Inschriftenkatalog: Stadt Ingolstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 99: Stadt Ingolstadt (2017)

Nr. 239 Rathaus 1557?–1563

Beschreibung

Ratsspruch auf einer Schrifttafel. Sitzungssaal. In einem Flechtwerkrahmen, der unten durch einen Wappenschild unterbrochen ist. Inschrift in zwölf Zeilen mit einer verzierten Initiale (I) und unten in der rechten Ecke Künstlersignatur (II). Steinätztafel. Kalkstein.

Maße: H. 32 cm, B. 24,5 cm, Bu. 1,1 cm.

Schriftart(en): Fraktur (I), Kapitalis (II).

© BAdW München, Inschriftenprojekt [1/1]

  1. I.

     Eina) Jeder Ratsherr der da gathb)aus ambts beuelch in disen Rathc)Der soll vor eingang durch die thürWeckhwerffen all aigen begir.Alß feindtschafft, freundtschafft, gunst / vnd neidd)Forcht, schmaichlen als bey seinem aide)Vnd soll allain den gemainen nütz.Betrachten disem haben schützDann wie der Richter vrtheil felltRecht oder vnrecht in der weltAlso wirt er on allen spotGleich vrtheil erwarten von Gotf).

  2. II.

     G. K.

Versmaß: Deutsche Reimverse. (I)

Wappen:
Stockmair1).

Kommentar

Die geätze Schrift zeigt eine gedrängte, mehr dem Runden zugewandte Fraktur mit zahlreichen Buchstabenverbindungen auch von sonst nicht dazu neigenden Buchstaben wie h, das sowohl Verbindungen mit e als auch mit a und t eingeht. Die Inschrift zeigt eine geringe Neigung zu Unterlängen, z. B. beim f, auffällig ist auch der kleine, fast zu einem Dorn verkürzte untere g-Bogen. R als Versal reicht dagegen immer unter die Zeile und unterfasst den folgenden Buchstaben. s als Endbuchstabe tritt stets als geschlossenes Schleifen-s auf.

Die deutsche Spruchtafel stammt von einem Steinätzer mit den Initialen G. K. Für ihn belegte Wallner zwei Werke aus den Jahren 1561 und 15982). Der Text der Tafel entspricht dem lateinischen auf der Tafel des Sixtus Löblein (vgl. Nr. 238). Auf Grund des Wappens ist zu vermuten, dass die deutsche Tafel von Hans Stockmair (Stegmair) gestiftet wurde (vgl. Nr. 226 und 241). Stockmair war ab 1552 Mitglied des Äußeren, ab 1558 Mitglied des Inneren Rats und bekleidete in den folgenden Jahren regelmäßig das Amt des Bürgermeisters. Ob Stockmair die Ratsspruchtafel in seiner Funktion als Bürgermeister anfertigen ließ oder sie aus eigenem Vermögen stiftete, ist nicht klar. Ebenfalls denkbar ist eine Stiftung Stockmairs in seiner Funktion als Bußherr, dieses Amt hatte er z. B. 1557 inne3).

Textkritischer Apparat

  1. E als Flechtwerkinitiale gestaltet.
  2. ath kleiner am Rand, in das Flechtwerk hineinreichend.
  3. Letztes Wort kleiner am Rand, in das Flechtwerk hineinreichend.
  4. gunst kleiner, vnd neid rechts darunter gestellt, Flechtwerk weicht hier aus.
  5. id kleiner.
  6. Initiale größer.

Anmerkungen

  1. Ostermair, Bürgerbuch II, 134. In Rot auf grünem Hügel ein natürlicher Baumstumpf von drei goldenen, sechsstrahligen 1:2 gestellten Sternen begleitet.
  2. Vgl. Steininger, Steinätztafeln 652.
  3. Vgl. Hofmann, Ingolstadt II, 104 mit Anm. 508.

Zitierhinweis:
DI 99, Stadt Ingolstadt, Nr. 239 (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di099m018k0023907.