Inschriftenkatalog: Stadt Ingolstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 99: Stadt Ingolstadt (2017)

Nr. 259 Franziskanerklosterkirche Mariae Himmelfahrt 1568

Beschreibung

Stifterinschrift mit Sterbevermerk auf dem Epitaph des Jörg Weinmaister und seiner Ehefrau Katharina, geb. Weinmann. Pfeilerreihe zwischen Mittel- und südlichem Seitenschiff, fünfter Pfeiler von Westen, Südseite. Dreiteiliger Aufbau, unten Sockel mit Inschrift in acht gleichlaufenden Zeilen (I), rechts und links ein Vollwappen, farbig gefasst, Fassung vermutlich Zutat des 19. Jahrhunderts, darüber zwischen mit Stabkandelabern geschmückten Pfeilern, Relief: Christus als Weltenrichter, Christus auf dem Himmelsgewölbe sitzend, von seinem Kopf Lilie und Schwert als Zeichen von Gnade und Gericht ausgehend, über ihm zwei Posaune blasende Engel, zu seinen Füßen die Weltkugel, darunter, unter einem weiteren Gewölbe, auf Wolken schwebend eine Stadt. Zur linken und rechten Christi Maria und Johannes. Darunter links der Verstorbene mit fünf verstorbenen Söhnen, rechts die Verstorbene mit vier verstorbenen Töchtern, auf Podesten kniend, Mann und Frau in Mantel mit Hängeärmel mit Rosenkranz in den Händen, Buben ebenfalls in Mänteln mit Hängeärmeln, Mädchen im Kleid. Auf Podesten der Kinder Sterbekreuze, bei zwei Buben und drei Mädchen erhaben, sonst vertieft, auch über den Händen des Ehepaares vertiefte Sterbekreuze1). Über einem Gebälk darüber halbkreisförmiger Auszug mit schwebendem Kreuz und Spruchband mit Inschrift (II). In der rechten unteren Ecke des Reliefs Schrägsprung. Schrift bis auf nachgetragenes Datum, schwarz gefasst. Kalkstein.

Maße: H. 185 cm, B. 109 cm, Bu. 2,2 cm (I, II), 2,4 cm (II).

Schriftart(en): Kapitalis (I, II), Gotische Minuskel (II).

© BAdW München, Inschriftenprojekt [1/1]

  1. I.

     Anno d(omi)ni 1 · 5 · <71> den <1> tag <junij> starb der Ernvest / Jörg Weinmaister gewesner Fyrst(licher) Rhat vnd zolner / alhie , seines alters <72> Jar. Anno 1 · 5 · <..> den <..> tag / starb die Erbar vnd tugentsam fraw / katharina weinmanin von Starenberg2) · sein Ehe=/liche Hausfraw · Denen Got genedig sey Amena) · / SIBI ET SVIS IN MONVMENTVM VIVENSb) · F(IERI) C(VRAVIT) / ANNO · M · D · LXVIII ·

  2. II.

     HOCc) // SIGNVM CRVCIS ERIT IN COELO

Übersetzung:

Sich und den seinen als Gedächtnis ließ er dies zu Lebzeiten machen im Jahre 1568. (I)

Dieses Zeichen des Kreuzes wird am Himmel sein. (II)

Versmaß: Versus und Responsorium zu den Kreuzfesten. (II)

Wappen:
Weinmaister3), Weinmann4).

Kommentar

Die Inschrift des Jörg Weinmaister zeigt einen äußerst konservativen Duktus. Es handelt sich um eine höchst disziplinierte Gotische Minuskel. Einzig und allein die Versalien zeigen modernere, der Fraktur entnommene Elemente. Der Gestaltungswille des Steinmetzen zeigt sich nicht zuletzt durch die vorhandene Linierung und die Vorzeichnung des streng eingehaltenen Gitterschemas der Schäfte. Nur wenige Elemente entlarven die Schrift als späte Ausprägung der Gotischen Minuskel, so z. B. der ausgerundete letzte w-Schaft, der Anschwung bei v am Wortbeginn und die stachelförmige Ausformung des zweiten Schaftes bei ij.

Jörg Weinmaister war seit 1540 herzoglicher Rat und von 1550 bis 1571 Zöllner (Mautner) zu Ingolstadt. Er erstellte 1564 zusammen mit Georg Stern und Georg von Haslang das Gutachten über die Verteidigung Ingolstadts5). Nach Ferchl ist Jörg Weinmaister noch 1572 als Mautner erwähnt, was mit dem auf dem Grabstein angegebenen Todesdatum im Widerspruch stünde6). Rotmar erwähnt einen Jörg Weinmaister, der sich 1527 an der Hohen Schule immatrikulierte, in türkische Gefangenschaft geriet und lange Zöllner in Ingolstadt war7).

Textkritischer Apparat

  1. Nächster Worttrenner ein Quadrangel mit waagrecht ausgezogenen Zierlinien.
  2. Nächster Worttrenner Doppelpunkt.
  3. Knick des Schriftbandes folgt.

Anmerkungen

  1. Die Anbringung der vertieften Sterbekreuze kann nicht datiert werden. Da über den Händen der Frau zwar ein Sterbekreuz angebracht wurde, aber das Todesdatum unausgeführt blieb und - nach den Kreuzen - kein Mitglied der Familie überlebt haben soll, muss auch mit einer späteren Anbringung aller vertieften Sterbekreuze, vielleicht im Rahmen einer Restaurierung, gerechnet werden.
  2. Starnberg/OB.
  3. Siebmacher Bg1 32.
  4. Kopf eines Ziegenbockes, laut Ostermair, Bürgerbuch I, 71, in Gold ein schwarzer Widder.
  5. Kleemann, Festung 125-135 (Beilage 2).
  6. Lanzinner, Fürst und Landstände 416; Ferchl, Behörden 348.
  7. Rotmar, Annales fol. 90v.

Nachweise

  1. Clm 1533 p. 376; Oefeleana 44 Ingolstadt fol. 28r; Clm 2105 fol. 200r, Nr. 435; Cgm 3017 fol. 54r; StadtA Regensburg HVOR Ms. B. 23 p. 19, Nr. 33; Kdm OBB I (Ingolstadt) 44; Kögerl, Garnisonskirche 31f.; Götz, Grabsteinbuch 103; Koller, Grabsteine 108, 109 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 99, Stadt Ingolstadt, Nr. 259 (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di099m018k0025903.