Inschriftenkatalog: Stadt Ingolstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 99: Stadt Ingolstadt (2017)

Nr. 298† Pfk. Zur Schönen Unserer Lieben Frau 1578

Beschreibung

Gedenk- und Stifterinschrift des Johann Eisengrein auf einem Altar. Ehemals in der zweiten Langhauskapelle von Westen an der Nordseite. Bei der Renovierung 1851 abgebrochen. Clemens Widmann fertigte am 2. September 1828 eine Zeichnung des Altares. Sie zeigt einen Renaissanceaufbau: zwischen zwei auf Podeste gestellten Säulen, die über zwei Kämpferkapitellen einen Architrav tragen – dieser links und rechts mit vorkragenden Platten, dazwischen in der Nische Mittelplatte mit Inschrift (I) – im Feld eine Mondsichelmadonna im Strahlenkranz, unter ihr zwischen den Podesten die Predella mit Inschrift (II), ebenfalls auf der Predella rechts unten, klein, die Künstlerinschrift (III). Oben wird der Altar durch eine vielfach durch Ornamente geschmückte Zierleiste abgeschlossen, trägt also nicht wie sonst üblich einen Auszug. Links und rechts des Altares zwei, auf Podesten stehende, wohl zum ursprünglichen Ensemble gehörende Leuchter. Stein.

Beschreibung und Text nach Abzeichnung Widmann, StadtA Ingolstadt Graphik II, 24a.

  1. I. Am Architrav:

     Johannes Eisengrein, doctor, canonicusa), procancell(arius) 1578. aetatisb) 42, ad suumc) altare sepultus.

  2. II. Unter dem Altarbild:

     Quantum prisca fides tibi debeatd) Eisengreini(si sapit)e) evolvens tua scripta fatebitur orbis

  3. III.

     Franciscus Zoia traevano ita faciebat.

Übersetzung:

Johann Eisengrein, Doktor, Kanoniker, Prokanzler, im Jahre 1578, im Alter von 42 Jahren, beim Hochaltar begraben. (I)

Wie viel der alte Glaube, dir, Eisengrein, zu verdanken hat, wird die Welt, wenn sie verständig ist, dann bekennen, wenn sie deine Schriften liest. (II)

Franziskus Zoia aus Traevanum1) hat dies gemacht. (III)

Versmaß: Hexameter. (II)

Kommentar

Die für den Altar der zweiten Langhauskapelle von Westen an der Nordseite, der sogenannten Ruschen- oder Eisengreinschen Kapelle überlieferten Inschriften bieten einige Unklarheiten, so den Vornamen des Stifters Johann. Dr. Johann Eisengrein war ein wesentlich jüngerer Bruder des Martin Eisengrein. Er immatrikulierte sich 1571 als Student der Rechte an der Universität Ingolstadt. 1576 erhielt er ein Kanonikat am Passauer Domstift. Er war der erste Propst des Kollegiatsstiftes St. Jakob und Tiburtius in Straubing nach der Verlegung aus Pfaffenmünster. Er starb am 8. April 1608 in Straubing2). Er wird mehrfach als Stifter des Altars in der Kapelle genannt. Die für die Predella des Altares überlieferte Inschrift bezieht sich aber wohl auf Martin Eisengrein, zu dessen Gedenken Johann den Altar errichten ließ. Unklar ist der Zusammenhang mit der heute im Stadtmuseum befindlichen Schiefertafel (vgl. die vorhergehende Nummer), die vom Auszug des von Zoia geschaffenen Altares in der Kapelle stammen soll, sich aber mit der Abzeichnung Widmanns im Stadtarchiv und den anderen Überlieferungen der Inschrift nicht in Einklang bringen lässt.

Textkritischer Apparat

  1. canon(um) Gerstner, fehlt Ostermair.
  2. atalis wohl Verschreibung bei Gerstner.
  3. summum richtig Ostermair, suum auch Gerstner und Fischer, vermutlich wurde eine Kürzung übersehen.
  4. debent Fischer.
  5. si sapit in Klammern, wohl in der Tradition der Setzung von runden Klammern bei Adverbialsätzen im Gebrauch der Lateinschulen. Freundlicher Hinweis von Uwe Dubielzig, München.

Anmerkungen

  1. Ort nicht zu identifizieren, laut Thieme/Becker 36, 546 stammte Zoia aus Venedig, sein Bruder Anton bezeichnet sich auf mehreren Arbeiten außerhalb Ingolstadts als „Venetus“, vermutlich stammte die Familie nicht aus der Stadt Venedig, sondern aus dem Gebiet der ehemaligen Republik Venedig, vielleicht kann traevano mit Trevano, Prov. Como/I. identifiziert werden.
  2. Vgl. Krick, Domstift 67. Pölnitz, Matrikel 1571, 964,14. Agsteiger, Kollegiatstift 140. In St. Jakob in Straubing gibt es am 13. Kapitell der Ostwand eine Inschriftentafel für Johann Eisengrein: D(EO) O(PTIMO) M(AXIMO) / R(EVEREN)DVS ADMODVM, NOBILIS, AC MAGNIFICVS D(OMI)N(VS) IOANN(ES) EYSENGREINIVS / IN HERRNFELBVRG, I(VRIS) V(TRIVSQVE) DOCTOR. ECCLESIARVM CATHEDRALIS PASSAVIENSIS / CANONICVS, ET COLLEGIATAE HVIVS D(IVORVM) IACOBI APOSTOLI AC TIBVRTY MARTYR(VM) / PER XXVII ANNOS PRAEPOSITVS PRIMVS ETC(ETERA) F(ACIENDVM) C(VRAVIT) A(NN)O M D CXI / VNICA QVAE FVERAS MIHI SPES, ET GLORIA VIVO / CRVX, TVMVLATO HIC SIS TE ROGO TVTA QVIES.

Nachweise

  1. StadtA Ingolstadt Graphik II, 24a; Gerstner, Frauenkirche 65; Ostermair, Stadtpfarrkirche 29; Fischer, Stadtpfarrkirche 21 Anm. 17,6 (nur I. und II.); Riedl, Bildhauerfamilie (nur Künstlerinschrift).

Zitierhinweis:
DI 99, Stadt Ingolstadt, Nr. 298† (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di099m018k0029800.