Inschriftenkatalog: Bad Kreuznach
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 34: Bad Kreuznach (1993)
Nr. 27 Pfaffen-Schwabenheim (18.Jh.)/1340
Beschreibung
Tumbendeckplatte für Graf Johannes II. von Sponheim(-Kreuznach). Ehemals im nördlichen Querhaus, wurde sie im Verlauf des 18. Jahrhunderts1) innen links neben dem Eingang in die Wand eingelassen und erst während der Renovierung der Kirche in den Jahren 1905-11 am heutigen Standort senkrecht an der inneren Nordwand des Langhauses aufgestellt2). Übergroße Platte aus gelblichem Sandstein mit entgegen dem Uhrzeigersinn verlaufender Umschrift (A)3) auf der steil nach außen abgeschrägten oberen und der linken Leiste. Die beiden anderen Leisten sind gerade und ohne Inschrift. Im Mittelfeld befindet sich die hochreliefierte Figur des Verstorbenen in Kettenhemd und langem, gegürteten Waffenrock4), die rechte Hand seitlich ausgestreckt am Helm, die linke am Schwert und Wappenschild, der rechte Fuß auf einem Löwen, der linke auf einem Hund. Das unbedeckte Haupt mit Vollbart und langer Haartracht ruht auf einem mit Quasten versehenen Kissen. Im oberen Teil wird die Figur von zwei betenden Engeln flankiert. Schriftverlust durch starke Beschädigungen der Leisten. Kopf und Schwert sind wohl restauriert und ergänzt. Vermutlich zur Zeit der Wiederbesiedelung des Stiftes am Beginn des 18. Jahrhunderts erhielt die aufgerichtete Platte einen zeittypischen baldachinartigen Aufsatz mit einer 7zeiligen, heute verlorenen Memorialinschrift (B).
Erg. nach Helwich (A); Text nach Wickenburg (B).
Maße: H. 260, B. 155, Bu. 6 cm.
Schriftart(en): Gotische Majuskel.
- A
· ANNO · D[(OMI)NI ·] Mo [· CCC ·] XLo · Vo · ID(VS) · MARCII / O(BIIT) [·]a) D(OMI)N(V)S · IOH(ANN)ESb) · COMESc) · I(N) · SPA(N)HEYM · HIC · SEPVLTVS · CVI[(VS) · A(NIMA) · R(EQVIESCAT) · I(N) · P(ACE) · A(MEN) ·]
- B
Monumentum / P(iae) M(emoriae) D(omi)ni Comitis / Ioannis De Sponheim / de Canonie huius Pfaffen Schwaben=/heimensis Fundatorum Familia / An(n)o MCCCCXI Calen(das) Martÿ in / Veteri huius Templi Navi Sepulti.
Datum: 11. März 1340.
Sponheim(-Kreuznach), Graf Johannes II. von (im Schildhaupt ein dreilätziger Steg über geschachtem Feld). |
Textkritischer Apparat
- An der Stelle des Worttrenners befindet sich eine buchstabengroße, runde Öffnung, die ehemals wohl zur Befestigung des später angebrachten Aufsatzes diente (vgl. den Kommentar).
- Name fehlt bei Helwich.
- Zwischen M und E folgt eine weitere Öffnung (wie Anm. a).
Anmerkungen
- Die Stiftskirche bestand im Mittelalter aus Chor und Querhaus. Das Langhaus wurde 1712 erstmals angebaut, 1745 durch ein größeres ersetzt und 1762/66 in der heutigen Form errichtet (vgl. dazu ausführlich Meyer-Husmann, Baugeschichte 37ff.).
- Abb. 39 bei Bronner, Pfaffen-Schwabenheim 103 zeigt im Überblick den Zustand vor der Renovierung.
- Die Zeichnung bei Denkmäler und Wimmer bringt den entgegengesetzten Verlauf.
- Vgl. zur Rüstung Rady, Kostüm 19f. mit Bildtafel I, 4.
- Vermutlich handelte es sich um die entsprechend gestaltete Deckplatte seines an gleicher Stelle bestatteten Neffen Walram, vgl. Nr. 63 von 1380.
- Anstelle der originalen Umschrift vermerkt Wickenburg auf den beiden senkrechten Leisten die Angabe des Standortes: „Dieses Epitaphium befindet sich zu Paffenschwabenheim (sic!) Oberambtß Creutznach / in dasiger Simultanischer Kirch.“ Laut Bronner, Pfaffen-Schwabenheim 107 war der Aufsatz 1923 noch an seinem Platz. Allerdings überlieferte ihn die kurz vor 1874 von Wimmer nach dem Original angefertigte Zeichnung schon nicht mehr.
- So etwa Kremer, Geschichts=Kunde 315f. (der allerdings den Irrtum bereits richtigstellt); Würdtweinsches Epitaphienbuch 264; Andreae, Crucenacum Palatinum 67; Lehmann, Spanheim 2, 109 Anm. 109, Bronner, Pfaffen-Schwabenheim 107, Jakob, Pfaffen-Schwabenheim 7; für die neuere Zeit vgl. Meyer-Husmann 38 Anm. 4.
- Vgl. zuletzt die irrtümlichen Zuschreibungen bei Dotzauer, Pfaffen-Schwabenheim 553ff. und Naumann-Humbeck, Sponheim 340 mit Anm. 52.
- Vgl. zum Folgenden Lehmann, Spanheim 2, 120ff. sowie Nr. 15 von 1290 und die frühere Tafeln korrigierende Stammtafel bei Mötsch, Genealogie 166.
- Die so entstandene Seitenlinie wird im (persönlichen) Wappen Johanns II. durch den zusätzlichen Steg symbolisiert. – Vgl. zum Folgenden ausführlich Mötsch, Genealogie 152ff.
- Verstorben 1336/37; vgl. zur problematischen Tumbendeckplatte für ihn und seine Frau Kdm. Rhein-Hunsrück-Kreis 1, 442 mit Abb. 384.
- Vgl. dazu H. Rademacher, Die Frühgeschichte der Herren von Koppenstein (Schriftenreihe des Rhein-Hunsrück-Kreises 2) 1981, 14 und zu weiteren unehelichen Nachkommen J. Mötsch, Die Lehnsleute der Grafen von Sponheim und ihre Kreuznacher Burglehen, in: LVjBll. 36 (1990) 183f.
- Vgl. Jakob, Geschichte 15.
- Vgl. Nr. 63 von 1380.
Nachweise
- Helwich, Syntagma 322.
- Wickenburg, Thesaurus Palatinus I 294.
- Scriba, Grabdenkmähler 328 (nach Helwich).
- Baudenkmäler fol. 30 (Zeichnung Taf. 47).
- Wimmer, Grabdenkmale Taf. XXVII (Zeichnung).
- Zimmermann, Nahegebiet 39 Anm. 75 (teilw.).
- Meyer-Husmann, Baugeschichte mit Abb. 39.
- Gerten, Chronik mit Abb. S. 57.
- Jöckle, Pfaffen-Schwabenheim mit Abb. S. 9.
- Mötsch, Genealogie 154 Anm. 864 (teilw.).
Zitierhinweis:
DI 34, Bad Kreuznach, Nr. 27 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di034mz03k0002700.
Kommentar
Die sorgfältig ausgeführten, fast quadratischen Buchstaben weisen bei den Unzialen H, M und N eingerollte Ziercauden an den Buchstabenenden auf. Durch die Konzeption der Leisten und durch die Gestaltung der beiden aufrecht sitzenden Tiere kann kein Zweifel daran bestehen, daß es sich um die Deckplatte einer verlorenenen Tumba handelt, die mit den beiden unbearbeiteten Seiten an die Wand bzw. an eine weitere Tumba mit Deckplatte5) angepaßt war. Die Existenz der Memorialinschrift dürfte sich einerseits aus der durch die Aufrichtung der Tumbendeckplatte fast unlesbar gewordenen Inschrift6) erklären, zum andern wohl aus dem Interesse der neuen Stiftsherren, an die ehemaligen Stifter und damit an das ehrwürdige Alter ihres Klosters zu erinnern. Da diese in der Folgezeit – meist anstelle der eigentlichen – ständig rezipierte Inschrift7) mit 1411 ein falsches Todesdatum überlieferte, sorgte sie in der genealogischen Forschung für große Verwirrung8).
Der Verstorbene war der um 1270/75 geborene zweite Sohn aus der Ehe Johanns I. von Sponheim-Kreuznach9) mit Adelheid von Leiningen-Landeck. Bis zur Teilung im Jahr 130110) regierte er zusammen mit seinem älteren Bruder Simon II.11) die Vordere Grafschaft Sponheim, deren Gebiete er erheblich vermehrte. Trotz seiner Verlobung mit einer Tochter des Wildgrafen Friedrich von Kyrburg blieb er zeitlebens unvermählt, wurde aber dennoch über eine uneheliche Verbindung zum Stammvater der Herren von Koppenstein12). Noch vor seinem Tod vermachte er den Chorherren 200 Mark Kölner Währung13). Sein Neffe und Nachfolger Walram wurde neben ihm in Pfaffen-Schwabenheim14) bestattet.