Inschriftenkatalog: Landkreis Hersfeld-Rotenburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 91: Hersfeld-Rotenburg (2015)

Nr. 134 Heringen, Evangelische Kirche 1544

Hinweis: Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen. Sie finden diese am Ende des Artikels. [Dorthin springen]

Beschreibung

Gußjahr und Meisterinschrift auf der größten Glocke des Dreiergeläuts im Glockenturm. Die Inschrift läuft zwischen runden Doppelstegen auf der Schulter um. Zwischen ANNO und DOMINI ist als Worttrenner eine Münze angebracht. Die übrigen Worttrenner sind als Quadrangel gestaltet.

Maße: H. 96, Dm. 135, Bu. 3–3,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© ADW Göttingen (Sabine Wehking) [1/3]

  1. ANNO ∙ D(OMI)NI ∙ 1∙ 5 ∙ 4 ∙ 4 ∙ G(OS) ∙ M(ICH) CARNELI(VS)a) ABENTBROT

Kommentar

Die Kapitalis zeigt Formen der frühhumanistischen Kapitalis wie A mit breitem Deck- und gebrochenem Mittelbalken, zweibogiges E und spitzovales O und überhaupt eigenwillig flache Bögen, die wie beim O dann spitz zusammentreffen, nicht so bei halbgroßen Bögen; die Cauda des R ist vorgewölbt. Die Inschrift entspricht in ihrer Gestaltung im Wesentlichen der zweitgrößten Glocke des Dreiergeläuts, die ebenfalls im Jahr 1544 von Cornelius Abendbrot gegossen wurde (Nr. 135). Wie die angegebenen Buchstaben des Kapitalisalphabets besitzen folgende Ziffern und Buchstaben Leitcharakter: Die nach rechts geneigten Ziffern 4 und die flach s-förmige Ziffer 5, das G, das mit seinem gebrochenen oberen und dem weit nach innen geführten unteren Bogenabschnitt ein Frakturmerkmal aufweist, und das B mit innen spitz endenden Bogenenden, die sich knapp berühren, ohne jedoch eine Verbindung zum Schaft zu haben.

Cornelius Abendbrot ist als Gießer nur schlecht dokumentiert. Höchstwahrscheinlich war er ein Sohn des Hans Abendbrot (Nr. 106), der sich zu Beginn des 16. Jahrhunderts nachweisen läßt.1) Aus der Reihe der oben erwähnten Buchstaben lassen sich mittels A, B, E, G, O und der Ziffer 5, nicht jedoch mit dem R, Bezüge zu den Schriften des Hans Ciegeler (Nr. 97) und des dessen Model nutzenden Hans Abendbrot herstellen.2)

Die beiden Glocken für Heringen werden in der Literatur nicht erwähnt.

Textkritischer Apparat

  1. Sic!

Anmerkungen

  1. Zu beiden Eichler, Handbuch 28 (sub Obentbrot), der wie Walter, Glockenkunde 828 dem Cornelius eine Glocke von 1500 in Teistungen (Lkr. Eichsfeld, Thüringen) zuschreibt. Der Abstand zu den Heringer Glocken wäre sehr groß, aber nicht unmöglich.
  2. Vgl. dazu auch DI 39 (Lkr. Jena) Nrr. 102, 106 und S. XLIII. Zu den Minuskelformen Ciegelers und seiner Kapitalis vgl. Schilling, Glocken 152 f. mit Schriftproben, eine Schriftprobe Hans Abendbrots ebd. 151 Nr. 302.

Nachweise

  1. Schoof, Hess. Glockenstudien II 128.
Addenda & Corrigenda (Stand: 19. Juli 2022):

Hinweis zum Text: Schoof beginnt die Textwiedergabe mit dem Vornamen und verstand den Gussvermerk nicht, den er als OM las; seine Deutungsversuche sind abwegig.

Zitierhinweis:
DI 91, Hersfeld-Rotenburg, Nr. 134 (Sebastian Scholz und Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di091mz14k0013409.