Inschriftenkatalog: Bad Kreuznach

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 34: Bad Kreuznach (1993)

Nr. 263 Fürfeld, Evang. Pfarrkirche 1524

Beschreibung

Grabplatte bzw. Epitaph des Wolf Marschall von Waldeck zu Iben. Innen in die Ostwand der 1776 errichteten Pfarrkirche1) eingelassen, übernommen aus dem kurz zuvor abgebrochenen, mittelalterlichen Vorgängerbau. Große Platte aus gelblichem Sandstein mit vorlinierter Umschrift auf breiter Leiste, die sich oben im Mittelfeld auf der Stirn einer auf angedeuteten Säulen ruhenden Muschelnische fortsetzt. Darin steht die in Halbrelief gearbeitete Figur des Verstorbenen in Prunkrüstung, das mit einer Haube bedeckte Haupt leicht geneigt, den Helm zu Füßen. Die rechte Hand hält den Kommandostab, die linke ruht am Schwert. Die Ecken der Leiste sind mit vier medaillonartig vertieften Ahnenwappen besetzt. Abgesehen von einer waagerechten, geflickten Bruchstelle ist das Denkmal gut erhalten. Ergänzt wurden einige unwesentliche Teile; die im allgemeinen erheblich vorspringende Schampartie wurde wohl schon früh abgearbeitet. Geringe Spuren einer früheren Bemalung sind vorhanden.

Maße: H. 212, B. 97, Bu. 7,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/1]

  1. AN(N)O · D(OMI)NI / M · D · XXIIII · IAR · VFF · SA(N)T · ANTHO(N)IVS · ABE(N)T · STARBa) / DER · ERVETSb) / VOLF · MARSCHALCKc) · VO(N) · VALDECK · DEM · // · GOT · GENEDICH · SEIId) · AME[N]e)

Datum: 17. Januar 1524.

Wappen:
Marschall von Waldeck zu Iben, Udenheim (schräglinker Balken, belegt mit 3 Sparren); Dalsheim (drei 2:1 gestellte Pelikane, begleitet von 7 Steinen), Wilch von Alzey.

Kommentar

Die Schrift zeigt die Formen einer nahezu reinen, an der römischen Antike orientierten Kapitalis. Der Einsatz der Linksschrägenverstärkung, die Verwendung von Siculi als Kürzungszeichen und die dreiecksförmigen Worttrenner unterstützen diesen Eindruck. Besonders auffällig ist der Austausch des „unklassischen“ Buchstabens W durch V. Ob das Grabdenkmal als liegende Grabplatte oder als senkrecht angebrachtes Epitaph gedacht war, läßt sich kaum entscheiden, da sich hier die wesentlichen Elemente beider Typen in einem Denkmal vereinigen.

Der vermutlich in der Werkstatt des bedeutenden Backoffen-Schülers Peter Schro arbeitende Bildhauer wird erstmals von Lühmann-Schmid2) mit dem auch in Wallhausen, Guldental und später noch einmal in Fürfeld3) tätigen Meister Johannes Wagner aus Mainz identifiziert. Ihre vorwiegend aufgrund der „zeitmodischen“ Kopfbedeckung um 1530 angesetzte Spätdatierung dieses ganz der Renaissance verpflichteten „frühe(n), noch nicht ganz eigenständige(n) Werk(es)“ ließe sich allerdings nur dann rechtfertigen, wenn man mit der von ihr hypothetisch rekonstruierten Biographie Wagners4) übereinstimmt.

Das seit 1362 auf der benachbarten (Wasser-)Burg Iben sitzende Geschlecht der Marschall von Waldeck5) übte zusammen mit anderen adeligen Familien die Ortsherrschaft über Fürfeld aus. Der Verstorbene war ein Sohn aus der Ehe Johanns Marschall von Waldeck zu Iben mit Margarethe von Dalsheim6). Väterlicherseits war Irmela Wilch von Alzey seine Großmutter, Helmburg von Udenheim seine Urgroßmutter. Der wohl bereits nach wenigen Ehejahren verstorbene Wolf war mit Elisabeth von Elter7) verheiratet, die zwar als seine Witwe eine zweite Ehe einging, erheblich später verstarb und dennoch neben ihm begraben wurde.

Textkritischer Apparat

  1. R klein in den unteren Bogen des B eingestellt.
  2. Sic! Für ERNVEST.
  3. H dem C klein eingeschrieben.
  4. Sic!
  5. Letzter Buchstabe fehlt, ohne Kürzungszeichen.

Anmerkungen

  1. Vgl. dazu Steitz, Fürfeld 145f.
  2. Vgl. dazu und zum Folgenden Lühmann-Schmidt 97.
  3. Vgl. Nrr. 274 von 1531, 276 von 1533 und 293 von 1547.
  4. Vgl. dazu die gewichtigen biographischen Bedenken (erste gesicherte urkundliche Nennung im Jahr 1560!) von Heinzelmann, Randnotizen 51.
  5. Vgl. dazu Möller, Stammtafeln AF I Taf. XXXXI und ausführlich Brück, Fürfeld pass. – Die Linie zu Iben wurde durch Emmerich Roist begründet, einem Sohn der im Kloster Disibodenberg begrabenen Hebela Marschall von Waldeck (vgl. Nr. 101 von 1401).
  6. Verstorben 1494, vgl. künftig DI Rheingau-Taunus-Kreis.
  7. Vgl. Nr. 293 von 1547.

Nachweise

  1. Jakob, Fürfeld 28.
  2. Jakob, Iben 14.
  3. Bumann, Iben 50f.
  4. Steitz, Fürfeld mit Abb. 1 S. 144.
  5. R. Dölling, Die Fürfelder Kirchen, in: 200 Jahre Pfarrkirchen in Fürfeld. 1776-1976. Bad Kreuznach 1976, Abb. S. 15.
  6. Lühmann-Schmidt, Peter Schro mit Abb. auf Taf. 28a.
  7. Gerten, Chronik 101.

Zitierhinweis:
DI 34, Bad Kreuznach, Nr. 263 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di034mz03k0026308.