Inschriftenkatalog: Passau II (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 101: Landkreis Passau II (2018)

Nr. 273 Ortenburg, Schloss (1574–75)

Beschreibung

Bauinschrift Graf Joachims von Ortenburg am Rauchfang des Kamins. Innen, Nordflügel bzw. Torbau, zweiter Stock, im sogenannten Rittersaal, Ostwand. Gesims mit Bauinschrift im Fries, darüber von Voluten begrenzter Aufsatz, oben von einem Gesims abgeschlossen, darüber Feuerkugel, im Aufsatz eingesetztes, konvexes Medaillon mit Wappenrelief. Inschrift aus zwei Distichen, in zwei Kolumnen nebeneinander. Rotmarmor, Medaillon und aufgesetzte Kugel Kalkstein, Strahlen Metall.

Maße: H. (Inschriftenfries) 15 cm, B. (Inschriftenfries) 169 cm, Bu. 2 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. HASa) PROPRIIS STRVXIT IOACHIMVS . SVMPTIBVS AEDES;ORTTENBVRGIACAE LVMEN, HONORQ(VE)b) DOMVSc).HVNC BONA POSTERITAS MERITOd) LAVDABIT, EIQ(VE)b)PRO TANTIS GRATES GRATA AGET OFFICIIS.

Übersetzung:

Diese Gemächer errichtete aus eigenen Mitteln Joachim – des Ortenburger Hauses Licht und Ehre. Dies wird die gute Nachwelt verdientermaßen loben und ihm für so viele Dienste dankbar Dank sagen.

Versmaß: Distichen.

Wappen:
Ortenburg.

Kommentar

Dinzinger weist den Wappentondo aus Plattenkalk auf Grund der Ähnlichkeit in der Gestaltung der archivalisch für Pötzlinger gesicherten Supraporten1) diesem Bildhauer zu. Die Gesamtgestaltung des Kamins will sie dem bereits als Mitarbeiter Pötzlingers für die Denkmäler von Anton (vgl. Nr. 272) und Joachim (vgl. Nr. 280) von Ortenburg gesicherten Christoph Stiber zuschreiben, wobei sowohl eine Beteiligung Pötzlingers am Gesamtentwurf als auch eine direkte Einflussnahme Graf Joachims möglich erscheinen2). Die Inschrift wäre wohl Christoph Stiber zuzuweisen.

Die Schrift zeigt eine sich am klassischen Vorbild stark orientierende Kapitalis mit Wechsel von Haar- und Schattenstrichen und von breiteren und schmäleren Formen. Die R-Cauda ist stachelförmig und setzt am Bogen an. Ebenso die Q-Cauda. Der Mittelteil des M reicht nicht bis auf die Grundlinie, die Außenschäfte sind senkrecht gestellt. Dieses Schriftbild entspricht nicht grundsätzlich allen Ortenburger Stücken, die mit Christoph Stiber in Verbindung gebracht werden (vgl. Einleitung 32).

Zu datieren ist der Kamin auf Grund der Rechnung für seine Versetzung in die Jahre 1574/753). Unklar ist, ob der Kamin zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses für die Versetzung bereits fertig war oder ob die Ausführung der Steinmetzarbeit – wie Dinzinger annimmt – in die Zeit zwischen Vertragsabschluss und -erfüllung zu datieren ist.

Textkritischer Apparat

  1. Am Beginn jedes Verses sowie bei IOACHIMVS Anfangsbuchstabe vergrößert.
  2. Über Q ein Accentus acutus.
  3. Es folgt der Wechsel zur rechten Kolumne.
  4. Über dem O ein Accentus acutus.

Anmerkungen

  1. Vgl. Dinzinger, Hans Pötzlinger 154-156.
  2. Dinzinger, Hans Pötzlinger 175.
  3. Dinzinger, Hans Pötzlinger 175 und Anhang U 29. Der Aldersbacher Maurermeister Wolf Gabler schloss am 31. Dezember 1574 einen Vertrag mit Graf Joachim über die Versetzung des Kamins. Am 14. November 1575 ist der Vertrag erfüllt.

Nachweise

  1. Kdm NB XIV (Vilshofen) 253; Schellnhuber, Schloß 33 (deutsche Übersetzung); Dinzinger, Hans Pötzlinger 173-175.

Zitierhinweis:
DI 101, Landkreis Passau II, Nr. 273 (Ramona Baltolu / Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di101m019k0027308.