Inschriftenkatalog: Stadt Ingolstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 99: Stadt Ingolstadt (2017)

Nr. 460 Pfk. St. Moritz vor 1619

Beschreibung

Stifterinschrift auf dem Epitaph des Petrus Stevart. Innen, Nordseite, nahe der Westwand. Barocker Aufbau, unten in Rahmen aus Rollwerk, Fruchtgirlanden und Akanthus, querelliptische Schrifttafel (I). Darüber ein Architekturrahmen: zwei Säulen mit korinthischen Kapitellen. Die Säulen ruhen auf zwei mit Engelsköpfen geschmückten Konsolen, die die Verbindung zum unteren Teil des Denkmals herstellen. Über den Säulen profiliertes Gebälk, mit Fruchtgirlanden verziert, die rechte abgewittert, Seitenhänge mit Voluten und Fruchtgehängen. In der Hauptzone Relief, Maria präsentiert den Verstorbenen dem leidenden Heiland: Das Relief zeigt den Verstorbenen in Albe und Superpelliceum, von Maria präsentiert, vor einem leidenden Heiland, der mit dem rechten Arm das Kreuz mit Titulus (II) umfasst hält, kniend, vor ihm auf einem Buch das Birett und ein Zehner. Im Hintergrund, sein Namenspatron, der Hl. Petrus, links, neben der Mutter Gottes der Kirchenpatron Mauritius mit einem barocken Wappenschild mit dem Abteiwappen von Niederaltaich. Darüber ein Auszug, in Knorpelwerkkartusche Vollwappen. Kalkstein. Rotmarmor. Schwarzer Marmor. Schrift golden gefasst.

Maße: H. 295 cm, B. 163 cm, H. (Tafel) 33 cm, B. (Tafel) 61 cm, Bu. 1,9 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© BAdW München, Inschriftenprojekt [1/2]

  1. I.

     VIATOR MORITVRE, / HÂC NE TRANSITO, NÎ PRIVS A(N)I(M)AE MEAE BENÈ / FVERIS PRECATVS. NAM, OFFICII VT HVIVS CHRISTIANI / TE MONEREM. EGO PETRVSa) STEVARTIVSa) LEODIVSa), QVOD / CERNIS MONVMENTVM, MIHI VIVVS SCIENSQVE POSVI. QVI, / POSTQVAM XX<XV> ANNOS ECCLESIAE HVIC MAVRITIANAEa), ET IN / ACADEMIÂ CATHEDRAE THEOL(OGI)CAEb) . DOCTORa), ATQ(VE) PROCANCELLARIVSa) / PRAEFVISSEM : PROTON(OTARIVS)a) APOST(OLICVS) COLONIAEa) ITEM AGRIPPINAEa) AD S(ANCTOS)c). / APOSTOLOS PRAEPOSITVSa), ET LEODIIa) CANONICVSa) EX CALAMITOSÂ / MORTALIVM VITÂ, AD BEATAM COELESTIVM ASPIRANS, EMI=/GRAVI, ANNO D(OMI)NI M . D C<XXIV>d) AETATIS VERO MEAE / <LXXVII> DIE <XXVII> MENSIS <APRILIS / LEODIJ IN PATRIA>e)

  2. II.

     INRI

Übersetzung:

Wanderer, der du dereinst auch sterben wirst, du sollst nicht achtlos an dieser Stelle vorübergehen, ohne zuvor Gebete gesprochen zu haben, die meiner Seele gut tun! Denn um Dich an diese Christenpflicht zu erinnern (sage ich dir). Ich, Peter Stevart aus Lüttich, habe mir dieses Denkmal, das du gerade betrachtest, zu Lebzeiten und im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte errichten lassen. Nachdem ich 35 Jahre lang diese Pfarrei St. Moritz geleitet und an der Akademie als Doktor und Prokanzler dem Lehrstuhl für Theologie vorgestanden war, Apostolischer Protonotar, ebenso in Köln Propst an der Kirche der Heiligen Apostel und Kanoniker in Lüttich geworden war, bin ich mit einem tiefen Seufzer aus dem an Widrigkeiten überreichen Leben der Sterblichen zu dem seligen Leben der Himmlischen gewandert in meinem 77. Lebensjahr am 27. April des Jahres des Herrn 1624 in meiner Heimatstadt Lüttich.

Wappen:
Stevart1), Abtei Niederaltaich2).

Kommentar

Die durch Elemente wie Linksschrägenverstärkung auf klassische Vorbilder verweisende Kapitalis zeigt einige Eigenheiten: so ist das untere Ende der Cauda des R stets nach oben umgebogen. S und C sind fast durchgängig kleiner als das Zweilinienschema, S zeigt einen größeren oberen Bogen. Zahlreiche Buchstaben z. B. S, C, E, zeigen manchmal, jedoch nicht durchgängig, Zierstriche an den oberen vorderen Buchstabenenden. Der mittlere Balken des E, manchmal auch der untere Balken von E und L sowie das untere Bogenende von C und unterem S-Bogen sind mit Serifen besetzt. Gerades M zeigt einen auf halbe Höhe geführten Mittelteil mit mehr oder weniger ausgeprägter Linksschrägenverstärkung. Die Inschrift zeigt Ähnlichkeiten zu der des Denkmals des Albert Hunger (Nr. 402).

Peter Stevart stammte aus Lüttich. Er hatte sein Philosophiestudium in Rom absolviert, immatrikulierte sich am 22. November 1571 an der Hohen Schule und wurde 1584 zum Doktor der Theologie promoviert. Im selben Jahr wurde er zum Professor der Heiligen Schrift und Pfarrer von St. Moritz berufen3). Er war ein bedeutender Exeget. 1619 resignierte er seine Ämter an der Universität und kehrte in seine Heimat zurück, wo er unter anderem das Amt des Generalvikars der Diözese Lüttich ausübte. Das Denkmal muss deshalb noch in seiner Ingolstädter Zeit entstanden sein. In Ingolstadt wie in Lüttich verewigte er sich durch zahlreiche Stiftungen, z. B. die des Waisenhauses (vgl. Nr. 457(†)) und die des Christusbildes am Pfeiffturm. Dieses Christusbild veranlasste vermutlich auch die Darstellung des Zentralreliefs des Epitaphs, das Stevart ebenfalls vor einem leidenden Heiland zeigt, die Darstellung eines Christus mit offenen Armen, wie sie die Stiftung Stevarts am Pfeiffturm zeigt, erschien für eine Epitaphdarstellung wohl unpassend.

Textkritischer Apparat

  1. Anfangsbuchstabe vergrößert.
  2. CAE hochgestellt.
  3. SS Kürzung.
  4. Sog. Neulateinische Zahlzeichen.
  5. Diese Zeile deutlich kleiner.

Anmerkungen

  1. Durch eine weiße Sturzkrücke geteilt und gespalten, oben in den beiden Feldern je ein grünes Blatt, unten zwei gekreuzte schwarze Fackeln.
  2. Vgl. Siebmacher Klö 65 und Zimmermann, Klosterheraldik 108. Die Abtei Niederaltaich war Patronatsherrin der Pfarrei St. Moritz, für die das Wappen hier wohl steht.
  3. Zur Person vgl. Biographisches Lexikon 418f. Zur Matrikel Pölnitz, Matrikel 1571, 967,13.

Nachweise

  1. Oefeleana 44 Ingolstadt fol. 5v; Clm 2105 fol. 145r, Nr. 344; Cgm 3017 fol. 44r; DAEI, Pfarrarchiv St. Moritz, Akt v 272; Mederer Geschichte (Ms.) p. 133f.; SoBl 29 vom 18. Juli 1869, 116; Ostermair, Beiträge 356; Mederer, St. Moritz in: Unterhaltungsblatt (1873) 170; Kdm OBB I (Ingolstadt) 56; Götz, Moritzkirche 68-71; Götz, Grabsteinbuch 83; Koller, Grabsteine 139f., 141 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 99, Stadt Ingolstadt, Nr. 460 (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di099m018k0046007.