Inschriftenkatalog: Passau II (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 101: Landkreis Passau II (2018)

Nr. 56 St. Salvator, Gde. Bad Griesbach, Pfk. St. Salvator (ehem. Prämonstratenserabteik.) vor 1453

Beschreibung

Sterbeinschrift für Abt Petrus Zistler auf einer figuralen Grabplatte. Innen, Langhaus, Südseite, erste Kapelle von Osten, Südwand. Ursprünglich in der mittelalterlichen Klosterkirche, in der Allerheiligenkapelle im Boden, dort noch im 18. Jahrhundert1), später, vielleicht nach der Säkularisation, in die heutige Pfarrkirche transferiert. Hochrechteckige Platte mit Umschrift (I), im Mittelfeld Flachrelief, der Verstorbene im Chorgewand mit Almutie, das Birett auf dem Haupt, in der Rechten den Abtsstab, in der Linken ein Buch, der Kopf ruht auf einem Kissen, zu seinen Füßen links Wappenschild. Hinter dem Schild emporwachsend kleine Figur eines Mönches, mit der Linken den Abtsstab haltend, über deren Kopf ein kleines offenes Buch mit erhabener Inschrift (II). Rotmarmor. Obere linke Ecke fehlt.

Maße: H. 214 cm, B. 98 cm, Bu. 7 cm (I), 1,5 cm (II).

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

© BAdW München, Inschriftenprojekt [1/2]

  1. I.

    Annoa) ∙ d(omi)ni ∙ Mo ∙ cccco ∙ <liijo> ∙ i(n) die ∙ / <∙ dedicac(i)o(n)is> O(biit) ∙ Venerabilis ∙ p(ate)r ∙ (et)b) ∙ d(omi)n(u)s ∙ d(omi)n(u)s ∙ Pet[r]us ∙ / xijc)p(re)posit(us) ∙ dict(us) ∙ czistlar ∙ (et)b) ∙ / prim(us) ∙ aḅḅas ∙ hui(us) ∙ loci ∙ ei(us) ∙ a(n)i(m)a ∙ requiescatd) ∙ i(n) ∙ pace ∙ Amen ∙

  2. II.

    fr(ater) ∙ Sbeiile) / cap(pe)lan(us)

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1453 am Tag der Weihe starb der ehrwürdige Vater und Herr, Herr Petrus, zwölfter Propst, genannt Zistler, erster Abt dieses Ortes. Seine Seele ruhe in Frieden. Amen. (I)

Bruder Sbeil(?), Kaplan. (II)

Datum: 1453 April 16 oder November 92).

Wappen:
Abt Petrus Zistler3).

Kommentar

Über die charakteristische Schrift kann die Platte mit der Werkstatt des Straubinger Meisters Erhart in Verbindung gebracht werden (vgl. Einleitung 23).

Petrus Zistler wurde 1431 zum Propst des Prämonstratenserkloster St. Salvator gewählt. Er brachte das Kloster wirtschaftlich wieder in die Höhe, nicht zuletzt, da er 1437 vom Passauer Bischof eine bessere Dotation seines Klosters, unter anderem mit der großen Pfarrei (Ober-)Uttlau erreichte. Er entfaltete eine reiche Bautätigkeit und errichtete unter anderem auch die Allerheiligenkapelle als seine Grablege4). Zistler war auch als religiöser Schriftsteller tätig. Unter seiner Regentschaft wurde die Propstei zur Abtei erhoben und Zistler erhielt am 13. September 1441 von dem General-Visitator des Ordens, Johannes von Hannonia, den Gebrauch der Pontifikalien5). Seiner wird im Necrologium am 16. April gedacht6). Petrus Zistler war selbst der Verfasser dieses Necrologiums, das – wohl nicht zuletzt deshalb – auch ein Gebetsgedenken für seinen Vater Hans am 28. März und seine Mutter Anna am 3. Mai vermerkte. Unsicher ist die Lesung der Beischrift zum stabhaltenden Mönch; unklar bleibt sowohl, ob die Auflösung fr(ater) für das gekürzte erste Wort haltbar ist oder ob es sich um die Abkürzung eines Vornamens handelt, als auch, wie der mit mehreren, vielleicht als Kürzungszeichen zu verstehenden Linien über den Buchstaben versehene Nachname zu lesen ist. Eine befriedigende Identifizierung über das Necrologium von St. Salvator oder die von Krick erarbeiteten, für diese Zeit aber äußerst lückenhaften Listen der Konventualen gelingt nicht.

Die Grabplatte zeigt Zistler in Chorkleidung mit dem Abtsstab, jedoch ohne die ihm verliehenen Pontifikalien. Die Verleihung der Pontifikalien wird nur in der Umschrift erwähnt. Unklar bleibt, ob die figurale Darstellung bereits vor der Verleihung der Pontifikalien gefertigt wurde oder ob Zistler bewusst auf deren Darstellung verzichtet hat. Huber stellt die Platte in Zusammenhang mit der 1449 errichteten Abtsgrablege, dies würde für einen bewussten Verzicht auf die Pontifikalien sprechen.

Textkritischer Apparat

  1. Ecke abgebrochen, A beschädigt.
  2. Tironisches et.
  3. Es folgt ein us-Haken für duodecimus.
  4. Verschreibung, anstelle des c fälschlich t.
  5. Erkennbarer Buchstabenbestand; unklar, ob gekürzt bzw. wie aufzulösen.

Anmerkungen

  1. Obersteiner schreibt in seiner Chronik noch ruhet unter einem großen Marmor Stein womit seine Ruhe Stadt bedecket, vgl. Backmund, Deutsche Chronik 264. Vor der Verbringung in die Pfarrkirche soll die Platte in einem Schafstall verwahrt gewesen sein, vgl. Huber, Mittelalterliche Klosteranlage 33.
  2. Die Auflösung des Datums ist nicht ganz klar. Dedicatio (ecclesiae) meint den Tag der Kirchweihe einer spezifischen Kirche, in diesem Fall also wohl der Kirche des Prämonstratenserklosters St. Salvator. Dieser Weihetag ließ sich nicht ermitteln. Es wird deshalb hier der Sterbetag, den das Necrologium von St. Salvator bietet, zu Grunde gelegt. Denkbar wäre auch ein Bezug zum weltweit gefeierten Weihetag der Lateranbasilika (auch eine Salvatorkirche), dann wäre der 9. November der Sterbetag.
  3. Zimmermann, Klosterheraldik 143.
  4. Zur Bautätigkeit finden sich detaillierte Aufzeichnungen von Zistlers Hand in der Necrologiumshandschrift Clm 1035 p. 361ff. Vgl. dazu Huber, Mittelalterliche Klosteranlage 13-15.
  5. Siebmacher, Klö 38; Huber, Mittelalterliche Klosteranlage 12-18. Die Allerheiligenkapelle überstand zusammen mit einer weiteren Kapelle als einzige den großen Brand von 1632 und blieb noch bis ins 19. Jahrhundert erhalten.
  6. MGH Necrologia Germaniae IV, 174. Im Necrologium von Asbach ist der Gedenktag der 15. April, vgl. MGH Necrologia Germaniae IV, 82.

Nachweise

  1. Cgm 2267/2 fol. 91r; Kdm NB XXI (Griesbach) 296, Fig. 184; Huber, Mittelalterliche Klosteranlage 32f., Abb. 16, 17, 19.

Zitierhinweis:
DI 101, Landkreis Passau II, Nr. 56 (Ramona Baltolu / Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di101m019k0005606.