Inschriftenkatalog: Passau II (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 101: Landkreis Passau II (2018)

Nr. 49 Aldersbach, Pfk. Mariä Himmelfahrt (ehem. Zisterzienserabteik.) zwischen 1444 und 1448 März 10

Beschreibung

Sterbeinschrift für den Abt Johannes Pluetl auf einer figuralen Grabplatte. Innen, Kapellenkranz, Nordseite, zweite Kapelle von Westen, Nordwand. Hochrechteckige Platte mit Umschrift zwischen vertieften Linien, darin Relief mit lebensgroßer Darstellung des Verstorbenen in Ornat mit Mitra, Kasel, Brustkreuz und Pontifikalhandschuhen, der Kopf ruht auf einem Kissen, mit der Linken den Abtsstab mit Pannisellus haltend, in der Rechten ein geschlossenes Buch, in der rechten unteren Ecke, im Bereich des Schriftrands, ein Wappenschild. Rotmarmor. Oberfläche und Rand teils stärker beschädigt, die untere Schmalseite vom modernen Fußboden verdeckt.

Text und Wappen ergänzt nach Cgm 5608.

Maße: H. 207 cm (zugänglich), B. 108 cm, Bu. 7 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

© BAdW München, Inschriftenprojekt [1/1]

  1. Anno ∙ d(omi)ni ∙ M ∙ cccca) ∙ <xlviij ∙ / Dominica ∙ Judica ∙>b) Obyt ∙ frater ∙ Johannes ∙ pḷụẹṭḷc) // [Abbas in Alderspach primus / Impetr]atord) ∙ ịnfule ∙ hic ∙ sepult(us) ∙ Cui(us) ∙ a(n)i(m)a ∙ requiescat ∙ in ∙ pace ∙

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1448, am Sonntag Judica, starb Bruder Johannes Pluetl, Abt in Aldersbach, erster Erlanger der Inful, er (liegt) hier begraben. Seine Seele ruhe in Frieden.

Datum: 1448 März 10.

Wappen:
Kloster Aldersbach1).

Kommentar

Liedke weist die figurale Grabplatte Johannes Pluetls aus stilistischen Erwägungen dem Meister des Denkmals für Paul von Polheim in Passau zu2). Dieses wiederum wird bereits von Halm dem Meister der Grabplatte für Ulrich Kastenmayr in Straubing zugeschrieben3).

Aus inschriftenpaläographischer Sicht können hier keine Abhängigkeiten ermittelt werden. Der Vergleich der Inschriften auf dem Polheimdenkmal und der Pluetl-Platte zeigt keine auffälligen Ähnlichkeiten.

Betrachtet man die Schriftausprägung auf der Platte für Johannes Pluetl genauer, so ergeben sich weitaus mehr Anklänge an die Gotische Minuskel auf der figuralen Grabplatte für Ulrich von Ortenburg in Passau, die dem Straubinger Meister Erhart zugeschrieben wird4) (vgl. auch Einleitung 23).

Die Lesung des Familiennamens auf der Grabplatte ist unsicher: der Name beginnt mit einem Mittellängenschaft, auf den ein Schaft folgt, der in die Unterlänge geht und unmittelbar unter der Grundlinie einen Balken aufweist. Eine solche Form erinnert eher an ein q. Für die Lesung pluetl müsste es sich um ein spiegelverkehrtes p handeln, was eher ungewöhnlich erscheint. Es folgt weiter ein Schaft, der in die Oberlänge reicht (l?), zwei Mittellängenschäfte (u?), ein oben nach rechts gebrochener Schaft, der am Ende einen Haarstrich nach unten aufweist (e?). Danach sind zwei weitere auf der Grundlinie gebrochene Schäfte erkennbar, von denen jedoch die Gestaltung des oberen Endes nicht mehr sichtbar ist (Putz bzw. Abwitterung). Dazwischen ist jedoch noch ein zum vorletzten Schaft gehörender Haarstrich erkennbar, wie er an e, r oder t auftritt. Die Lesung tl wäre hier also möglich.

Abt Johannes Pluetl (1442-1448) stammte aus dem nahen Hofkirchen. Mit ihm begann für Aldersbach nach einer Zeit des Stillstandes eine neue Blüte. Er war vor seiner Abtswahl auf den klostereigenen Gütern in Krems an der Donau tätig. Pluetl gelang es, 1444 auf dem Konzil von Basel die Pontifikalien für sein Kloster zu erlangen. Die Erlangung der Pontifikalien ist auch Thema der Sterbeinschrift. Die noch zu Lebzeiten angefertigte Platte ist daher in die Zeit nach der Erlangung der Pontifikalien zu datieren. Abt Johannes wurde im Kapitelsaal beigesetzt5).

Textkritischer Apparat

  1. Oberer Rand im Bereich von M ∙ cccc beschädigt, daher nicht mehr erkennbar, ob ursprünglich Kasusendungen vorhanden waren.
  2. Es folgt eine freigelassene Stelle.
  3. p spiegelverkehrt? Es folgt der Wappenschild.
  4. Genauer Ort des Zeilenumbruches unsicher; ursprünglicher Wortbestand möglicherweise gekürzt; an der linken Langseite noch Schaftreste erkennbar.

Anmerkungen

  1. Zimmermann, Klosterheraldik 32.
  2. Liedke, Zisterzienserabtei 24.
  3. Halm, Süddeutsche Plastik I, 74f., zum Denkmal für Paul von Polheim vgl. DI 67 (Stadt Passau) Nr. 132, Abb. 67.
  4. Vgl. DI 67 (Stadt Passau) Nr. 150, Abb. 70, mit weiteren Belegen.
  5. Nessel, Supplementum Bruschianum p. 78.

Nachweise

  1. Cgm 5608 fol. 41r; BHStA KL Aldersbach 17 p. 549 Nr. 43; Kdm NB XIV (Vilshofen) 51, Fig. 30; Liedke, Zisterzienserabtei 24, Abb. 12; Högg, Aldersbach Nr. 28.

Zitierhinweis:
DI 101, Landkreis Passau II, Nr. 49 (Ramona Baltolu / Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di101m019k0004905.