Inschriftenkatalog: Stadt Ingolstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 99: Stadt Ingolstadt (2017)

Nr. 188 Franziskanerklosterkirche Mariae Himmelfahrt 1547

Beschreibung

Sterbeinschrift auf dem Epitaph des Johann von der Leiter. Pfeilerreihe zwischen Mittel- und südlichem Seitenschiff, sechster Pfeiler von Westen, Ostseite. Dreiteiliges Grabmal: unten Schrifttafel in Rahmenleiste, ausgeführt als Tabula ansata mit Laubwerkansen, die Gestaltung durch zwei Metallpflöcke als angebliche Halterungen betont (I); im Mittelfeld in mehrfach gestuftem Kehlstabprofil Relief: der Verstorbene betet vor dem Gekreuzigten. Halbrechts Kreuz mit Titulus (II), der Kreuzbalken den Rahmen überschneidend, der Gekreuzigte blickt zum links in Harnisch und Waffenrock mit gefalteten Händen knienden, zum Gekreuzigten aufblickenden Verstorbenen, zu dessen Füßen Visierhelm mit Federbusch. Zu beiden Seiten des Kreuzes am äußeren Rand der Platte achtteilige Ahnenprobe mit Beischriften (III); oben ein Aufsatz, einem Kragsturzbogen ist ein Dreipassbogen eingeschrieben, im Bogenfeld Wappen, in den Zwickeln zwei Engelsköpfe. Die ganze Platte mit Graffiti bedeckt. Kalkstein.

Maße: H. 233 cm, B. 87 cm, Bu. 2,2 cm (I), 2 cm (II), 1,5-1 cm (III).

Schriftart(en): Gotische Minuskel (I), Kapitalis (II, III).

© BAdW München, Inschriftenprojekt [1/2]

  1. I.

    Anno d(omi)nj · 1 · 5 · 47 · den 19. Septembris ist gestorben der frumb vnd / wolgeborn Herr Johann von der Laiter Herr Zu Pern vnd Vicencz1) . (et)c(etera) . / firstlicher Rat vnd Pfleger Zv Ingoldtstat · vnd 32 · Jar gewesema) Stathalter / der da war seines alters 76 · Jar . des sell Gott seyb) amen ·

  2. II.

    I · N · R · I

  3. III. Wappenbeischriften:
    PERN2) CLOSEN 
    <---> RECHBERG 
    <---> <---> 
    <---> HELFENSTAIN 
Wappen:
von der Leiter2).
von der Leiter2)Closen3)
Fraunberg4)Rechberg5)
Savoyenunbekannt6)
lediger SchildHelfenstain7)

Kommentar

Das Epitaph ist ein eigenhändiges Werk des Loy Hering8).

Johann von der Leiter (geb. 1471) war ein Sohn des Vicedoms von Niederbayern, Johann von der Leiter und der Helena von Closen, einer Tochter des Stefan von Closen und der Elisabeth von Rechberg9). Vater des Vizedoms Johann war Paul, verheiratet mit Amalia von Fraunberg, einer Tochter des Hans von Fraunberg und der Barbara Marschalk von Oberndorf. Dessen Vater Guglielmo war laut Hundt mit einer Frau aus dem Haus Savoyen verheiratet10), was mit dem Wappenbild des beischriftenlosen dritten Wappenschilds der väterlichen Ahnenreihe übereinstimmt. Als Wappenbild des vierten Ahnenschildes wäre das der mütterlichen Urgroßmutter des Johann d. J. von der Leiters zu erwarten, also das Wappen der Marschalk von Oberndorf (Bay 17). Der Schild bleibt jedoch ledig. Unklar ist, ob die Darstellung des ledigen Schildes sich einfach der Unkenntnis der Ahnenreihe verdankt. Auch die mütterliche Ahnenreihe bietet Schwierigkeiten. Die Beschriftung zum Wappen der Mutter des Stefan von Cloosen fehlt, der Schild zeigt als Wappenbild einen einfachen Balken; die Mutter des Stefan von Cloosen soll jedoch Barbara von Seiboldsdorf gewesen sein; die Seiboldsdorf führten in ihrem Stammwappen zwei Stufen (Bay 22), so dass hier entweder Unsicherheit über die Geneaolgie bestand – wofür die fehlende Beischrift spricht - oder eine andere genealogische Konstellation angenommen wurde. Die Mutter der Elisabeth von Rechberg war Jolanda von Hirschhorn, auch hier stimmt das in der Ahnenprobe präsentierte Wappen nicht. Da eine Großmutter der Elisabeth von Rechberg Agnes Gräfin von Helfenstein war, zog man hier vermutlich das höherwertige großmütterliche dem korrekten mütterlichen Wappen vor.

Johann der Jüngere wurde am Heidelberger Hof erzogen. Er strebte – wie sein Bruder, der ältere Hans - die Rückgabe der Herrschaft über Verona und Vicenza an und stellte sich ansonsten in die Dienste des bayerischen Herzogshauses. Die Angabe eines Statthalteramtes in Ingolstadt für Johann von der Leiter ist zweifelhaft. Offiziell wird das Statthalteramt in Ingolstadt zum ersten Mal 1549 bei der Besoldungsanweisung Georg von Haslangs erwähnt. Da er in seiner Bestallung jedoch Pfleger genannt wird, ist denkbar, dass beide Titel parallel benutzt wurden. Johann von der Leiter kann den Titel eines Statthalters auch bereits früher im Zuge seines cursus honorum erworben haben11).

Textkritischer Apparat

  1. Sic!
  2. Sic, gnädig fehlt!

Anmerkungen

  1. Pern und Vicenz, Verona/Italien und Vicenza/Italien.
  2. Siebmacher BayA1 19. Die Wappenbeischrift PERN bezieht sich auf die Stadtherrschaft der della Scala (deutsch von der Leiter) über die Stadt Verona, deutsch Bern.
  3. Siebmacher Bay 29.
  4. Siebmacher Bay 34.
  5. Siebmacher Si1 110.
  6. Balken. Eigentlich zu erwarten wäre das Wappen der Familie Hirschhorn (Siebmacher BayA1 146).
  7. Siebmacher WüA 11.
  8. Reindl, Loy Hering 392f. (A120).
  9. Hundt, Stammenbuch II, 137.
  10. Hundt, Stammenbuch II, 44-46.
  11. Vgl. auch Kleemann, Festung 55.

Nachweise

  1. Clm 1533 p. 377, 393f.; Clm 2105 fol. 201v, Nr. 439; Cgm 3017 fol. 54r; StadtA Regensburg HVOR Ms. B. 23 p. 18, Nr. 30; Kleemann, Festung 55; Kdm OBB I (Ingolstadt) 45; Wimmer, Bericht 84f.; Ostermair, Militärische Verhältnisse 56; Ostermair, Beiträge (1887) 47; Mader, Loy Hering 95f. (m. Abb.); Kögerl, Garnisonskirche 34-36; Reindl, Loy Hering 392f. (A 120); Koller, Grabsteine 84, 85 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 99, Stadt Ingolstadt, Nr. 188 (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di099m018k0018804.