Inschriftenkatalog: Stadt Ingolstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 99: Stadt Ingolstadt (2017)

Nr. 157 Franziskanerklosterkirche Mariae Himmelfahrt 1538

Beschreibung

Sterbeinschrift auf der Wappengrabtafel des Malers Melchior Feselen. Pfeilerreihe zwischen Mittel- und nördlichem Seitenschiff, dritter Pfeiler von Westen, Südseite. Hochrechteckige Platte, im oberen Teil Inschrift, im unteren Teil Wappenschild in genuteter, oben kassettierter Segmentbogennische, in den Ecken über dem Segmentbogen Laubwerk. Die Schrift ist schwarz, das Wappen bunt gefasst (Zutaten des 19. Jahrhunderts?).

Maße: H. 80 cm, B. 42 cm, Bu. 4,5-5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

© BAdW München, Inschriftenprojekt [1/1]

  1. Anno d(omi)nia) · 1538 · den / 10 tag Aprilis · Starb derb) / Erber vnd kunstreichc) · / maister melcher feselend) / malera) · Dem got gnade)

Wappen:
Zunftwappen der Maler1).

Kommentar

Die Schrifttafel zeigt eine Gotische Minuskel mit ausgeprägten Oberlängen. Anlautendes m und v sind mit einem Zierstrich an der ersten Haste versehen, die Oberlängen von b, h und l sind oben gespalten. Versale und Gemeine sind deutlich zu scheiden, da für A bei Anno und Aprilis, sowie E bei Erber und D bei Dem Buchstaben gewählt wurden, die eindeutig einer anderen Schrift entnommen sind. Die Inschrift verwendet zwei Minuskel-e Formen. Die größere Zahl der e besteht aus unten gebrochener Haste, abgeknicktem oberen Bogenabschnitt und zu einem unten nach rechtsgebogenem Schrägstrich reduziertem Balken. Die e in den Worten der, kunstreich und das dritte e im Namen Feselen bestehen aus unten umgeknickter Haste, und einem oberen abgeknickten Bogenabschnitt der mit dem e-Balken zu einem zur Haste zurückgeführten Bogen verschmolzen ist. Beim letzten e in Feselen ist dabei zu bedenken, dass der Steinmetz wohl einen Fehler verbessern wollte. Er hatte i statt e geschrieben2). Die Linierung ist sichtbar. Das Denkmal wurde von Dietheuer zunächst Loy dann Martin Hering zugewiesen, beide Zuweisungen werden durch Reindl abgelehnt3).

Melchior Feselen stammte aus Nördlingen4). Er ist ab 1520 in Ingolstadt nachweisbar, muss 1521 verheiratet gewesen sein und hatte spätestens 1523 das Bürgerrecht der Stadt. Er hatte mindestens einen Sohn, ebenfalls mit Namen Melchior, der sich 1535 an der Hohen Schule immatrikulierte und 1539 ein Stipendium am Georgianum erhielt5). 1541 muss auch seine Frau verstorben gewesen sein, da die Vormünder des Sohnes den Verkauf des Hauses der Familie betreiben6). Melchior Feselen trat vor allem als Historienmaler im Dienste Wilhelms IV. in Erscheinung7). Burghart weist nach, dass er daneben als einer der in Ingolstadt tätigen zünftischen Stadtmaler anzusehen ist. In Ingolstadt haben sich mehrere Werke von ihm erhalten, darunter der von Georg und Apollonia Kaiser (vgl. Nr. 98) gestiftete Kreuzigungsaltar (vgl. Nr. 118).

Textkritischer Apparat

  1. Obere Hälfte eines Worttrenners in Paragraphenform.
  2. e über die Begrenzungslinie hinausgeschrieben r bzw. er-Haken übergeschrieben.
  3. Umgekehrt pragraphenförmiger Worttrenner.
  4. Letztes e aus i zu e verbessert; n über die Begrenzungslinie hinausgeschrieben.
  5. d über die Begrenzungslinie hinausgeschrieben.

Anmerkungen

  1. Drei Schilde 2:1 gestellt.
  2. Richter, Feselein 196, hingegen behauptet, es handle sich um eine Kürzung für den Namen Feselein. Seine Theorie, Feselein sei die oberbayerische, Feselen hingegen die schwäbische Schreibung, ist weder auf Grund der urkundlichen Überlieferung noch auf Grund des heute über die Wortbildung im Frühneuhochdeutschen Bekannten haltbar.
  3. Reindl, Loy Hering 470 (F 32).
  4. Wulz, Heimat passim.
  5. Pölnitz, Matrikel 1535, 528,20.
  6. Richter, Feselein 198.
  7. Vgl. dazu Goldberg, Alexanderschlacht passim.

Nachweise

  1. Oefeleana 44 Ingolstadt fol. 13v; Clm 2105 fol. 191v, Nr. 411 (teilweise Edition); StadtA Regensburg HVOR Ms. B. 23 p. 17, Nr. 27; Kögerl, Garnisonskirche 44f.; Richter, Feselein 196; Fischer, Stadtpfarrkirche 21 Anm. 17,7 (Abschrift der Is); Thieme/Becker 501-503 (mit Abschrift der Inschrift); Kdm OBB I (Ingolstadt) 46; Holm-Hammer, Glasgemälde 15; Reindl, Loy Hering 470 (F 32); Schädler, Epitaphe 67 (m. Abb.); Koller, Grabsteine 72, 73 (Abb.); Burghart, Frühwerk 13, Abb. 1.

Zitierhinweis:
DI 99, Stadt Ingolstadt, Nr. 157 (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di099m018k0015701.