Inschriftenkatalog: Stadt Ingolstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 99: Stadt Ingolstadt (2017)

Nr. 228 München, Archiv der Ludwig-Maximilians-Universität 1561

Beschreibung

Wappenbeischriften auf der Truhe der Artistenfakultät. Schlichte Holztruhe, alle Seiten mit abgetreppten Randleisten. Auf dem Deckel drei Wappenschilde, 2/1 angeordnet. Das mittlere, herzogliche Wappen umgeben mit der Kollane des Ordens vom Goldenen Vlies mit schwarzer Beischrift auf weißem Schriftband und Datierung zwischen Schriftband und Schild (I), darunter die Wappenschilde von Universität (II) und Fakultät (III) mit Beischriften. Auf der Vorderseite zwei Wappenschilde mit Beischriften (IV, V) auf der rechten Schmalseite und der Rückseite je ein weiterer Wappenschild mit Beischrift (VI, VII). Auf dem Deckel mittig Henkelbeschlag und Doppelschloss, auf der Vorderseite Beschlag für den Schließzylinder, hinten zwei Scharniere, die Deckel und Kiste verbinden. Kiste bestehend aus einem oberen Fach und einer zur linken Längsseite herausziehbaren Schublade. Zugbeschlag der Schublade wohl nicht mehr Original. Beide Fächer innen rot gefasst, Schublade mit fester Einteilung, wohl für Typare. Im oberen Fach ein Zettel (Exlibris?) eingeklebt wohl älter als der Schlossbeschlag1). Holz, außen grüne Fassung, weiße Schrift, farbige Fassung der Wappen. Auf der Oberseite und der Vorderseite Reste von (Lack?-)Siegeln, wohl von einer Versiegelung der Truhe stammend.

Maße: H. 16 cm, B. 36 cm, T. 26,5 cm, Bu. 0,7 cm (I), 0,6 cm (II-IV), 0,5 cm (V-VII).

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. I. Oberseite, oben in der Mitte über dem Herzogswappen:

     A(LBRECHT) H(ERZOG) I(N) O(BERN) V(ND) N(IDERN) B(AIERN) /. 1. 5 . 6. 1.

  2. II. Oberseite, über dem heraldisch rechten Wappen:

     INSIGNIA VNIVERSITATIS

  3. III. Oberseite, über dem heraldisch linken Wappen:

     INSIGNIA FACVLTATIS / ARCIVMa) .

  4. IV. Vorderseite, über dem heraldisch rechten Wappen:

     . M(AGISTER) WOLFGANGVS GOTHARDb) / CAMERARIVSa)

  5. V. Vorderseite, über dem heraldisch linken Wappen:

     M(AGISTER)c) WOLFGANGVS ZETTELa)

  6. VI. Über dem Wappen der rechten Schmalseite:

     . M(AGISTER) . SEBASTIANVS REISACHERa)

  7. VII. Über dem Wappen der Rückseite:

     . M(AGISTER) . CASPARVS MACERa)

Wappen:
Pfalz-Bayern/Österreich2), Universität Ingolstadt3), Artistenfakultät4), Gotthard5), Zettel6), Reisacher7), Macer8).

Kommentar

Die I tragen durchwegs Punkte, die M sind konisch ausgeführt.

Die Truhe gehörte nach den Wappen zu schließen der Artistenfakultät. Die Einteilung in der unteren Schublade legt nahe, dass sie zur Aufbewahrung von kleineren Gegenständen im Besitz der Fakultät diente, vielleicht zur Aufbewahrung der Typare. Im oberen Fach wurden vielleicht Schriftstücke oder Geld verwahrt. Die an den Seiten der Truhe angebrachten Wappen gehören angesehenen Mitgliedern der Artistenfakultät.

Wolfgang Gothard, der in seiner Funktion als Camerarius auf der Truhe zeichnet, versah am Pädagogicum der Universität die lectio paedagogica et oratoria (vgl. auch Nr. 247).

Wolfgang Zettel hatte zwei Lekturen an der Artistenfakultät inne. Er war im Wintersemester 1560/61 Dekan der Artistenfakultät (vgl. auch Nr. 288†).

Sebastian Reisacher stammte vermutlich aus Neuötting. Er immatrikulierte sich 1548 an der Hohen Schule, 1551 wurde er zum Magister artium promoviert, 1553 in das Gremium der Fakultät aufgenommen. Er lehrte an der Artistenfakultät ab 1554 Griechisch, ab 1556 ist er als philosophischer Lektor belegt, ab 1557 hatte er die Physiklektur inne, er befasste sich neben seiner Lehrtätigkeit mit medizinischen und juristischen Fragen und wurde 1562 zum Doctor iuris promoviert, lehrte aber weiterhin an der Artistenfakultät, deren Dekanat er unter anderem im Wintersemester 1561/62 inne hatte. 1564 ging er als herzoglicher Rat nach Burghausen9). Er war mit Anna, geb. Wiser, verheiratet (vgl. Nr. 303).

Caspar Macer immatrikulierte sich als Bamberger Kleriker 1547 an der Hohen Schule, 1551 wurde er zum Magister artium promoviert und widmete sich anschließend dem Theologiestudium. 1558 wird er ins Konzil der Artisten aufgenommen. Er hatte die Poetiklektur inne. Daneben studierte er Jura an Stelle der vorher begonnenen Theologie und wurde 1563 zum Doktor beider Rechte promoviert. 1563 erhielt er einen Ruf als Domprediger nach Regensburg10).

Textkritischer Apparat

  1. Es folgt ein vegetabiles Ornament.
  2. Es folgt der Beschlag, evtl. verdeckt er einen Punkt.
  3. Davor Punkt, vielleicht vom Beschlag verdeckt.

Anmerkungen

  1. Zettel (ex libris?), oben ein Vollwappen, teilweise durch das nachträglich darüber angebrachte Schloss zerstört. Das Wappenbild zeigt über Wolken/Wellen einen auffliegenden Adler, darunter zwei DistichenAethera cur pansis tranat Iovis armiger alis?Virtutum tendat quod super astra decus.Vtque uiret Laurus, sic dota poemata florentIngenio uates haec tulit arma suo.
  2. Quadriert von Pfalz und Bayern mit eingebogener Spitze, darin Österreich. (Ehewappen Albrecht V.-Anna von Österreich.)
  3. Siebmacher Uni 21.
  4. Siebmacher Uni 21.
  5. Siebmacher BayA2 52, Stammwappen, jedoch mit abweichender Tinktur: der Balken schwarz statt blau.
  6. Ein unbeschriftetes Spruchband, Zettel.
  7. Von Gold und Schwarz gespalten, unten ein Dreiberg in verwechselten Farben, in der Mitte ein Sturzsparren in verwechselten Farben belegt mit drei Sternen in erneut verwechselten Farben. Leicht abweichend vom in Bg1 13 gebotenen, wohl vom heute verlorenen Grabdenkmal der Anna Reisacher (vgl. Nr. 303†) stammenden Wappenbild.
  8. Geteilt, oben in Rot ein auffliegender Schwan, unten in Weiß drei rote Schrägbalken.
  9. Pölnitz, Matrikel 1548, 639,10; vgl. Biographisches Lexikon 335f.
  10. Pölnitz, Matrikel 1547, 628,10 (unter dem Namen Mager); vgl. Biographisches Lexikon 258. Vgl. auch Schrüfer, Kanzel 6, zur Dompredigerstelle in Regensburg. Freundlicher Hinweis von Walburga Knorr, Regensburg.

Zitierhinweis:
DI 99, Stadt Ingolstadt, Nr. 228 (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di099m018k0022803.