Inschriftenkatalog: Passau II (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 101: Landkreis Passau II (2018)

Nr. 194 Ruhstorf an der Rott, Fk. Mariä Himmelfahrt 1520

Beschreibung

Sterbeinschrift der Elsbeth von Ruhstorf auf einer Wappengrabplatte. Innen, Langhaus, Südwand, vierte Platte von Westen. Hochrechteckige Platte, oben Inschrift in acht Zeiten, unten in der Mitte kreisförmiges Medaillon, an den vier Seiten mit Linienornamenten verziert, darin zwei Wappenschilde. Rotmarmor.

Maße: H. 161 cm, B. 84 cm, Bu. 6 cm.

Schriftart(en): Gotico-Antiqua.

© BAdW München, Inschriftenprojekt [1/1]

  1. An(n)o d(om)inj · 1 ∙ 5 ∙ 20a) · Jar An / Freitag ∙ nach Lucie Starb dy / Edl Frav Ellspet Jorg(e)n Rüest/ạrffers zu Wanckham haus/[f]rav Sällige der got gene/dig Sein wölle Amen

Datum: 1520 Dezember 14.

Wappen:
Freudenberg1), Ruhstorf2).

Kommentar

Die Gotico-Antiqua orientiert sich sehr stark an den Formen Jörg Gartners (vgl. zu dessen Schriftstil Einleitung 29). Allerdings wirkt die Inschrift in ihrer Ausführung ein wenig unsicher. Die Formen sind teils nicht sauber gestaltet und neigen sich leicht nach rechts. Die Inschrift wurde vielleicht nicht in der Werkstatt Gartners gefertigt, sondern von einem Handwerker, der Gartners Stil nachzuahmen versuchte. Zumindest wurde die Ausführung der Inschrift nicht mit der gewohnten Präzision – vielleicht ohne oder nur mit mangelhafter Vorzeichnung oder Ähnlichem – vorgenommen. Interessanterweise erinnern ein paar wenige Details an die Gotico-Antiqua des sogenannten Meisters von Braunau (vgl. Einleitung 30): So fällt k mit geradem oberen Schrägbalken aus dem Formenrepertoir Gartners. Hingegen findet sich eine ähnliche Form beim Meister von Braunau3). Als weiteres Element erscheint Bogen-r, das auf mittlerer Höhe in den vorhergehenden Buchstaben hineinragt, hier beispielsweise bei der. Ebenso entspricht die Form des runden d nicht der Stilisierung, wie sie bei Gartner in der Endphase – also um 1520 – auftritt, sondern mehr dem d des Meisters von Braunau. Wie diese Formenkonstellation genauer zu interpretieren ist, muss aus Mangel an Hintergrundinformationen leider offen bleiben.

Die unsichere Umsetzung der Inschrift spiegelt sich auch in der Verschreibung bei der Jahreszahl wider: An der Einerstelle steht sowohl ein 0 als auch ein 1, wobei nicht entschieden werden kann, welche Zahl zuerst dastand. Da das Luzienfest im Jahre 1521 selbst auf einen Freitag fiel, erscheint die Tagesdatierung für das Jahr 1520 wahrscheinlicher. Leider konnte das Sterbejahr nicht über eine andere Quelle verifiziert werden.

Elsbeth war die erste Ehefrau des Georg von Ruhstorf zu Wangham4). Cgm 2290/23 gibt an, sie sei eine Freudenbergerin gewesen, weist aber auch darauf hin, dass er dies nur aus dem Wappen erschließe. Georg hatte wie sein Vater Wolfgang (vgl. Nr. 121) das Amt des Pflegers auf dem Innbrückenturm in Schärding inne.

Textkritischer Apparat

  1. Senkrecht durch 0 ein Schaft, vielleicht für 1, möglicherweise Verschreibung.

Anmerkungen

  1. Siebmacher Bay 77.
  2. Siebmacher Si1 80.
  3. Vgl. Liedke, Paumgartner-Epitaph Abb. 12 (Grabplatte für Georg und Margarete Alhartspeck).
  4. Wangham, heute Markt Rotthalmünster, Sitz der Ruhstorfer, vgl. HAB Altbayern I, 19 (Griesbach) 125.

Nachweise

  1. Cgm 2267/2 fol. 89v; Cgm 2290/23 fol. 400r; Cgm 2002 fol. 123r, linke Spalte; Kdm NB XXI (Griesbach) 273; Chronik Ruhstorf 185f. (mit Nachzeichnung).

Zitierhinweis:
DI 101, Landkreis Passau II, Nr. 194 (Ramona Baltolu / Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di101m019k0019406.