Inschriftenkatalog: Bad Kreuznach
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 34: Bad Kreuznach (1993)
Nr. 179 Niederhausen, Evang. Pfarrkirche 1494
Beschreibung
Glocke mit datierter Spruchinschrift. Vom Aufgang her gesehen erste Glocke im romanischen Turm der bereits 1254 erwähnten1), ehemaligen Wallfahrtskirche St. Mechthildis. Die Glocke wurde 1942 abgeliefert und kehrte nach dem Krieg aus dem Hamburger Glockenlager (Nr. 22/15/250 C) unbeschädigt zurück. Mittelgroße Glocke mit einzeiliger Spruchinschrift (A) zwischen einfachen Rundstegen, auf dem Mantel ein einzelnes Relief der thronenden Muttergottes mit dem Kind im Arm, sowie gegenüberliegend nebeneinander zwei weitere Reliefs, einmal mit der Kreuzigung, zum andern ein Pilgerzeichen, vermutlich mit dem Bildtyp Maria im Rosenhag2). Darunter auf dem Wolm in kleiner Schrift ohne Begrenzungslinien die Datumsinschrift (B). Als Worttrenner beider Inschriften dienen paragraphenförmig durchgezogene Rauten. Anläßlich der Ablieferung wurde von der Umschrift und den Reliefs ein Papierabklatsch angefertigt. Gewicht 1000 kg, Schlagton fis‘(?)3).
Maße: H. 100 (o. Kr.), Dm. 115, Bu. 4 (A), 2 (B) cm.
Schriftart(en): Gotische Minuskel.
- A
· benedictv(m) · sit · dvlce · nome(n) · d(omi)ni4) · ih(es)v · chr(ist)ia) · et · gloriosissime · virg(in)is · mariab) ·
- B
· anno · d(omi)ni · m · cccc · xciiii
Übersetzung:
Gelobt sei der süße Name des Herrn Jesus Christus und der der glorreichsten Jungfrau Maria.
Textkritischer Apparat
- Befund xpi mit Kürzungszeichen.
- Sic! für mariae.
Anmerkungen
- Vgl. Seibrich, Entwicklung 132.
- Vgl. dazu LCI 3, 568. – Das durch vier deutlich sichtbare Ösen charakterisierte Pilgerzeichen wird unten durch eine nicht mehr lesbare Schriftleiste beschlossen, die über den Herkunfts- und damit auch den Wallfahrtsort Auskunft gegeben hätte. Die von Poettgen aufgrund der großen Ähnlichkeit (mit Fragezeichen) vorgeschlagene Identifizierung mit dem Eberhardsklausener Pilgerzeichen (vgl. Nr. 142 von 1469) dürfte wegen der unterschiedlichen Bekrönungen (dort Kielbogen, hier Spitzgiebel) nicht zutreffen.
- Angaben nach Poettgen.
- Anklänge an Iob 1,21.
- Vgl. dazu Walter, Glockenkunde 252f.
- Vgl. Nr. 32 von 1341 und die entsprechenden Registereinträge.
Nachweise
- Lehfeldt, Bau- und Kunstdenkmäler 314.
- Zimmermann, Glocken 35.
- Schloßparkmuseum Bad Kreuznach, Inv.Nr. Gl 3, 1-7 (Abklatsch).
- Liste der Glocken 7.
- Poettgen, Magister Sifride 48.
Zitierhinweis:
DI 34, Bad Kreuznach, Nr. 179 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di034mz03k0017909.
Kommentar
Die exakt gearbeitete Minuskel fällt durch die stark rückgebildeten Längen auf, die zum Teil – wie beim l – nur noch als kleine Stummel ausgeführt sind. Der in dieser Form singuläre Glockenspruch läßt sich in einer Variante erstmals 14625) auf einer Glocke nachweisen.
Wie bei zahlreichen Glocken des Bearbeitungsgebietes6) wurden auch hier zwei Reliefs (Muttergottes und Kreuzigung) in veränderter Form wiederverwendet, die aus der Werkstatt des im 14. Jahrhundert tätigen Magisters Sifride bzw. seiner Nachfolger stammen.