Inschriftenkatalog: Bad Kreuznach
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 34: Bad Kreuznach (1993)
Nr. 173 Bad Kreuznach, Kath. Pfarrkirche St. Nikolaus 1490
Beschreibung
Tumbendeckplatte des Wild- und Rheingrafen zu Rheingrafenstein Friedrich II. (des Feisten). Spätestens seit der Renovierung der ehemaligen Karmeliter-Klosterkirche 1898 bis 1905 senkrecht auf einen Sockel an die Nordostwand des Chors gestellt1). Große Platte aus grauem Sandstein mit Umschrift (A) auf den nach außen abgeschrägten Leisten. Im vertieften Mittelfeld ist die halbreliefierte Figur des Verstorbenen in voller Rüstung dargestellt; das Haupt mit langem, gelocktem Haar ruht auf einem mit Quasten versehenen Kissen, die Hände sind gefaltet, zu Füßen liegen zwei sich abwendende Löwen. Später nachgetragene Initialen (B) sind auf dem den linken Oberschenkel bedeckenden Rüstungsteil eingeritzt. Zu beiden Seiten der Figur befinden sich aufwendig ausgeführte Vollwappen, deren Helmzier einen großen Teil der linken und rechten Leiste bedecken. Im oberen Teil befinden sich eine Kröte und zwei Salamander. Dem dick mit Steinfarbe überstrichenen, an der Oberfläche leicht bestoßenen Grabmal fehlt die untere, vermutlich unbeschriftete Leiste2).
Maße: H. 235, B. 117, Bu. 5,5 cm (A).
Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien (A), Kapitalis (B).
- A
An(n)o d(omi)ni m cccc lxc iar vff mo(n)dag / nach de(m) So(n)dag ca(n)tate Starpde(r) wolg(e)bor[ne] / g(ra)ffe frederich wil(d)gr(a)ff zua) thu(n)e(n) v(n)d rei(n)g(ra)ff zu(m)a) stey(n)
- B
E R / 1551
Datum: 10. Mai 1490.
Wild- und Rheingrafen; Eppenstein-Münzenberg. |
Textkritischer Apparat
- Mit einem kleinen, v-förmigen Haken überschrieben.
Anmerkungen
- Vgl. Renard, Wiederherstellung 14.
- Der vorhandene Text bedarf in seiner vorliegenden Form nicht unbedingt der Ergänzung.
- Vgl. etwa Nr. 112 von 1422.
- Vgl. LCI 2 (1960) Sp. 676f. und 4 (1972) Sp. 11f.
- Vgl. dessen erhaltene Tumbendeckplatte von 1447 in St. Johannisberg (Nr. 124).
- Vgl. ihre Grabplatte von 1455 in der Pauluskapelle der evang. Pfarrkirche in Bad Kreuznach (Nr. 130), auf der sie mit ihren gleichzeitig verstorbenen Kindern Gottfried und Lucart dargestellt ist.
- Vgl. ebd. und Europ. Stammtafeln NF IV, Taf. 97.
- Vgl. Buslay/Velten, St. Nikolaus 14 und 34 sowie dessen zweite (verlorene) Totengedächtnisinschrift (Nr. 174).
- Vgl. Rhein. Antiquarius II 19, 4f.
Nachweise
- Helwich, Syntagma 315.
- Würdtweinsches Epitaphienbuch 302 (teilw.).
- Roth, Syntagma 3 (1884) (nach Helwich).
- Stumpf, Grabsteine 7 (1927) Nr. 21 (nach Helwich).
- Kdm. 84 mit Abb. 48.
- Rosenkranz, Nachrichten 1.
Zitierhinweis:
DI 34, Bad Kreuznach, Nr. 173 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di034mz03k0017309.
Kommentar
Auf dem durch seine stark nach außen abgeschrägten Leisten, durch das noch vorhandene Kissen und die fehlende Zierarchitektur vermutlich noch als Tumbendeckplatte ausgewiesenen Stein ist die Schrift so angebracht, daß sie scheinbar von innen zu lesen ist, ein Phänomen, daß bereits bei einigen ähnlich gestalteten Deckplatten zu beobachten war3). Auffällig sind die wohl durch den beschränkten Platz verursachten erheblichen Kürzungen, die fehlenden Worttrenner und die durch Zierschlingen charakterisierten eigenständigen Versalien der auch sonst eigenwillig ausgeführten Minuskelschrift (i mit Punkt, rundes r). Während die auf dem Kissen hockende Kröte auf Tod und Vergänglichkeit verweist, könnten die beiden über die Leisten kriechenden Salamander die sich im Fegefeuer befindliche und auf Erlösung wartende Seele des Verstorbenen symbolisieren4).
Friedrich I.5), der Vater des Verstorbenen, stiftete mit seiner Frau Lucart von Eppenstein-Münzenberg6) die Seitenlinie der Wild- und Rheingrafen zu Rheingrafenstein. Da durch seinen erstgeborenen Bruder Gottfried die Erbfolge gesichert schien, schlug Friedrich II. als Kölner Domherr die geistliche Laufbahn ein. Wohl wegen des frühen Todes seines Bruders wurde er 1456 reaktiviert und trat dessen Nachfolge an7). In den Jahren 1472 und 1482 erscheint er als großzügiger Wohltäter des damaligen Karmeliterkloster, seiner späteren Begräbnisstätte8). Allem Anschein nach hinterließ Friedrich II. keine Nachkommen, da die nach seinem Tod erhobenen Ansprüche aus der Verwandtschaft seiner Mutter im Januar 1492 durch kurpfälzischen Schiedsspruch abgewiesen wurden9) – der gesamte Besitz fiel an die Wild- und Rheingrafen zurück.