Inschriftenkatalog: Stadt Ingolstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 99: Stadt Ingolstadt (2017)

Nr. 312† Hohe Schule 1581

Beschreibung

Gedenkinschrift für Jean Couvillon. Ehemals in der Aula der Theologischen Fakultät. Holztafel (?).

Text nach Ribadeneira.

  1. Ioannes Couillonius, Societatis Iesu, sacrosanctae theologiae doctor, natus Insulis, nobili Flandriae ciuitate et maximorum ingeniorum matre. Unus ex primis societatis patribus fuit, qui Christo Ingolstadii seruierunt. Multa illi laus ex diligentia, ex doctrina, ex candore dicti et facti. Maior, quod, qui aliis fuit maximus et primus, ultimus sibi semper videbatur et minimus. Vir in summa simplicitate summe prudens. Nihil in vita quaerebat magis quam quietem solitudinis, pacem a turbis mundi. Emissus tamen a suis et quasi Dei manu in diuersas messes Galliae, Italiae, Lusitaniae, Flandriae cum fructu magno plurimorum. Nec minori cum dignitate ac laude in Tridentino concilio fuit serenissimi ducis Bavariae legatus. Tandem senex moritur Romae, cum e Poenitentiariis, qui ad Diui Petri obeunt summi Pontificis vicariam operam, unus censeretur. Tam scite conscientias hominum tractare nouerat, vt maximus peccator dixerit malle se lancinari a Couillonio quam sanari ab alio.

Übersetzung:

Johann Couvillon, von der Gesellschaft Jesu, der heiligen Theologie Doktor, geboren zu Lille, der edlen Stadt Flanderns und Mutter sehr großer Geister. Er war einer der ersten Patres der Gesellschaft, die Christus in Ingolstadt dienten. Groß war sein Lob aufgrund seiner Gelehrsamkeit, der Aufrichtigkeit seiner Rede und seiner Taten. Jedoch noch größer war es, weil er, der unter den anderen der Größte und Erste war, sich selbst immer für den letzten und Geringsten hielt. Ein Mann, der in höchster Einfachheit höchst klug war. Nichts suchte er im Leben mehr als die Stille der Einsamkeit und Frieden vor dem Treiben der Welt. Dennoch wurde er von den Seinen und gleichsam von der Hand Gottes auf diverse Missionen nach Frankreich, Italien, Portugal, Flandern geschickt, zum großen Gewinn sehr vieler. Mit nicht geringerer Würde und Lob nahm er am Konzil von Trient teil als Gesandter des durchlauchtigsten Herzogs von Bayern. Schließlich starb er als Greis zu Rom, als er als einer der Pönitentiare wirkte, die bei St. Peter, stellvertretend für den Summus Pontifex (Papst) dieses Amt ausüben. So geschickt wusste er das Gewissen der Menschen zu behandeln, dass ein sehr großer Sünder sagte, lieber wolle er von Couvillion zerfleischt als von einem anderen geheilt werden.

Kommentar

Der Text wird hier nach der Abschrift in der zweiten Auflage von Pedro de Ribadeneiras „Illustrium Scriptorum religionis Societatis Iesu catalogus“ geboten. Ribadeneira hielt sich wohl selbst nie in Ingolstadt auf. Die Abschrift gelangte vermutlich über Verbindungen innerhalb des Ordens an ihn. In der ersten Auflage des Catalogus von 1608 findet sie sich noch nicht, so dass sie wohl zwischen diesem Zeitpunkt und dem Erscheinen der zweiten Auflage 1613 entstanden oder zumindest in die Hände Ribadeneiras (oder eines seiner Mitarbeiter, er selbst starb 1611) gelangt sein muss. Joseph Anton Oefele fand, als er den Text 1736 abschrieb, bereits eine andere, verkürzte Textfassung vor1), die auch mit der Fassung des Anhanges im Dekanatsbuch der Theologischen Fakultät, die wohl aus der selben Zeit stammt, übereinstimmt, so dass damit zu rechnen ist, dass diese Inschrift in der Hohen Schule im Laufe des 17. oder frühen 18. Jahrhunderts eine Überarbeitung erfahren hat.

Jean Couvillon (Covillon) wurde 1520 in Lille in Flandern geboren. 1543/44 trat er in die Gesellschaft Jesu ein. Er hatte Theologie und Philosophie in Coimbra, Rom und Lyon studiert und kam im Sommer 1556 als Professor der Theologie an die Hohe Schule. 1563/64 ist er als dritter Rektor des Münchner Jesuitengymnasiums, des späteren Wilhelmsgymnasiums, genannt. Er vertrat Herzog Albrecht V. zusammen mit Augustin Baumgartner beim Konzil von Trient. Von dort aus ging er nach Dillingen zur Leitung der dortigen Jesuitenuniversität. Er verstarb am 17. August 1581 in Rom als Pönitentiar bei St. Peter2).

Anmerkungen

  1. Text nach Clm 2105 (Joseph Anton Oefele, 1736):
    Joannes Quuillonius, Societatis Jesu, sacrosanctae theologiae doctor, natus Insulis Flandriae civitate, vir et doctrinae praestantia celebris et animi candore amabilis, summaque in simplicitate summe prudens, suis adeo ad nutum obediens, ut, quamvis solitudinem amaret, in varias messes Galliae, Italiae, Lusitaniae, Flandriae cum uberrimo ubique fructu mitteretur, pari etiam cum laude in concilio Tridentino serenissimi Bavariae ducis legatus. tandem senex moritur Romae anno 1581, summi pontificis ad divi Petri poenitantiarius, tam scite conscientias hominum tractans, ut maximus peccator dixerit malle se lancinari à Quvillionio quam sanari ab alio.
  2. Vgl. Biographisches Lexikon 73.

Nachweise

  1. Ribadeneira, Illustrium Scriptorum (Editio altera) 138f.; AHG III, 11 198r; Clm 2105 fol. 305v; Clm 1381 fol. 97r-v; Alegambe, Bibliotheca 233; Verdière, Histoire 509 (nach Ribadeneira).

Zitierhinweis:
DI 99, Stadt Ingolstadt, Nr. 312† (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di099m018k0031208.