Inschriftenkatalog: Stadt Ingolstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 99: Stadt Ingolstadt (2017)

Nr. 439 Franziskanerklosterkirche Mariae Himmelfahrt 1612

Beschreibung

Bildbeischriften und Stifterinschrift auf dem Epitaph des Christoph Gewold und seiner Familie. Innen, Nordwand, auf Höhe zwischen dem dritten und dem vierten Pfeiler von Westen. Ehemals vielleicht an der Südwand (so jedenfalls Kdm). Rotmarmorarchitekturrahmen mit Metalleinlagen. Unterer Abschluss mit eingerollter Volute, darüber Schrifttafel aus Metall (II), zu beiden Seiten der Tafel Konsolen, darauf elliptische Medaillons aus Metall mit Vollwappen, auf den Konsolen zwei Säulen, zwischen den Säulen Metallrelief: die Ezechielvision von der Auferweckung Israels (vgl. Ez 37), in der Mitte der Prophet, um ihn herum die sich mit Fleisch bekleidenden Leiber, über ihm Wolken aus denen die vier Winde den Geist herab blasen, in der Mitte Gott Vater im Segensgestus. Darüber zwei weitere Metalltafeln mit Inschriften (I). Auszug, ein gebrochener Giebel. Inschrift erhaben. Metall. Rotmarmor.

Maße: H. 251 cm, B. 174 cm, H. (untere Tafel) 33,5 cm, H. (obere Tafel) 16,5 cm, B. (Tafeln) 118,5 cm, Bu. 2,6 cm (I), 3,5 cm (II).

Schriftart(en): Kapitalis.

© BAdW München, Inschriftenprojekt [1/1]

  1. I. linke Tafel:

     CVMa) REDIVIVA SVIS MOLLESCENT / CARNIBVS OSSA . /CLANGETa) ET EXTREMA PRAECO / REPENTE TVBA .

  2. rechte Tafel:

     EXCITAa) SVBSILIENT ET LAETA / TRIPVDIA DVCENT. /PROHa) QVANTAE A LETHOTAM / CITO LAETITIAE.

  3. II.

     CHRISTO. VITAE. DVCIb). / CHRISTOPH(ORVS)a) . GEVVOLD(VS)a) . V(TRIVSQVE)a) . I(VRIS)a) . D(OCTOR)a) . SERENISS(IMI) . / BOIAR(II) . DVC(IS) . A . CONSIL(IIS) . KARISS(IMAE)c) . CONIVG(IS) . ANNAE . / PEISSERINAE . FILI(AE) . PRIMOGEN(ITAE) . ANNAE . MAR(IAE) . SVISQ(VE) . / OSSIB(VS) . SPE . FVTVRAE . RESVRRECT(IONIS) . HEIC . QVIESCENT . / P(OSVIT) . ANNO SALVTIS M. DC. XII.

Übersetzung:

Wenn die wiederbelebten Gebeine durch ihr Fleisch weich werden und plötzlich der Rufer die letzte Posaune schmettert, so werden sie erregt aufspringen und frohe Tänze aufführen. Ach, wie kurz ist es vom Lethe (dem Fluss der Unterwelt) zur Freude. (I)

Christus, dem Führer des Lebens. Christoph Gewold, beider Rechte Doktor, Rat des durchlauchtigsten Herzogs in Bayern, hat den Gebeinen seiner teuersten Gattin Anna Peysser, der erstgeborenen Tochter Anna Maria und seinen eigenen, die hier in der Hoffnung auf die zukünftige Auferstehung ruhen werden, (dieses Denkmal) gesetzt im Jahre des Heiles 1612. (II)

Versmaß: Distichen. (I)

Wappen:
Gewold1), Peysser2).

Kommentar

Der Metallteil des Epitaphs wurde von Dorothea Diemer einem Münchner Nachfolger des Hubert Gerhard zugeschrieben3). Als Vorbild des Denkmals macht sie das Grabmal für Dr. Thomas Mermann fest4).

Christoph Gewold aus Amberg stammte aus einer evangelischen Familie. Nach Studienaufenthalten unter anderem in Sachsen kam er nach Ingolstadt und konvertierte unter dem Einfluss der Jesuiten zum Katholizismus. Er immatrikulierte sich am 29. März 1583 an der Hohen Schule und wurde noch im selben Jahr zum Doktor der Rechte promoviert5). Er heiratete Anna, eine Tochter des Hilarius Peysser und der Margareth Urmüller (vgl. Nr. 281). Sie hatten zwei Töchter; eine Tochter Elsbeth, die wohl noch im Kleinkindalter in Regensburg verstarb6), und eine Tochter Anna Maria, die, wie die Mutter 1611 in München an der Pest verstarb. Gewold war am Münchner Herzogshof tätig und wurde zu einem der wichtigsten Mitarbeiter Maximilians I. 1605 verlieh dieser ihm den Sitz Oberbachern7). 1617 zog sich Gewold von seinen Ämtern zurück und wählte sich Ingolstadt als Alterssitz. Hier verfasste er noch zahlreiche historiographische Arbeiten, meist mit Bezug zur aktuellen Tagespolitik, besonders zur Frage der pfälzischen Kurwürde8).

Textkritischer Apparat

  1. Anfangsbuchstabe vergrößert.
  2. Über die ganze erste Zeile mit weiten Abständen zwischen den Worten, Initialen vergrößert.
  3. Sic!

Anmerkungen

  1. Siebmacher Bg3 45.
  2. Siebmacher Bg3 51.
  3. Diemer, Hubert Gerhard I, 380-382, II, Kat. G 29.
  4. Ehemals in der Münchner Salvatorkirche, heute Freising Diözesanmuseum Inv.-Nr. M 582. Vgl. Diemer, Hubert Gerhard II, Kat G 13, Taf. 46, 47, 192c.
  5. Zur Matrikel s. Pölnitz, Matrikel 1583, 1122,4, zur Promotion, vgl. Wolff, Juristenfakultät 317.
  6. Vgl. DI 40 (Regensburg I, Minoritenkirche) 176†.
  7. Vgl. HAB, Altbayern I, 11-12 (Dachau) 130. Den Sitz erhielt nach ihm der Sohn seines Schwagers, der Ingolstädter Universitätsprofessor Albert Menzel.
  8. Zu Gewold s. Heydenreuter, Hofrat 330f., Dürrwächter, Christoph Gewold, besonders zu den wissenschaftlichen Arbeiten.

Nachweise

  1. Clm 1533 p. 379; Oefeleana 44 Ingolstadt fol. 17r; Clm 2105 fol. 196v, Nr. 425; Cgm 3017 fol. 53r; StadtA Regensburg HVOR Ms. B. 23 p. 14, Nr. 19; Ingolstädter Schützenbruderschaft 131; Dürrwächter, Christoph Gewold 12, Anm. 12; Kdm OBB I (Ingolstadt) 47; Kögerl, Garnisonskirche 68; Schädler, Epitaphe 74f.; Koller, Grabsteine 136-138 (m. Abb.); Diemer, Hubert Gerhard II, Kat. G 29.

Zitierhinweis:
DI 99, Stadt Ingolstadt, Nr. 439 (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di099m018k0043901.