Inschriftenkatalog: Stadt Ingolstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 99: Stadt Ingolstadt (2017)

Nr. 313 Franziskanerklosterkirche Mariae Himmelfahrt 1582

Beschreibung

Stifterinschrift des Johannes Weilhamer und seiner Frau Euphemia, geb. Wenig, und Bibelvers auf der Grabtafel der Tochter Anna Sophia. Pfeilerreihe zwischen Mittel- und südlichem Seitenschiff, zweiter Pfeiler von Westen, Ostseite. Hochrechteckige Platte mit geschwungenem Giebelaufsatz, Inschrift in elf (I) und fünf (II) Zeilen. Kalkstein.

Maße: H. 70 cm, B. 41 cm, Bu. 2 cm (I, II).

Schriftart(en): Kapitalis (I), Humanistische Minuskel (II).

© BAdW München, Inschriftenprojekt [1/1]

  1. I.

     D(EO) . O(PTIMO) . M(AXIMO) / ANNAE SOPHIAE FILIOLAE / CARISS(IMAE) DVLCISS(IMAE) ARDEN=/TISSIMA FEBRI EXTINCTAE / IOANNES WEILHAMER ET. / EVPHEMIA WENINGIA CON=/IVNX PARENTES MOESTISS(IMI) / PIE P(OSVERVNT) VIXIT ANNOS IIII / MENSES . VI . DIES . XII . MORI=/TVR AN(N)O D(OMI)NI . M D . LXXXII / VII . CAL(ENDAS) SEPTEMB(RIS) VIVAT DEO .

  2. II.

     Rapta est ne malitia muta=/ret Intellectu(m) eius placita eni(m) / erat Deo a(n)i(m)a illius propter / hoc properauit educerea) eam de / medio iniquitatu(m) Sapient(ia) IIII

Übersetzung:

Gott, dem Allmächtigen und Allgütigen. Der Anna Sophia, dem teuersten und süßesten Töchterchen, das durch ein sehr heißes Fieber ausgelöscht wurde, setzten Johann Weilhammer und Euphemia Wenig, seine Frau, ihre allertraurigsten Eltern fromm (dieses Denkmal). Sie lebte vier Jahre, sechs Monate und zwölf Tage, sie starb im Jahre des Herrn 1582, am siebten Tag vor den Kalenden des Septembers, sie möge bei Gott leben. (I)

Sie wurde hinweggerissen damit die Bosheit ihren Geist nicht verändere, weil Gott ihre Seele gefiel, deshalb beeilte er sich, sie aus der Mitte der Ungerechtigkeiten herauszuführen. Weisheit 4. (II)

Bibel- und Schriftstellerzitat(e):

  • Nach Sap 4,11.14.

Datum: 1582 August 26.

Kommentar

Das Denkmal zeigt eine am klassischen Formenkanon orientierte Kapitalis mit Linksschrägenverstärkung und ausgeprägten Serifen. Die Cauda des R ist jedoch nicht stachelförmig, sondern in einem Bogen nach unten geführt, sie setzt ebenso wie der R-Bogen meist nicht am Schaft an.

Weit bewegter ist die Schrift des Bibelzitates. Grundsätzlich an der humanistischen Minuskel orientiert, zeigt sie eine gewisse Spielfreude (oder Unsicherheit?) bei den Einzelformen. Zum Schluss hin wird die Spationierung der Schrift enger, der Steinmetz hatte die Länge des Textes wohl unterschätzt. a wird sowohl in der zweistöckigen Form mit verhältnismäßig kleinem, unterem Bogen als auch in der einstöckigen Form mit verstärkt ausgeführtem unterem Bogenteil verwendet. Vielfältig ist die Gestaltung beim runden e, mal ist der untere Bogen fast parallel zur Grundlinie geführt, mal trägt er einen kleinen Sporn, mal erscheint er sogar gebrochen; der obere Bogenabschnitt wird meist vom Scheitelpunkt an verstärkt gearbeitet, die Schlinge ist dabei höchst unterschiedlich groß. Der Schaft der Punkte tragenden i ist oben nach links, unten nach rechts umgebogen. t trägt am oberen Schaftende eine Zierschlinge auf der rechten Seite, deren unteres Ende links vor den Schaft gezogen ist und in stark variierenden Formen ausläuft. l ist wie großes I gebildet und wird von diesem durch Punkt über dem I unterschieden. Auffällig ist das erste p von propter, das über dem oberen Bogen einen weiteren Bogen trägt; unklar ist, ob sich diese Form einem Steinmetzfehler verdankt oder beabsichtigt ist.

Die Zitate aus Weisheit Salomons sind in die weibliche Form gebracht, statt der männlichen des Originaltextes.

Zu den Eltern s. Nr. 315.

Textkritischer Apparat

  1. An dieser Stelle Steinmetzfehler: ursprünglich nach erstem e o geschlagen, dann innerhalb des rechten o Bogens mit d begonnen, o mit Masse gefüllt. Diese ist heute teilweise herausgebrochen, so dass nicht mehr klar zu erkennen ist, ob der Steinmetz eine Verbesserung zu e oder zu einem einstöckigen a intendierte.

Nachweise

  1. Oefeleana 44 Ingolstadt fol. 17v; Clm 2105 fol. 197r-v, Nr. 427; Cgm 3017 fol. 61r; Cgm 3368 fol. 83v; StadtA Regensburg HVOR Ms. B. 23 p. 22, Nr. 37; Kögerl, Garnisonskirche 24.

Zitierhinweis:
DI 99, Stadt Ingolstadt, Nr. 313 (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di099m018k0031307.