Inschriftenkatalog: Stadt Ingolstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 99: Stadt Ingolstadt (2017)

Nr. 296 Pfk. Zur Schönen Unserer Lieben Frau 1578

Beschreibung

Grabinschrift auf der Grabplatte des Martin Eisengrein. Innen, unmittelbar westlich neben dem Nordwestportal. Ehemals im Fußboden vor dem Hochaltar (Gerstner)1); danach in der zweiten Kapelle von Westen an der Nordseite (Eisengreinsche Kapelle), teilweise von einem Beichtstuhl verdeckt (Ostermair); dort an der Fensterwand (Götz). Hochrechteckige Platte in reichem Ornamentrahmen, unten das Vollwappen mit Hut eines päpstlichen Protonotars auf eingetiefter Fläche, darüber Inschrift auf Blattornamenthintergrund in 16 Zeilen, erhaben, teilweise zentriert. Darüber eine Muschellünette in verziertem Rahmen. Gusseisen.

Maße: H. 166 cm, B. 85 cm, Bu. 3 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© Stadtarchiv Ingolstadt [1/1]

  1. + / D(EO) O(PTIMO) M(AXIMO) / MARTINIa) EISENGREINII / THEOLOGI QVICQVID MORTALE / FVIT ET TERRENVM HIC IN / TERRAE PARENTIS GREMIO DE=/POSITVM RESVSCITATIONIS / NOVISSIMAM EXPECTAT PLA=/CIDE TVBAM / DE TE QVID FIET AMICE / LECTOR . COGITA / VIXIT ANNOS 42b) MENSES / 4 DIES 7 / OBDORMIVIT IN CHR(IST)O / III NON(AS) MAII ANNO / SALVTIS HVMANAE / M D LXXVIII

Übersetzung:

Gott, dem Allmächtigen und Allgütigen. Was von dem Theologen Martin Eisengrein sterblich und irdisch war, ist hier in den Schoß der Mutter Erde gelegt, erwartet friedlich der Auferstehung letzte Posaune. Was mit Dir geschehen wird, Freund Leser, bedenke. Er lebte 42 Jahre, vier Monate, sieben Tage. Er entschlief in Christus am dritten Tag vor den Nonen des Mai, im Jahre des Heils der Menschheit 1578.

Datum: 1578 Mai 5.

Wappen:
Eisengrein2).

Kommentar

Die Eisenplatte stammt vermutlich aus der Gusshütte der Brenztalwerke3). Sie ähnelt in der Gestaltung – vor allem des Hintergrundes – Grabplatten aus der dortigen Produktion. Martin Eisengreins Vater und als einer seiner Erben auch Martin selbst war an der Eisenverhüttung im Brenztal beteiligt4), was vielleicht die Wahl einer Gusseisenplatte als Grabdenkmal erklärt, daneben mag die Frage der Haltbarkeit verbunden mit dem ursprünglichen Aufstellungsort der Platte im Boden vor dem Hochaltar eine Rolle gespielt haben.

Martin Eisengrein (geboren 1535) stammte aus einer lutherischen Familie in Stuttgart, er war Sohn des Stuttgarter Bürgermeisters Martin Eisengrein (1507-1567) und der Anna Kienzer5). Er studierte zunächst in Tübingen. Am 25. Mai 1553 immatrikulierte er sich an der Hohen Schule in Ingolstadt. Dann ging er nach Wien, wo er 1555 den Doktorgrad der Philosophie erwarb. Er lehrte die Artes an der Wiener Universität und studierte gleichzeitig die Rechte. Er bekehrte sich 1558 zum katholischen Glauben, widmete sich theologischen Studien und wurde 1560 Priester und Kanoniker von St. Stephan in Wien. 1559 wurde er Prokanzler der Wiener Universität. 1562 berief ihn Albrecht V. von Bayern mit Erlaubnis des Kaisers nach Ingolstadt und machte ihn zum Pfarrer von St. Moritz. 1563 wurde er zum Doktor der Theologie promoviert. Der Herzog erreichte für ihn die Propstei der Kollegiatsstifte in Moosburg und Altötting. Im gleichen Jahr wurde er zum Apostolischen Protonotar ernannt. 1568 wurde er Dompropst in Passau, ab 1570 hatte er auch eine Eichstätter Domherrenpfründe inne. Ab 1570 wirkte er als Superintendent der Universität, d. h. als besonderer Beauftragter des Herzogs. Er trat weniger als akademischer Lehrer denn als Seelsorger und Organisator sowie als Vermittler und Gesandter des Herzogs in Erscheinung6). Er kaufte die Privatbibliotheken Knöringens und Ecks auf und vererbte auch seine eigene umfangreiche Bibliothek der Universität. Er stiftete zwei Stipendien am Georgianum7). Für ihn sind vier Leichenpredigten überliefert8).

Textkritischer Apparat

  1. Anfangsbuchstaben der tragenden Wörter vergrößert.
  2. 2 Z-förmig.

Anmerkungen

  1. Gerstner, Frauenkirche 54.
  2. Siebmacher WüA 42, jedoch die Leisten im Inneren des Dreiecks senkrecht die Seiten verbindend, vgl. auch Siebmacher Bg1 34 jedoch statt des Dreiecks eine Pyramide.
  3. Freundlicher Hinweis von Harald Drös, Inschriftenkommission Heidelberg. Vgl. z. B. die Platten in Schondorf, Rems-Murr-Kreis/B.-W.: DI 37 (Rems-Murr-Kreis) Nr. 188, 222.
  4. Vgl. Thier, Geschichte 47ff.
  5. Nach dem Tod Anna Kienzers (verstorben 1542) heiratete Martin Eisengrein (1507-1567) Maria, geb. Moser, sie hatten einen Sohn Balthasar (1547-1611), der in württembergischen Diensten stand. Eine Schwester Martin d. Älteren war die Ehefrau des Jakob Jonas (vgl. Nr. 223†). Vgl. die Genealogischen Angaben zu beiden Brüdern in NDB 4 (1959) 412f.
  6. Pölnitz, Matrikel 1553, 703,22. Zur Person vgl. Biographisches Lexikon 94f.; ausführliche zeitgenössische Würdigung bei Rotmar, Almae 120-129v.
  7. Vgl. Schmid, Georgianum 41f., Real, Stipendienstiftungen 101-105.
  8. Orationes funebres quatuor in obitum reverendi … Martini Eisengreinii… Ingolstadt (Sartorius) 1578.

Nachweise

  1. Oefeleana 300 p. 26; Clm 2105 fol. 10v, Nr. 40; Cgm 3017 fol. 3v; Rotmar, Almae fol. 129; Mederer, Annales II, 44; Ostermair, Stadtpfarrkirche 29; Schmidt, Georgianum Abb. 12; Kdm OBB I (Ingolstadt) 34; Pfleger, Eisengrein 120; Götz, ULF 57-59; Koller, Grabsteine 118-120 (m. Abb.).

Zitierhinweis:
DI 99, Stadt Ingolstadt, Nr. 296 (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di099m018k0029600.