Inschriftenkatalog: Stadt Ingolstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 99: Stadt Ingolstadt (2017)

Nr. 482† Hohe Schule 1625

Beschreibung

Gedenkinschrift für Jakob Gretser. Ehemals in der Aula der Theologischen Fakultät. Holztafel (?).

Text nach Mederer.

  1. Reverendus patera) Iacobus Gretscherusb) Markdorfianus Acronianus, Societatis Iesuc), aeui sui scriptor celeberrimus, annos XXVI. in hac alma vniuersitate docendo confecit, vno linguam graecam, tribus philosophiam, reliquis theologiam professusd). Nihil huius ingenio clarius, memoria fidelius, iudicio grauius, labore constantius, lucubrationibus eruditius et foecundius. Sesqui centum fere libris editis academiam ornauit, bibliothecas auxit, ecclesiam propugnauit. Concionibus interea, exhortationibuse), praelectionibus priuatis, excursionibus, confessionibus audiendis, consiliis dandis assidue occupatus, nihil sui ordinis omisitf). Amarunt eum maximi principes, docti ex omnibus prouinciis coluerunt, vehementer extimuerunt haeretici, quos magna orbis catholici gratulationeg) mira felicitate ac facilitate repressit. Obiit Ingolstadii, studiorum contentione exhaustush), virtutum meritis plenus, XXIX. Ianuarii anno iubilaeo MDCXXVi). aetatis LXIII.

Übersetzung:

Der hochwürdige Pater Jakob Gretser, aus Markdorf in der Gegend des Bodensees, von der Gesellschaft Jesu. Ein sehr bekannter Schriftsteller seiner Zeit, verbrachte er 26 Jahre mit der Lehre an dieser hochlöblichen Universität, ein Jahr lang lehrte er die griechische Sprache, drei die Philosophie, die restlichen Jahre die Theologie. Nichts Klareres gab es als seinen Geist, nichts Verlässlicheres als sein Gedächtnis, nichts Gewichtigeres als das Urteil, nichts Beständigeres als die Arbeit, nichts Gelehrteres und Ertragreicheres als die nächtelangen Forschungen (dieses Mannes). Mit nahezu hundertfünfzig Büchern, die er veröffentlicht hat, hat er die Akademie geziert, Bibliotheken vergrößert und die Kirche verteidigt. Währenddessen war er unaufhörlich damit beschäftigt, zu predigen, zu ermahnen, private Vorlesungen zu halten, zu reisen, Beichten zu hören und Ratschläge zu erteilen, ohne dabei je seine Ordenspflicht zu versäumen. Sehr hohe Fürsten haben ihn geliebt, Gelehrte aus allen Ländern verehrt, Häretiker aber gewaltig gefürchtet, die er mit erstaunlichem Geschick und Erfolg widerlegt hat, wofür ihm die katholische Welt sehr dankbar ist. Von der Anstrengung, die ihn seine Bemühungen gekostet hatte, erschöpft, aber an Verdiensten, die er sich durch seine Leistungen erworben hatte, überreich, starb er, im 63. Lebensjahr stehend, am 29. Januar des Jubeljahres 1625, in Ingolstadt.

Kommentar

Geboten wird hier der Text nach Mederer, der umfangreicher ist als die anderen Überlieferungen. Da Mederer die von ihm selbst in manchen Texten durchaus vorgenommenen Ergänzungen normalerweise durch ein abweichendes Druckbild kennzeichnet, muss davon ausgegangen werden, dass er den gebotenen Text tatsächlich so in der Aula der Theologischen Fakultät vorfand, wenn es sich nicht um einen Fehler des Druckers handelt. Wenn man davon ausgeht, dass Oefele, der Abschreiber der beiden Münchner Handschriften, seinerseits die Tafeln tatsächlich vor Ort aufgenommen hat, würden sich die Ergänzungen einer Neufassung des 18. Jahrhunderts verdanken. Da dies aber keineswegs als sicher gelten kann, wird der ausführlichere Text geboten, die Ergänzungen können jederzeit über die Anmerkungen aufgefunden werden.

Jakob Gretser aus Markdorf1) trat nach dem Besuch des Gymnasiums in Innsbruck 1578 in die Gesellschaft Jesu ein. Er lehrte zunächst von 1580 bis 1584 in München am Jesuitenkolleg, ab 1584 in Freiburg in der Schweiz. 1586 kam er an die Hohe Schule. Unmittelbar nach Erlangung des Magistergrades begann er am 18. Oktober 1588 als Professor der Philosophie an der Hohe Schule zu lehren2), wo er bei Gregor de Valencia (vgl. Nr. 400†) Theologie studierte. 1592 wechselte er an die Theologische Fakultät, wurde jedoch erst 1597 Vollmitglied, zunächst als Vertreter der scholastischen Theologie, von 1609 bis 1616 als Lehrer der Moraltheologie. Ab 1619 bis zu seinem Tode 1625 war Gretser ausschließlich als Autor tätig. Er hinterließ ein reiches wissenschaftliches und literarisches Werk, für dessen Abfassung er zeitweise vom Orden freigestellt worden war. Neben theologischen Schriften umfasste es auch philologische Werke, darunter ein Lehrbuch des Griechischen, das bis ins 19. Jahrhundert im Gebrauch blieb, historische und frömmigkeitsgeschichtliche Werke, darunter eine erste Quellensammlung zur bayerischen Geschichte. Gretser verfasste auch 23 Theaterstücke für das jesuitische Schultheater. Insgesamt sind 234 gedruckte und 46 ungedruckte Werke von ihm bekannt. 1734 erfuhren seine Gesammelten Werke in Regensburg eine pompöse Neuauflage3).

Textkritischer Apparat

  1. Das Vorhergehende fehlt in den Handschriften.
  2. Gretserus AHG III, 11,2.
  3. S(ocietatis) J(esu) marckdorfiensis acronianus die Handschriften, wohl richtig.
  4. vno ... professus fehlt in den Handschriften.
  5. Fehlt in den Handschriften.
  6. nihil ... omisit fehlt in den Handschriften.
  7. quos ... gratulatione fehlt in den Handschriften.
  8. studiorum ... exhaustus fehlt in den Handschriften.
  9. Das Folgende fehlt in den Handschriften.

Anmerkungen

  1. Markdorf, Bodenseekreis/B.-W.
  2. Pölnitz, Matrikel 1588, 1203,7.
  3. Vgl. Biographisches Lexikon 156f.

Nachweise

  1. AHG III, 11,2 Anhang Nr. 4; Clm 2105 fol. 288v; Clm 1381 fol. 100v; Mederer, Annales II, 243; Ostermair, II. Stadtviertel 17; Verdière, Université II, 237f. (französische Übersetzung).

Zitierhinweis:
DI 99, Stadt Ingolstadt, Nr. 482† (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di099m018k0048201.