Inschriftenkatalog: Stadt Ingolstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 99: Stadt Ingolstadt (2017)

Nr. 575 Franziskanerklosterkirche Mariae Himmelfahrt 1646

Beschreibung

Grabinschrift des Melchior und Stifterinschrift des Jakob Hahn auf dem Epitaph für Melchior. Innen, Südseite, östlich neben dem Eingang zur Loretokapelle. Dreiteiliger Aufbau. Unten in Volutenrahmen durch Engelskopf abgeschlossen, eingesetzte geschwungene Schriftplatte mit Inschrift (I) in sieben Zeilen, darüber in einer Rundbogennische zwischen mit Rankenwerk verzierten Pfeilern, an die Voluten anschließend, Relief der Verstorbene vor dem Auferstandenen: links unten der Verstorbene in Wams, Pluderhose und weitem Mantel, kniend, den Rosenkranz in Händen, rechts das offene Grab, die Deckplatte von einem Engel gehalten, darüber im Wolkenkranz der Auferstandene mit Siegesfahne im Segensgestus, eine Schlange zertretend, darüber Volutengiebel, im Giebelfeld Vollwappen. Schrift und Teile des Reliefs mit Vergoldung des 20. Jahrhunderts. Kalkstein. Schiefer (Schriftplatte).

Maße: H. 121 cm, B. 77 cm, Bu. 1,1 cm.

Schriftart(en): Fraktur.

© BAdW München, Inschriftenprojekt [1/1]

  1. Hie negst am Eüsenen gütter vor der H(eiligen)a) Apostel Altar ligt begraben / der in Gott den 18 Februarij Anno . 1633 . Seelig abgeleibte Herr Melchior / Haan von Großgloggaw auß Schlesien, Ihro Chur F(ü)r(st)l(ichen) D(u)r(chlauch)t in Bayrn (et)c(etera) ge=/wester Saltzstadlmaister alhie (et)c(etera) dessen vnd allen Christglaubigen Seelen / der Allmechtige ein Seelig Fröliche Auferstehung verleichen wölle Amen / Dises Epitaphium hat aufrichten lassen Jacobus / Haan, deß verstorbnen Ha(n)s vetter A(nno) 46.

Wappen:
Hahn1).

Kommentar

Die durchwegs einheitlichen Gestaltungskriterien folgende Fraktur zeigt eine Neigung zu verspielten Versalformen mit zahlreichen begleitenden Zierlinien. Auch die Gemeinen zeigen charakteristische Einzelformen, so wird p aus einem einmal auf der Höhe der Grundlinie gebrochenen Schaft und einem getrennt daneben stehenden o-förmigen Bogenelement, das rechts einen Schwellzug zeigt, gebildet, analog ist auch v aus einem durchgebogenen Schaft und einem solchen o-förmigen Element gebildet. g zeigt einen manchmal auf der Grundlinie am zum Bogenteil umgeformten Schaft ansetzenden unteren Bogen, mal einen auf halber Höhe des oberen rechten Bogenabschnitts ansetzenden unteren Bogen, meist wird er unten weit nach links geführt. Rundes e zeigt häufig auffällig kleine Schlaufe, a ist stets aus länglichem Bogen mit angedeuteter Brechung oben rechts und deutlich auf der Grundlinie nach rechts ausgezogenem Schaft gebildet. r als letzter Buchstabe wird stets als Bogen-r aus zwei gegenläufigen übereinandergestellten Bögen gebildet. Die Oberlängen von Schaft-s, l, f werden entweder nach rechts umgebogen oder mit einem zusätzlich oben abschließenden Zierbogen versehen, doppeltes Schaft-s zeigt beim zweiten s einen nach links durchgebogenen, sich mit dem Bogen des ersten s kreuzenden Abschluss.

Clm 1533 bietet eine Sterbeinschrift für Melchior Hahn, die eine verkürzte Fassung des Epitaphtextes darstellt. Obwohl nicht ausgeschlossen werden kann, dass für Melchior Hahn, neben dem 13 Jahre nach seinem Tod errichteten Epitaph, eine weitere Inschrift an der eigentlichen Begräbnisstelle existierte, erscheint es anhand der zur Verkürzung neigenden Überlieferungsweise von Clm 1533 wahrscheinlicher, dass dieser Handschrift ebenfalls das Epitaph als Textgrundlage diente2).

Melchior Hahn stammte aus Großglogau3) und war Salzstadelmeister in Ingolstadt. Er stiftete unter anderem eine Messe an der Pfk. Zur Schönen Unserer Lieben Frau4). Sein Vetter Jakob war Bürger und Handelsmann zu Posen. 1546 kam er nach Ingolstadt, wohl um nach dem Ende der Kriegswirren den Nachlass des Melchior zu regeln, unter anderem machte er eine Zustiftung zu einem von Melchior gestifteten Stipendium. In diesem Zusammenhang hat er vermutlich auch das Epitaph errichten lassen5).

Textkritischer Apparat

  1. Gekürzt HH.

Anmerkungen

  1. Auf einem Dreiberg ein schreitender Hahn, auf dem Helm Hahnenfedern.
  2. Text von Clm 1533: Anno 1633. den 18. February ist in gott vershiden Herr Melchior Hann von Grosglockau aus Schlesien, ihro Durchlaucht in Bayrn gewester Salz Stadelmeister alhie, dessen undt allen Christglaubigen Seelen der allmechtige gott ein fröliche Auferstehung verleichen wolle.
  3. Heute: Głogów, Województwo Dolnośląskie/P.
  4. Vgl. Buchner, Bistum Eichstätt I, 626f.
  5. Vgl. Archiv des Herzoglichen Georgianums München, AHG I 94 (38/90) vom 29. Mai 1646; vgl. auch Schmid, Georgianum 44.

Nachweise

  1. Oefeleana 44 Ingolstadt fol. 17v; Clm 2105 fol. 197v-198r, Nr. 428; Cgm 3017 fol. 53r; Cgm 3368 fol. 82v; Clm 1533 p. 378; StadtA Regensburg HVOR Ms. B. 23 p. 14, Nr. 18; Kdm OBB I (Ingolstadt) 47; Kögerl, Garnisonskirche 57f.; Götz, Grabsteinbuch 93; Koller, Grabsteine 142, 143 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 99, Stadt Ingolstadt, Nr. 575 (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di099m018k0057507.