Inschriftenkatalog: Passau II (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 101: Landkreis Passau II (2018)

Nr. 12† Vilshofen, Pfk. St. Johannes der Täufer 1388

Beschreibung

Gedenkinschrift für Heinrich Tuschl auf einem figuralen Denkmal. In der Kirche, mutmaßlich im Chor, genaue Lage und Anbringung unklar1); nach dem Brand der Stiftskirche 1794 bzw. nach der Säkularisation wurde die Platte angeblich als Widerlager bei der Vilsbrücke zweitverwendet2); heute nicht mehr vorhanden3). Der Nachzeichnung bei Cgm 2267/2 zufolge eine hochrechteckige Platte mit einer nach außen gewendeten Umschrift, im Feld Darstellung des Verstorbenen in Harnisch, den Kopf auf einem Kissen, in der Rechten ein Rennfähnlein, mit der Linken den Wappenschild haltend, in der rechten oberen Ecke Helm mit Helmzier (Oberwappen).

Beschreibung, Wappen und Text nach Cgm 2267/2.

  1. Anno Dominja) M: CCCLXXXVIIIb) feria III in vigilia Sanctj Mathie Apostolj Obiitc) miles hainricusd) dictuse) Tischllf) fundator huius Collegijg)

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1388 am Dienstag, am Vorabend des (Festes des) Heiligen Apostels Matthias starb Ritter Heinrich, genannt Tuschl, Stifter dieses Kollegs.

Datum: 1388 Februar 244).

Wappen:
Tuschl / Johannisstift Vilshofen5).

Kommentar

Das leider nicht mehr im Original erhaltene Denkmal und die eher dürftige kopiale Überlieferung werfen einige Fragen bzw. Probleme auf.

Hundt überlieferte bereits im 16. Jahrhundert die Inschrift, jedoch nur im Zusammenhang mit der Stiftsgründung und somit nur rudimentär bzw. innerhalb einer längeren Ausführung, die über den Wortlaut der Inschrift hinausgeht (vgl. Fußnote g). Die Überlieferung Hundts ist darüber hinaus unbefriedigend, da sie zwei unterschiedliche Sterbejahre angibt, einmal 1388, einmal 1338.

Auch zum Standort des Denkmales, aus dem indirekt mögliche Schlüsse zum Aussehen des Grabmals geschlossen werden könnten, gibt es unterschiedliche Angaben (vgl. Fußnote 1).

Nach der Nachzeichnung und den Angaben bei Cgm 2267/2 könnte es sich um eine Tumbadeckplatte gehandelt haben. Die Umschrift ist nach außen gewendet; das Relief macht einen eher aufwändigen Eindruck. Dasselbe Bild vermittelt die Abbildung bei Härtl. Die Tatsache aber, dass die Platte sich bereits zu Zeiten von Hundt an der Wand befunden habe (vgl. Fußnote 1), spricht eher nicht für eine Tumba. Das angegebene Maß bei Zimmermann von einer Höhe von wohl über 3 Metern lässt ebenfalls auf eine monumentale Platte schließen6). Möglich wäre, dass es sich um ein erst nachträglich angefertigtes Stifterdenkmal gehandelt hat.

Heinrich selbst hat bereits in seinem Testament Vorkehrungen für sein Grab getroffen, woraus auf eine (figurale) Grabplatte geschlossen werden könnte7).

Die Inschrift nennt Heinrich Tuschl von Söldenau als Stifter des Kollegiatsstifts Vilshofen und den 24. Februar 1388 als sein Sterbedatum.

Die Gründung des Kollegiatsstiftes geht tatsächlich auf Heinrich zurück (vgl. Einleitung 15).

Das Sterbejahr 1388 stimmt jedoch nicht. Heinrich muss 1376 gestorben sein, da sowohl sein Testament (18. Februar 1376) als auch dessen Ausführung durch seinen Sohn Schweiker (6. Mai 1376) auf dieses Jahr datieren8). Somit muss auch der Sterbetag in diesem Zeitraum anzusetzen sein. Die Inschrift nennt den Vortag zum Fest des Hl. Matthias, der auf den 24. oder 25. Februar fällt. In Nekrologien aus den Klöstern Aldersbach und Fürstenzell findet sich der 19. Februar als Gedenktag für Heinrich Tuschl9).

Textkritischer Apparat

  1. Dei Härtl, Quincingau Fig. 1.
  2. 1338 bei Hundt/Libius, Stammenbuch, hier nur verkürzte Inschrift.
  3. Bei Hundt/Libius, Stammenbuch beginnt der Text erst mit Miles, davor arabische Jahreszahl und ein Kreuz, vielleicht für obiit.
  4. Henricus Hundt/Libius, Stammenbuch; Hainrich Cgm 2002; Heinrich Härtl, Quincingau Fig. 1.
  5. dicte Härtl, Quincingau Fig. 1.
  6. Tuschl Hundt/Libius, Stammenbuch und Hundt, Metropolis; Tischel Cgm 2002.
  7. huius fehlt, dafür Collegy in Vilshouen, quod Schweikerus Filius Consumauit Hundt/Libius, Stammenbuch und Hundt, Metropolis.

Anmerkungen

  1. Hundt, Metropolis 314, berichtet 1582 davon, dass die Inschrift ad parietem Chori, ibidem affixa, also im Chor an der Wand angebracht gewesen sei. Diese Aussage stützt Zimmermann, Chur-Bayrisch geistlicher Calender 575, nach dem sich das Denkmal auch noch 1756 in der Chormauer an der Nordseite, nahe dem äußeren Gitter, befunden haben soll. Cgm 2267, hingegen gibt an, das Grabmal soll „mitten in der Stüfftskirchen“ gewesen sein.
  2. Vgl. hierzu Härtl, Quincingau 73; es handelte sich hierbei um eine Brücke des Carl Friedrich von Wiebeking, der 1809 eine Brücke über die Vils baute (vgl. http://www.db-bauzeitung.de/allgemein/carl-friedrich-von-wiebeking/ eingesehen am 16.06.2016).
  3. Zum fälschlich als Teil dieses Denkmals identifizierten Fragment vgl. Nr. 155.
  4. Das Fest des Hl. Matthias fällt auf den 24. Februar, in Schaltjahren bis zum Ende des 15. Jahrhunderts auf den 25. Februar. Der Vortag des Festes 1388, das ein Schaltjahr war, war somit der 24. Februar. Allerdings war der 24. Februar 1388 kein Dienstag (feria tercia), sondern ein Montag (feria secunda).
  5. Tuschl: Siebmacher BayA1 95 hier Wappen des Heinrich Tuschl (mit Devise); Johannisstift: Siebmacher Klö 87.
  6. Zimmermann, Chur-Bayrisch geistlicher Calender 575.
  7. Heinrich Tuschl beauftragte in seinem Testament zwei Vollstrecker, die sich um sein Grab kümmern sollten, woraus allerdings nichts Genaueres zum Aussehen eines Denkmals hervorgeht, vgl. Wild, Testament 68.
  8. Vgl. zum Testament BHStA KU Vilshofen 52, vgl. monasterium.net, URL <http://monasterium.net/mom/DE-BayHStA/KUVilshofen/52/charter>, accessed at 2016-09-29+02:00; zur Ausführung durch seinen Sohn BHStA KU Vilshofen 53, vgl. monasterium.net, URL <http://monasterium.net/mom/DE-BayHStA/KUVilshofen/53/charter>, accessed at 2016-09-29+02:00.
  9. Vgl. zu Aldersbach Necrologium D, MGH Necrologia Germaniae IV, 10 und zu Fürstenzell MGH Necrologia Germaniae IV, 109.

Nachweise

  1. Hundt, Metropolis 314; Hundt/Libius, Stammenbuch III, 707; Cgm 2267/1 p. 22 (durchgestrichen); Cgm 2267/2 fol. 39r; Cgm 2002 fol. 142r, rechte Spalte; Härtl, Quincingau Fig. 1; Kdm NB XIV (Vilshofen) 346 (nur Hinweis); Heimat=Chronik Tf. nach 48 (Abb. der Nachzeichnung).

Zitierhinweis:
DI 101, Landkreis Passau II, Nr. 12† (Ramona Baltolu / Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di101m019k0001206.