Inschriftenkatalog: Passau II (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 101: Landkreis Passau II (2018)

Nr. 224 Aldersbach, Pfk. Mariä Himmelfahrt (ehem. Zisterzienserabteik.) vor 1544 Oktober 11

Beschreibung

Grabinschrift für den Abt Wolfgang Marius (Mair) auf einer figuralen Grabplatte. Innen, in der Bernhardskapelle, an der Nordwand, am Wandvorsprung. Hochrechteckige Platte mit Umschrift, im durch zwei Linien abgegrenzten Feld Relief, lebensgroße Darstellung des Abtes in Kukulle mit Birett, in der Rechten ein geschlossenes Buch, in der Linken Abtsstab mit Pannisellus, zu seinen Füßen links und rechts je ein Wappenschild; übriger Hintergrund ungestaltet. Rotmarmor.

Maße: H. 242 cm, B. 118 cm, Bu. 7 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

© BAdW München, Inschriftenprojekt [1/1]

  1. Abbas Bolfgangus Marivs post / fata sub isto ∙Marmore co(m)putrui et vermib(us) esca fui ∙Munera viue(n)ti tua / qui mihi spo(n)te dedisti ∙Defu(n)cto / requie(m) da mea christe salus ∙O(biit)a) ∙ Anno ∙ 15<44> ∙ die <v(er)o 11 Octobr(is)> ∙

Übersetzung:

Ich, Abt Wolfgang Marius, bin nach meinem Tod unter diesem Marmor verfault und eine Speise für die Würmer geworden. Der Du mir als Lebendem Aufgaben1) nach Deinem Willen gegeben hast, verleihe mir als Verstorbenem (ewige) Ruhe, Christus, mein Heil. Er starb im Jahre 1544, am 11. Tag des Oktobers.

Versmaß: Distichen.

Wappen:
Kloster Aldersbach2), Abt Wolfgang Marius3).

Kommentar

Kdm stellt eine Verbindung dieser Platte mit der für Haug Zeller und seine Ehefrau Anna, geb. Hölltampf, in der Karmelitenkirche in Straubing her, gibt jedoch keine Kriterien für diese Zuweisung an4). Die Realisierung des Bildteiles erscheint sehr verschieden.

Von inschriftenpaläographischer Seite ist die Zuschreibung ebenfalls nicht haltbar. Einziges auffallendes Merkmal, das ähnlich erscheint, sind die leicht gegabelten Oberlängen. Ansonsten können wenig Details festgemacht werden, die vergleichbar erscheinen. Unterschiede bestehen besonders bei der Oberlänge von Schaft-s und bei der Unterlänge von g.

Die Gotische Minuskel auf der Grabplatte für Abt Marius zeigt eine Tendenz zur Parallelogrammform, was besonders bei den Buchstabenkörpern von rundem d, g und o zum Tragen kommt (vgl. Einleitung 26).

Die Darstellung des Abtes weicht von der seiner Vorgänger ab. Während sich alle Äbte nach Johannes Pluetl (vgl. Nr. 49) mit den Pontifikalien darstellen ließen, wählte Marius wohl bewusst die Darstellung in Kukulle mit Buch und Abtsstab. Kalhammer weist auf die Kritik Marius' am Umgang mit den Pontifikalien durch die Äbte seiner Zeit hin. Er meint, das Denkmal sei von Marius noch zu Lebzeiten in Auftrag gegeben worden, um mit seiner Memoria ein mahnendes Wort an seine Nachfolger zu richten5).

Auffallend bei der Darstellung ist auch die Verwendung des Flachreliefs, bei der der Hintergrund nicht ausgearbeitet ist.

Abt Wolfgang Marius wurde am 18. Oktober 1469 in Oberdorfbach (Gde. Ortenburg) geboren, sein Taufname war Lukas. 1489 trat er ins Kloster Aldersbach ein, studierte ab 1493 in Heidelberg und erwarb den Grad eines Magister artium. 1497 wurde er in Passau zum Priester geweiht, 1498 erhielt er die Pfarrstelle zu St. Peter in Aldersbach und war Hauskaplan des Abtes Simon (vgl. Nr. 170). 1501 wurde er Prediger in Kößlarn, 1504 Pfarrer in Rotthalmünster. Am 2. Juni 1514 wurde er als Nachfolger des Johannes Riemer zum Abt gewählt. Er brachte das Kloster wirtschaftlich wieder in die Höhe, setzte die Klostergebäude in Stand und baute ab 1518 die Kirche in Kößlarn neu. 1522 war er Mitglied der bayerischen Reformkommission, die alle bayerischen Klöster visitieren sollte. Er war ein bedeutender theologischer Autor. 1537 konnte er aus Altersschwäche an der Salzburger Provinzialsynode nicht mehr teilnehmen. Am 11. Oktober 1544 starb er in Aldersbach und wurde in der Abteikirche beigesetzt6).

Textkritischer Apparat

  1. Ergänze vielleicht auch O(bii).

Anmerkungen

  1. Das lateinische munus kann sowohl im Sinne von Aufgabe, Pflicht als auch im Sinne von Geschenk oder Gnadengabe verstanden werden. Marius spielt hier bewusst mit der Doppeldeutigkeit des Begriffs, vgl. dazu auch Kalhammer, Grabdenkmal 65.
  2. Zimmermann, Klosterheraldik 32.
  3. V und M verschränkt für V(OLFGANG) M(ARIUS), bei Zimmermann, Klosterheraldik 33, leicht abweichend.
  4. Vgl. Kdm NB XIV (Vilshofen) 51.
  5. Vgl. Kalhammer, Grabdenkmal 65 und Marius, Annales c. XLVII (ed. Hartig II, 26f.).
  6. Hauschild, Abt Wolfgang Marius 185-187; laut Nessel, Supplementum Bruschianum p. 83, wurde er in der neuen Kapelle (sacello novo), die von einem Ekkhartinger gestiftet worden sei, beigesetzt.

Nachweise

  1. Cgm 5608 fol. 42r; BHStA KL Aldersbach 17 p. 551 Nr. 44; Nessel, Supplementum Bruschianum p. 83; Mannstorff, Epitome 82; Kdm NB XIV (Vilshofen) 50f., Fig. 29; Kalhammer, Grabdenkmal, passim, Abb. 39; Liedke, Zisterzienserabtei 22; Högg, Aldersbach Nr. 36.

Zitierhinweis:
DI 101, Landkreis Passau II, Nr. 224 (Ramona Baltolu / Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di101m019k0022401.