
  9. Kdm Passau 240.
  10. Rumpler, Historia Sp. 448; Rumpler berichtet vor allem von den Vorgängern des Abtes Caspar Schmatz, dass sie ad S. joannem in Capitulo cum caeteris bestattet seien, vgl. hierzu Rumpler, Historia Sp. 443 und 445.

Zitierhinweis:
DI 80, Passau I, Nr. 37 (Ramona Epp), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di080m014k0003701.