Inschriftenkatalog: Stadt Ingolstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 99: Stadt Ingolstadt (2017)

Nr. 204† Franziskanerklosterkirche Mariae Himmelfahrt nach 1551

Beschreibung

Grabinschrift des Pallas von Oberstein bzw. Stifterinschrift des Johann von Thalheim. Genauer Standort unbekannt.

Text nach Cgm 5068.

  1. I.

    Hic situs est Pallas ab Oberstein nobilis et summae spei ephebus, ecclesie cathedralis Spirensis canonicus, cui immatura morte sublato XVIII die may Johannes à Talhaim cognatus maerens hoc monumentum pie poni curavit.

  2. II.

    Nobilis occubuit studys è stemmate Pallaset virtuti amans. Hic lapis ossa tegit.Vt flores mollesque rosae vel lilia marcent,Sic hominis vita et tempus inane perit.

Übersetzung:

Hier liegt Pallas von Oberstein, ein adeliger Jüngling, der zu größten Hoffnungen Anlass gab, Kanoniker der Kathedralkirche von Speyer. Ihm, der durch allzu frühen Tod am 18. Tag des Mais hinweggerafft worden war, hat Johann von Thalheim, sein trauernder Blutsverwandter, dieses Denkmal fromm setzen lassen. (I) Pallas starb, edel durch Gelehrsamkeit und Abstammung, die Tugenden liebend. Dieser Stein deckt seine Gebeine. Wie die Blumen und zarte Rosen und Lilien welken, so gehen das Leben des Menschen und die Zeit nichtig dahin. (II)

Versmaß: Distichen. (II)

Kommentar

Das Bild der welkenden Blumen fand sich in der gleichen Formulierung auch auf dem Denkmal des Matthias Erlmüller (Nr. 483†). Eine Quelle für die Distichen konnte bisher nicht gefunden werden, so dass es sich vielleicht um eine Originaldichtung für Pallas von Oberstein handelte, die dann von den Verfassern des Denkmals für Matthias Erlmüller übernommen wurde.

Pallas (II.) von Oberstein war der Sohn von Viax von Oberstein-Kredenburg und der Margarethe, geb. von Thalheim. Der sich als Blutsverwandter bezeichnende Johann von Thalheim muss daher wohl mütterlicherseits mit Pallas von Oberstein verwandt gewesen sein. Pallas schwor 1546 in Speyer auf. Er ging dann zunächst zum Studium nach Heidelberg, wo er im Wintersemester 1549/50 immatrikuliert war, anschließend, im Jahr 1551, ging er auf Kavalierstour nach Frankreich. Am 28. Oktober 1551 immatrikulierte er sich an der Hohen Schule in Ingolstadt, wohl um – über die übliche Grundstudienzeit Adeliger hinaus – einen akademischen Grad anzustreben. In der Originalmatrikel findet sich ein von Vitus Schober (vgl. Nr. 466†) gezeichneter Vermerk, Pallas von Oberstein sei in Ingolstadt gestorben und bei den Franziskanern bestattet worden1).

Anmerkungen

  1. Zur Biographie vgl. Fouquet, Speyerer Domkapitel II, 700f. Nr. 273; zum Studium in Ingolstadt vgl. Pölnitz, Matrikel 1551, 685,8 und Mederer, Annales I, 223.

Nachweise

  1. Clm 5068 p. 5.

Zitierhinweis:
DI 99, Stadt Ingolstadt, Nr. 204† (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di099m018k0020401.