Inschriftenkatalog: Stadt Ingolstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 99: Stadt Ingolstadt (2017)

Nr. 402 Pfk. Zur Schönen Unserer Lieben Frau 1604

Beschreibung

Stifterinschrift auf dem Epitaph des Albert Hunger. Innen, Nordseite, westlich vom Eingang zur Sakristei. Hochrechteckige Platte, zweigeteilt, im unteren Teil in Rahmen mit Rollwerk, Laubwerk, Früchten und Egelskopf oben in der Mitte Inschriftentafel mit Inschrift in 13 Zeilen (I); darüber in schlichtem Rahmen Relief Christus am Kreuz mit Maria und Johannes: In der Mitte der Gekreuzigte in Wolken, am Kreuz mit Titulus, erhaben (II), darunter ein Totenkopf, im Hintergrund Stadtlandschaft, rechts Johannes mit gefalteten Händen, zu Christus aufblickend, links Maria, die Hände vor der Brust gekreuzt, den Blick gesenkt, hinter ihr, leicht größer, kniend im Talar mit gefalteten Händen der Verstorbene. Rotmarmor. Inschrift und Gewandsäume von Maria und Johannes später golden gefasst.

Maße: H. 300 cm, B. 146 cm, Bu. 3,2 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© Stadtarchiv Ingolstadt [1/1]

  1. I.

     CHRISTO REDEMPTORI S(ACRVM)a) / D(OMINO) ALBERTO HVNGERO, PROFESSORI THEOLOGO, ERV=/DITIONE ET ELOQVENTIA NVLLI SECVNDO, ACADEMIAE / INGOLSTADIANAE ANNOS SVPRAb) XXVI. PROCANCELLARIO, / CANONICO PASSAVIENSI, AC SER(ENISSI)MISc) BOIARIAE DVCI=/B(VS) Ab) CONSILIIS, VIRO NATALIB(VS) CLARO, PRVDEN=/TIA ADMIRABILI, MORVM GRAVITATE, VITAE IN=/NOCENTIA, RELIGIONE IN DEVM, PIETATE IN / PAVPERES, SVMMIS, MEDIIS, INFIMIS VT SPEC=/TATISSIMO, ITA CHARISSIMO, Ed) TABVLIS TESTA=/MENTI, QVOD PRIDIEd) FATALIS HORAE SVA / MANV PERSCRIPSIT, ET OBSIGNAVIT P(OSITVM) / VIXIT ANNOS LIX . MENSES IX . DIES IV . ANNO SAL(VTIS) MDCIV. DIE XI. FEBR(VARII)

  2. II.

     I.N.R.I.

Übersetzung:

Christus, dem Erlöser geweiht. Herrn Albert Hunger, Professor, einem an Gelehrsamkeit und Beredsamkeit unübertroffenen Theologen, mehr als 26 Jahre lang der Akademie zu Ingolstadt Prokanzler, Kanoniker von Passau und der durchlauchtigsten Herzöge von Bayern Rat, einem von Geburt edlen Mann, von bewundernswerter Klugheit, von Sittenstrenge, von untadeliger Lebensführung, von Ehrfurcht gegenüber Gott und von Güte gegen die Armen, bei den Höchsten, den Mittleren und den Niedrigsten ebenso geachtet wie beliebt, ist gemäß seinem Testament, das er noch einen Tag vor seiner Todesstunde mit eigener Hand geschrieben und gesiegelt hat, (dieses Denkmal) gesetzt worden. Er hat 59 Jahre, neun Monate und vier Tage gelebt. Im Jahre des Heils 1604 am 11. Februar.

Kommentar

Hofmann ordnete das Epitaph einer Gruppe von Straubinger Bildhauerarbeiten zu, die, wie er angibt, Mader dem Bildhauer Martin Leutner zuschreibt; eine völlig andere Zuschreibung nahm Sigmund Benker vor: Er sieht in dem Epitaph ein Frühwerk des Weilheimer Bildhauers Philipp Dirr. Benker nimmt die Zuschreibung auf Grund der Ähnlichkeiten des Hungerdenkmals zum Epitaph für Johann Christoph Herwart in der Benediktuskirche des Freisinger Domkreuzganges vor. Hier kann die Zuschreibung an Dirr, die Benker noch als gesichert ansah, jedoch inzwischen nicht mehr uneingeschränkt aufrechterhalten werden1).

Albert (Albrecht) Hunger wurde 1545 als Sohn des bedeutenden Rechtsgelehrten und Professors der Hohen Schule Wolfgang Hunger und seiner Frau Anna, geb. Beham, gen. Spies2), in Kelheim geboren. Am 13. September 1557 immatrikulierte er sich an der Hohen Schule3). Nach dem Studium der freien Künste ging er um 1562 an das Collegium Germanicum nach Rom, wo er Theologie studierte4). Auf seiner Rückreise aus Rom wurde er in Padua zum Baccalaureus Sacrae Scientiae kreiert. 1567 begann er in Ingolstadt die freien Künste zu lehren. 1570 erwarb er den Grad eines Licentiatus theologiae, im Jahr darauf den Doktorgrad. 1578 folgte er Martin Eisengrein als Prokanzler und Inspektor der Universität nach5). Er stiftete zwei Freiplätze an das Georgianum6). Er war Kanoniker in Passau7) und hatte die Eichstätter Kanonikatspfründe inne.

Textkritischer Apparat

  1. Zeile zentriert. Anfangsbuchstaben aller tragenden Worte vergrößert.
  2. A mit accentus gravis.
  3. -MIS hochgestellt.
  4. E mit accentus gravis.

Anmerkungen

  1. Hofmann, Porträts 11f. Benker, Philipp Dirr 119, vgl. zur Problematik der Zuschreibung DI 69 (Stadt Freising) Nr. 395.
  2. Zu den Eltern vgl. Nr. 260†; im Stadtmuseum auch noch das Grabdenkmal für seine Schwester Anna Boschius Nr. 326.
  3. Pölnitz, Matrikel 1557, 757,17.
  4. In der Alumnenliste des Germanicums (Schmidt, Germanikum) ist er allerdings nicht genannt.
  5. Zur Person vgl. Biographisches Lexikon 196.
  6. Vgl. Schmid, Georgianum 42f.
  7. Krick, Domstift 68.

Nachweise

  1. Clm 2105 fol. 9v-10r, Nr. 37; Oefeleana 300 p. 23; Mederer, Annales II, 179; Ostermair, Stadtpfarrkirche 24; Kdm OBB I (Ingolstadt) 34; Götz, ULF 89-91; Hofmann, Porträts 11f.; Koller, Grabsteine 134, 135 (Abb.); Steininger, Grabdenkmäler 225f.

Zitierhinweis:
DI 99, Stadt Ingolstadt, Nr. 402 (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di099m018k0040207.