Inschriftenkatalog: Stadt Ingolstadt
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 99: Stadt Ingolstadt (2017)
Nr. 319 Pfk. Zur Schönen Unserer Lieben Frau 1583
Beschreibung
Gedenk- und Stifterinschrift auf dem Epitaph des Balthasar Hiltprand. Außen, Nordseite, an der Nordwand der vierten Kapelle von Westen der dritte Stein von Westen. Dreiteiliger Aufbau. Unten Schrifttafel mit Inschrift (I) in sieben Zeilen, leicht abgewittert, darüber in rechteckigem Feld Hochrelief Kruzifix mit Verstorbenem: leicht rechts von der Mitte Kreuz mit Corpus und Titulus (II), auf Höhe des Corpus Wolkenkranz, zu Füßen des Kreuzes Totenkopf. Links der Verstorbene kniend, den Hut in der Hand, vor ihm Vollwappen, rechts im Hintergrund Ansicht von Ingolstadt, im Vordergrund das alte Donautor. Darüber halbkreisförmiger Giebel mit Muschellünette. Kalkstein.
Maße: H. 64 cm, B. 34 cm, Bu. 0,7 cm, 1 cm.
Schriftart(en): Kapitalis (I, II), Humanistische Minuskel (I).
- I.
CARMEN NVMERALEa)HACb) TRANANS ILLAC AVGVSTI FORTE CALOREc)BALTHASARd) HILTPRA(N)DVSb) PROPERE EST DEPR/ENSVS AB ISTROe) /D(OMINVS)f) IOHANNES HIL[T]PRANDVS REIP(VBLICAE) PATAVIENS(IS) PHYSICVS / IN MEMORIAM F(RAT)RIS SVI F(IERI) C(VRAVIT) Patavij Anno 1583 . Prid(ie) / Kal(endas) Dece(m)b(ris)
- II.
I N R I
Übersetzung:
Zahlengedicht. Als Balthasar Hiltprand in der Augusthitze auf gut Glück versuchte, von hier nach dort hinüberzuschwimmen, wurde er unversehens von der Donau verschlungen. (I)
Herr Johann Hiltprand, Physikus der Stadt Passau, hat (dieses Denkmal) zur Erinnerung an seinen Bruder setzen lassen. Passau im Jahre 1583, am Vortag der Kalenden des Dezembers. (II)
Versmaß: Hexameter. (I)
Datum: 1583 November 30.
Hiltprand1). |
Textkritischer Apparat
- Erste Zeile kleiner 0,7 cm, zentriert.
- H vergrößert, Initiale.
- -ORE hochgestellt.
- B vergrößert, Initiale.
- Ister eigentlich Unterlauf der Donau, vom Eisernen Tor bis zur Mündung, hier wohl wegen des Verses und des Chronogramms gewählt. Freundlicher Hinweis von Uwe Dubielzig, München.
- Ab dieser Zeile kleiner.
Anmerkungen
- Siebmacher BayA1 44, jedoch gewendet, wohl zum Kreuz hin.
- Vgl. Eichhorn, Beichtzettel 154 und DI 67 (Passau) Nr. 675.
Nachweise
- Clm 2105 fol. 84r-v, Nr. 248; Cgm 3368 fol. 27v; Cgm 3017 fol. 27r; Ostermair, Stadtpfarrkirche 61; Grabschriften 214; Kdm OBB I (Ingolstadt) 39; Götz, ULF 87f.; Götz, Grabsteinbuch 36; Koller, Grabsteine 116, 117 (Abb).
Zitierhinweis:
DI 99, Stadt Ingolstadt, Nr. 319 (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di099m018k0031908.
Kommentar
Die ersten beiden, als Hexameter verfassten Zeilen des Textes bieten ein durch vergrößerte Buchstaben dargestelltes Chronogramm für das Todesdatum 1574, daher der Titel Carmen numerale.
Balthasar Hiltprand war ein Bruder des Passauer Stadtphysikus Johann Hiltprand2). Er immatrikulierte sich bereits 1567 an der Universität Ingolstadt. Die Familie stammte aus Grottkau in Schlesien (Grodków, Województwo opolskie/Polen). Die zeitliche Differenz zwischen dem Todesdatum Balthasars und der Setzung des Denkmals durch seinen Bruder erklärt sich vielleicht aus der Biographie des Johann. Er wurde 1580 Stadtphysikus in Passau und verfügte vielleicht erst zu diesem Zeitpunkt über die finanziellen Mittel, seinem Bruder ein Gedächtnismal setzen zu können. Ungewöhnlich ist auch die Formulierung der Stiftung, mit der nachgestellten, in abweichender Schrift formulierten Datierung, die auch den Ort der Stiftung mit angibt.