Inschriftenkatalog: Stadt Ingolstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 99: Stadt Ingolstadt (2017)

Nr. 102 Franziskanerklosterkirche Mariae Himmelfahrt 1512

Beschreibung

Grabinschrift auf dem Epitaph des Hans Schreyer. Innen, im Chorraum, an der Nordwand, östlich des Eingangs zur Sakristei. Hochrechteckige Platte. Unten in eingetieftem Feld ein Vollwappen zwischen zwei weiteren Schilden, darüber die Inschrift in zwei Blöcken zu je vier Zeilen auf einem breiten Steg in zwei gerahmten Feldern, erhaben. Darüber Relief Stigmatisierung des Hl. Franziskus: vor einer hügeligen Landschaft mit Bäumen und mehreren Siedlungen links unten der Hl. Franziskus, kniend, die Hände erhoben, ihm gegenüber der Gekreuzigte mit Seraphenflügeln, beide durch Strahlen zwischen ihren Wundmalen verbunden, rechts unten ein schlafender Bruder. Rotmarmor.

Maße: H. 219 cm, B. 113 cm, Bu. 3,6 cm.

Schriftart(en): Gotico-Antiqua.

© BAdW München, Inschriftenprojekt [1/1]

  1. Als nach M. d. das Zwelft iar lagDes hewmon der sechzehen tagWard ha(n)nsen Schreyers vest geacht Corper hie zu begrebnus bracht
    Der sele verleich got sein huldVnd vergeb Im all sein schuldDurch sein milcea) barmhertzikaitBewar in vor ewigem laid .

Versmaß: Deutsche Reimverse.

Datum: 16. Juli 1512.

Wappen:
Schreyer1), Riederer2), Heuberger3).

Kommentar

Die Schrift orientiert sich in ihren Proportionen vor allem im Mittellängenbereich noch streng an dem gitterförmigen Aufbau der Gotischen Minuskel. Durch die erhabene Ausarbeitung ist die Aufgabe der Brechungen weniger auffällig, bei g und a sind die Bögen jedoch bereits vollständig gerundet.

Schädler vermutet als Schöpfer des Schreyer Grabdenkmals einen Mitarbeiter der Ingolstädter Werkstatt, deren Meister das Permetterepitaph (vgl. Nr. 87) schuf. Hofmann vermutet den Meister selbst als Autor und will dem gleichen Meister mit Einschränkungen auch das Grabdenkmal Hans Knebels (vgl. Nr. 110) zuweisen4). Durch den Schriftbefund ist eine Zuweisung an die gleiche Werkstätte nicht zu führen.

Hans Schreyer war Sekretär Herzog Georgs und von 1484 bis 1500 Gegenschreiber des Ingolstädter Zöllners. Er war in erster Ehe mit Anna, geb. Heuberger, verw. Hofmann, verheiratet. Anna war in erster Ehe mit dem Rentmeister Johann Hofmann verheiratet. Sie stiftete unter anderem das Anna-Selbdritt-Reliquiar in St. Johann im Gnadenthal (vgl. Nr. 39). 1497 war sie noch am Leben, da sie gemeinsam mit Hans Schreyer eine Totenleuchte für den Sebastiansfriedhof stiftete5). 1505 heiratet Hans Schreyer Felicitas, eine Tochter des Michael Riederer von Paar, sie hatten eine gemeinsame Tochter Rosina. 1512 starb Hans Schreyer. Seine Testamentsvollstrecker gaben 1513 6 fl. rh. für eine Donnerstagsprozession in St. Moritz. Über ihn ist überliefert, dass er auch 150 fl. rh. bei den Franziskanern hinterlegt hatte, was eine engere Bindung an das Kloster voraussetzt6). Seine Witwe heiratete Hochbrand von Sandizell, die Tochter dessen Bruder Wilhelm7).

Textkritischer Apparat

  1. Sic, wohl für milde.

Anmerkungen

  1. Quadriert. 1/4 halber aufsteigender Löwe nach rechts, 2/3 drei Balken. Siebmacher Bg3 53 gibt für Hans Schreyer, Rat zu Ingolstadt 1492 ein anderes Wappen an: ein halber Löwe; dieses Wappenbild zeigt auch das Siegel der Urkunde StadtA Ingolstadt Urk A 132 vom 7. Mai 1492 und das Siegel von Urkunde A 239 vom 16. Oktober 1497. Vermutlich erhielt Schreyer eine Wappenbesserung.
  2. Siebmacher Bay 53.
  3. Im Schuppenschnitt schräg rechts geteilt.
  4. Vgl. Schädler, Ingolstädter Epitaphe 49; Hofmann, Geschichte II, 947.
  5. Die Ehe wird belegt durch einen Urteilsbrief des herzoglich bayerischen Hofgerichts Landshut in einer Vorakte zur Reichskammergerichtssache Johann Engellender, dort wird Anna, geb. Heuberger und ihr zweiter Ehemann Hans Schreyer in einem Testamentsstreit um den Nachlass ihres ersten Mannes Johann Hofmann genannt, vgl. dazu Hörner, Reichskammergericht 8, Nr. 3108. Zur Stiftung der Totenleuchte vgl. StadtA Ingolstadt Urkunde A 239 vom 16. Oktober 1497.
  6. Vgl. StadtA Ingolstadt Urkunde C 721 vom 1. Mai 1513.
  7. Vgl. dazu Hundt/Libius, Stammenbuch III, 583f. und Cgm 2290 fol. 11v.

Nachweise

  1. Clm 1533 p. 375f.; Clm 2105 fol. 202v, Nr. 442; Cgm 3017 fol. 54v; StadtA Regensburg HVOR Ms. B. 23 p. 11, Nr. 12; Kdm OBB I (Ingolstadt) 48; Kögerl, Garnisonskirche 74; Götz, Grabsteinbuch 100; Schädler, Epitaphe 48f.; Koller, Grabsteine 54, 55 (Abb.); Steininger, Gegenschreiber.

Zitierhinweis:
DI 99, Stadt Ingolstadt, Nr. 102 (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di099m018k0010206.