Inschriftenkatalog: Stadt Ingolstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 99: Stadt Ingolstadt (2017)

Nr. 98 Franziskanerklosterkirche Mariae Himmelfahrt 1510

Beschreibung

Sterbeinschrift auf der Wappengrabplatte des Georg Kaiser und seiner Frau Apollonia, geb. Wisenhofer. Im Chor an der Südwand, westlich neben dem Eingang. Hochrechteckige Platte, unten Relief: vier Wappenschilde mit Beischriften (II), darüber Vollwappen unter Rundbogen, darüber Inschrift (I) in fünf Zeilen erhaben, auf dem Rahmen unten erklärende Beischrift (III). Rotmarmor.

Maße: H. 203 cm, B. 97 cm, Bu. 8,5 cm (I), 3,2 cm (II).

Schriftart(en): Gotische Minuskel (I), Frühhumanistische Kapitalis (II, III).

© BAdW München, Inschriftenprojekt [1/1]

  1. I.

    Anno · d(omi)ni · M · ccccc · <25> an / <sant · jorgen · tag ·> starb · der / Erssam · vnd · weysza) · gorg · kaiser / apolonia · wise(n)hoferi(n)b) · vxor · obytc) / 4d) · f(eria) · angarie · Michahelis · 1 · 5 · 10

  2. II. Wappenbeischriften:

     Auf dem linken Spruchband:EGLFRIDIN Auf dem Spruchband links des Wappens:SCHICKINe) Auf dem Spruchband rechts des Wappens:WISENHOFERINf) Auf dem rechten Spruchband:KARGINg)

  3. III.

    4d) · HVSf) · FROHWEN ·

Datum: 1510 September 18; 1525 April 23.

Wappen:
Kaiser1), Eglfried2), Schick3), Wisenhofer4), Karg5).

Kommentar

Die erhaben gearbeitete Gotische Minuskel zeigt am oberen Bogen des a eine Zierlinie, die bis in den Buchstabenkörper reicht und dort in einem an den linken unteren Balken des gebrochenen unteren Bogens geführten Abschlussbogen endet. Im Wortinneren wird in der Kombination mit a und o stets Bogen-r benutzt. Die Unterlängen, besonders beim in die Unterlänge reichenden Bogen des h, zeigen stets Zierlinien. Auffällig ist auch die Ausrundung an den oberen Schaftenden der Buchstaben. Die in Frühhumanistischer Kapitalis ausgeführten Wappenbeischriften bieten neben dem Leitbuchstaben des epsilonförmigen E, auch H mit Ausbuchtung nach oben, A mit weit nach links gezogenem Deckbalken und K mit bogenförmig ausgeführten Schrägbalken, auffällig ist auch der Einsatz zahlreicher spiegelverkehrter Buchstaben.

Ungewöhnlich ist der plötzliche Sprachwechsel innerhalb der Inschriften nach dem Nachnamen der Ehefrau. Vielleicht handelt es sich hier um eine wörtliche Übernahme aus einem Testament oder einer Urkunde. Hinweis darauf könnte auch die Benutzung der in Inschriften sonst nicht belegten Datierung 4 feria angarie Michaelis sein. Der in Inschriften seltene Begriff angaria für die Quatembertage ist in Ingolstädter Urkunden und in den Schriften der Universität oft zu finden6).

Laut Schädler lässt sich diese Grabplatte mit keinem anderen Ingolstädter Denkmal in eine kunsthistorische Beziehung setzen. Es gehört jedoch ohne Zweifel stilistisch in den altbayerischen Kunstkreis. Hofmann stellt Leonhard Sinninger als Meister zur Diskussion7).

Georg Kaiser war Stadtapotheker8). Bei der Ratswahl 1493 gehörte er dem Äußeren Rat an, 1499 ist er bereits Mitglied des Inneren Rats9); bei der Neukonstituierung 1523 wurde er als Urwähler kooptiert. Er bekleidete auch das Amt des Bürgermeisters von Ingolstadt und war lange Jahre Spitalpfleger. Er und seine Frau Apollonia waren die Stifter des Altarretabels des Kreuzigungsaltares in der ersten nördlichen Langhauskapelle von Westen (Jakobskapelle) der Münsterkirche (Nr. 118), ein Werk des Melchior Feselen (vgl. Nr. 157), dort sind beide mit ihren Wappen abgebildet. Georg Kaiser trat außerdem als Stifter eines Fensters in St. Johann im Gnadenthal auf10) und war dem Wappen nach zu schließen an den Kosten für die Wölbung der Sebastianskirche beteiligt11). Kaiser war, wie das Grabdenkmal belegt, viermal verheiratet, Apollonia Wisenhofer war nach dem Denkmal zu schließen seine dritte Ehefrau.

Textkritischer Apparat

  1. Unterer Bogen des z fehlt.
  2. n-Kürzung durch durchstreichen des h-Schaftes, r übergeschrieben.
  3. y klein, hochgestellt.
  4. Vierer in Form eines halben Achters.
  5. S und N spiegelverkehrt.
  6. S spiegelverkehrt.
  7. N spiegelverkehrt.

Anmerkungen

  1. Siebmacher Bg1 50.
  2. Ein Flügel.
  3. Unter einem A ein sechsstrahliger Stern.
  4. Marke in Schild: Schwebender rechtsschnittiger Schragen, verschränkt mit einem schwebenden rechtsschnittigen Sparren.
  5. Marke in Schild: Schaft mit Kopfkreuzsprosse und erniedrigter, vorne stumpf nach oben abgewinkelter Mittelkreuzsprosse und hinten auf die Sprosse gestelltem halbem Herz.
  6. Für diesen Hinweis sei Doris Wittmann, Stadtarchiv Ingolstadt, herzlich gedankt.
  7. Hofmann, Geschichte II, 949f.
  8. Zu Jörg Kaiser als Stadtapotheker vgl. auch Habrich, Fayencen 9-14.
  9. Hofmann, Geschichte I, 526.
  10. Hofmann, Geschichte I, 702.
  11. Hofmann, Geschichte I, 708.

Nachweise

  1. Clm 2105 fol. 203r, Nr. 443; Cgm 3017 fol. 54v; StadtA Regensburg HVOR Ms. B. 23 p. 12, Nr. 14; Kdm OBB I (Ingolstadt) 48; Kögerl, Garnisonskirche 62f.; Götz, Grabsteinbuch 93; Schädler, Epitaphe 51; Koller, Grabsteine 58, 59 (Abb.); Hofmann, Geschichte II, 949f.

Zitierhinweis:
DI 99, Stadt Ingolstadt, Nr. 98 (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di099m018k0009806.