Inschriftenkatalog: Bad Kreuznach

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 34: Bad Kreuznach (1993)

Nr. 120 Meisenheim, Schloßkirche 1439

Beschreibung

Grabplatte der Pfalzgräfin Anna geb. Gräfin von Veldenz-Geroldseck, bisher unbekannt. Als fragmentarische Spolie aufgefunden am 6. August 19881) während der Öffnung der unter der Grabkapelle der Herzöge von Pfalz-Zweibrücken liegenden Fürstengruft (sogenannte Ludwigsgruft). Der wohl beim Bau der heutigen Schloßkirche (seit 1479)2) als zweiter und innerer Verschluß der Gruft verwendete Stein wurde geborgen und mittlerweile innen an der Südwand des Langhauses vor der Grabkapelle befestigt. Unterer, sauber zurechtgeschnittener Teil einer ehemals großen Platte aus gelbem Sandstein mit Umschrift zwischen Linien. Das erhaltene Mittelfeld ist unbearbeitet.

Maße: H. 90 (frgm.), B. 120, Bu. 8 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/1]

  1. [..... illu]strisa) · pri(n)cipissa · d(omi)na · a/n(n)a · velde(n)czie · comitissa · palati(na) / Renib) · ac · ducissa · Bau[ariae ...]c)

Übersetzung:

(...starb die) erlauchte Fürstin, Frau Anna von Veldenz, Pfalzgräfin bei Rhein und Herzogin von Bayern (...).

Kommentar

Anna war das einzige Kind aus der späten Ehe des Grafen Friedrich III. von Veldenz-Geroldseck mit der Gräfin Margarete von Nassau-Saarbrücken3) und somit begehrte Alleinerbin einer bedeutenden Grafschaft4). Im Juni 1410 wurde sie wohl aus politischem Kalkül mit dem Wittelsbacher Stephan, Pfalzgraf bei Rhein, zu Simmern und Zweibrücken verheiratet, dem dritten Sohn des deutschen Königs Ruprecht von der Pfalz. Aus dieser Ehe hatte sie zwei Töchter und fünf Söhne5), die einerseits hohe geistliche Positionen (Dompropst in Köln, Bischof von Straßburg, Erzbischof von Magdeburg) inne hatten, zum andern die herzoglichen Linien Pfalz-Zweibrücken(-Veldenz) und Pfalz-Simmern begründeten, aus denen später sogar die Könige von Schweden und von Bayern hervorgingen6).

Pfalzgräfin Anna verstarb nach fast 30jähriger Ehe am 18. November 1439 auf der Burg Wachenheim (Lkrs. Bad Dürkheim), wurde urkundlichen Überlieferungen zufolge gleich nach Meisenheim in die damalige Johanniterkirche überführt und dort in der nach ihrem Mann genannten Stephansgruft, einer Erweiterung der alten Grablege der Grafen von Veldenz7), bestattet.

Textkritischer Apparat

  1. Da entgegen dem ersten Augenschein kein eindeutiger Kürzungsstrich festzustellen ist, wird hiermit meine frühere Lesung illustris[(sima)] berichtigt.
  2. Versalie gebildet aus einer oben geraden Haste, einer verlängerten Quadrangel und der Cauda eines Majuskel-R.
  3. Vgl. einige denkbare Ergänzungsvorschläge der verlorenen Teile bei Nikitsch 4f. – Anthes bearbeitete den Fund unter genealogisch- heraldischen Gesichtspunkten und legte in seinem Artikel aufgrund der erhaltenen Siegel des Pfalzgrafen Stephan und des Grafen Friedrich III. von Veldenz-Geroldseck an der Teilungsurkunde des Jahres 1444 eine gelungene zeichnerische Rekonstruktion der Grabplatte und der dort vermutlich angebrachten Wappen vor.

Anmerkungen

  1. Vgl. dazu ausführlich Nikitsch.
  2. Vgl. die Bauinschrift Nr. 153 von 1479.
  3. Vgl. die Stammtafel bei Anthes, Meisenheim und Wittelsbach 9. – Friedrich war zunächst Domherr in Trier, wurde jedoch 1393 reaktiviert, um das sich abzeichnende Aussterben des Hauses zu verhindern.
  4. Vgl. dazu Fabricius, Veldenz pass.
  5. Vgl. zum Folgenden Europ. Stammtafeln NF I Taf. 27.
  6. Vgl. Lehmann, Zweibrücken 443ff.
  7. Vgl. Crollius, Denkmahl 8 Anm. ** und Nr. 62 von 1377. – Hier wurden sowohl ihr 1444 verstorbener Vater als auch ihr 1459 verstorbener Ehemann beigesetzt, vgl. Fröhlich/Zimmermann, Schloßkirche 46. – Zu den Regelungen ihres Totengedächtnisses vgl. Ioannis, Miscella 96f.

Nachweise

  1. Nikitsch, Fürstengruft 4.
  2. G.F. Anthes, 550 Jahre alte Grabplatte konnte rekonstruiert werden. Anna von Veldenz wurde 1439 in Meisenheim bestattet, in: Allgemeiner Anzeiger Bad Kreuznach Nr. 12 (1989).

Zitierhinweis:
DI 34, Bad Kreuznach, Nr. 120 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di034mz03k0012000.