Inschriftenkatalog: Passau I (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 80: Passau I (2011)

Nr. 31 Hauzenberg, Pfk. St. Vitus 1450–1459

Beschreibung

Drei Kapitelle mit Baunachrichten. Im Chor, am nördlichen, südöstlichen und südlichen Wandpfeiler. Inschriften vertieft. Bei Renovierungsarbeiten 2006 freigelegt, vorher vom Putz verdeckt1). Am nördlichen Kapitell Baumeistername (I) über zwei Zeilen, zweite Zeile verkleinert in der Kehle, an der Vorderseite des Kapitells Wappenschild, Wappenbild nicht mehr erkennbar; am südöstlichen Kapitell einzeilige Inschrift mit Jahresdatierung (II), davor ebenfalls Wappenschild mit erloschenem Bild; am südlichen Kapitell zweizeilige Inschrift mit Nennung eines Vikars (III), vor den beiden Zeilen kleines Relief: Steinbeil, am Kapitell vorne Wappenschild mit Kelch in Relief. Inschriften teils nicht mehr gut erkennbar, Schrift offenbar ursprünglich mit dunkler Farbe nachgezogen.

Maße: Bu. 3 cm (III), 4 cm (I), 5 cm (II).

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/6]

  1. I.

    hans altaher deṣ / paṿṣ // maist[er]a)

  2. II.

    anno · d(omi)ni M45[.]b)

  3. III.

    herc) · mathe[us]d) / diec) zeit ụịkari

Wappen:
unbekannt2).

Kommentar

Die drei Inschriften weisen unterschiedliche Schriftgrößen auf. Inschrift III wirkt eher breiter, Inschrift I hingegen macht einen mehr gestreckten Eindruck. Oberlängen sind teils relativ ausgeprägt, wie z.B. beim t und beim h ersichtlich ist. Auch der obere Bogen des doppelstöckigen a wird tendenziell nach oben gezogen und macht dort einen runden Bogen.

Die Inschriften dokumentieren offenbar den Bau des Chores: sie geben Auskunft über das Baujahr, den leitenden Baumeister und den zu der Zeit zuständigen Geistlichen. Leider konnte bislang kein Baumeister Hans Altaher und auch kein Vikar Matheus näher identifiziert werden3). Der Nachname des Baumeisters „Altaher“ erinnert an die lateinische Ortsnamensform „Altaha“ des Klosters Niederalteich4). Da aber sonst nichts zu diesem Hans bekannt ist, muss offen bleiben, ob es sich bei der Ähnlichkeit des Namens um Zufall handelt oder ob sich dahinter die Herkunftsbezeichnung des Baumeisters verbergen könnte.

Mit den Daten können nun konkrete Angaben zur Baugeschichte gemacht werden. Entgegen Miller, der vermutete, dass die Kirche erst unter dem um 1467 belegten Pfarrvikar Chunrat Syndelsdorffer und dessen Vertreter Leonhard Gottfried erbaut wurde5), muss der Chor schon unter einem Vorgänger begonnen worden sein. Unter Syndelsdorffer kann nur noch das Langhaus entstanden sein.

Nach Miller dürfte das Hauzenberger Gotteshaus, das bisher Filialkirche von Kellberg war, zu der Zeit des Baus vielleicht zur Pfarrkirche erhoben worden sein. Aus dem Jahre 1460 stammt jedenfalls einer der ältesten Belege für die „Hawtzenperger pfarr“6).

Textkritischer Apparat

  1. Zweite Zeile in kleinerer Schrift: Bu. 3 cm; Zeile durch das Wappen geteilt; am Inschriftenende kein Kürzungszeichen erkennbar.
  2. Möglicherweise 1, 2 oder 3.
  3. Davor die Axt.
  4. Kein Kürzungszeichen erkennbar; Auflösung unsicher, lies evtl. auch mathes.

Anmerkungen

  1. Für den Hinweis zur Entdeckung der Bauinschriften danke ich herzlich Herrn Diözesankunstreferenten Alois Brunner, Passau.
  2. Ein Kelch; wohl als Symbol für den Vikar Matheus; unsicher, ob es sich hierbei um ein tatsächliches Wappen handelt.
  3. Vgl. zu den Vikaren in Hauzenberg Liste bei Krick, Seelsorgevorstände 504: Er nennt einen Nikolaus Plenkel, der urkundlich 1414 und 1416 greifbar ist. Im Anschluss führt er Chunrad Syndelstorffer auf, der erst 1467 urkundlich belegt ist und der für Hauzenberg einen Vikar gehabt haben soll. Somit ergibt sich also für die 50er Jahre des 15. Jahrhunderts eine Lücke, in die der inschriftlich genannte Matheus – neben möglichen anderen – eingefügt werden muss. Ein ähnliches Bild ergibt sich aus der Liste der Vikare in Kellberg, wo der für Hauzenberg aufgereihte Syndelstorffer ebenfalls dieses Amt inne gehabt haben soll (Krick, Seelsorgevorstände 522): hier klafft eine zeitliche Lücke zwischen den Jahren 1431 (Ulrich Gruber und Peter Pernold) und einem Pfarrer Niklas, der um 1460 verstarb. Es findet sich also auch hier kein passender Vikar Matheus. Ähnlich Miller, Hauzenberg 88f.
  4. Benediktinerabtei Niederalteich, Lkr. Deggendorf.
  5. Vgl. hierzu z.B. Kdm Wegscheid 39: hier nur Angabe, dass der Bau seit dem früheren 15. Jahrhundert erfolgte; Dehio NB 205 hingegen datiert die Entstehung des Chores gegen Ende des 15. Jahrhunderts ein; Miller, Hauzenberg 88f.; Miller, Lkr. Wegscheid 43.
  6. Vgl. hierzu Miller, Hauzenberg 89.

Zitierhinweis:
DI 80, Passau I, Nr. 31 (Ramona Epp), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di080m014k0003109.